Den Haag. Die neue niederländische Regierung wird fast zur Hälfte aus Frauen bestehen. Die Ministerposten werden paritätisch besetzt. Eine Überraschung.

Ein weiterer Schritt in Richtung Gleichstellung in der Politik: Die Niederlande bekommen ihre weiblichste Regierung in der Geschichte. Mit 14 von 29 Kabinettsmitgliedern wird das neue niederländische Kabinett fast zur Hälfte aus Frauen bestehen. Insgesamt gibt es 20 Ministerposten, die paritätisch an Männer und Frauen gehen. Das geht aus den am Sonntag veröffentlichten Personalentscheidungen der vier beteiligten Parteien hervor.

Eine Hoffnung für die Zukunft, wie niederländische Medien kommentieren. Mit dem ikonischen niederländischen Begriff „hup“ feuert etwa das Algemeen Dagblad in einem Kommentar die künftigen Ministerinnen an. Denn auch in den Niederlanden sind wie in Deutschland mehr Männer als Frauen in der Politik vertreten, insbesondere in Führungspositionen. Das Geschlechterverhältnis ändert sich nun zumindest im neuen niederländischen Kabinett - wie kurz zuvor in Deutschland durch die Ampelkoalition. Auch diese Regierung ist so weiblich wie nie zuvor.

Niederlande: Regierung wird fast zur Hälfte aus Frauen bestehen

Die Nachricht aus den Niederlanden mag durchaus überraschen. Im vergangenen Jahr sah es im Laufe der neunmonatigen Verhandlungen noch nicht danach aus, als würde sich die kommende Regierung besonders um eine paritätische Besetzung bemühen. Wie niederländische Medien rekonstruieren, dementierte Premier Mark Rutte noch Ende vergangenen Jahres, dass eine paritätische Besetzung geplant sei. Nun stellt seine Partei den Berichten zufolge die meisten Ministerinnen.

Noch auffälliger scheint dieser Umschwung mit Blick auf Ruttes Aussagen und Image der letzten Monate und Jahre: 2017 sagte der Premier, das Geschlecht spiele bei der Auswahl des Personals gar keine Rolle. Und erst im März wurde bekannt, dass sich einige Politikerinnen beim Premier selbst über die Art beschwerten, mit der er mit Frauen im Parlament umgehe. Der Vorwurf: Er lasse sie seltener als Männer ausreden oder zu Wort kommen und nehme sie weniger ernst.

König Willem-Alexander vereidigt neues Kabinett unter Premier Rutte

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Nun eine paritätische Besetzung der neuen Rutte-Regierung. Unter der gehen sogar das Finanz- und Sozialministerium, die noch nie zuvor eine Ministerin an der Spitze hatten, an Frauen. Warum das Geschlecht nun doch eine Rolle spielt? Wirklich klar ist das noch nicht. Das sogenannte „Kabinett Rutte IV“ soll am 10. Januar von König Willem-Alexander vereidigt werden. Möglicherweise liegt das auch daran, dass inzwischen ein Gesetz in den Niederlanden gilt, das Unternehmen zu einem höheren Frauenanteil in Toppositionen verpflichtet.

Eine Ministerin steht bei den Berichten über die Politikerinnen im kommenden Kabinett besonders im Fokus: Sigrid Kaag. Die frühere Außenministerin Sigrid Kaag von der linksliberalen Partei D66 wird Finanzministerin. Ihre Personalie ist durchaus umstritten: Sie war nach Vorwürfen wegen des chaotischen Abzugs auch der niederländischen Truppen aus Afghanistan erst im September vergangenen Jahres zurückgetreten.

Längste Koalitionsverhandlung der Geschichte in den Niederlanden

Erstmals wird zudem mit der in Ankara geborenen Dilan Yesilgöz-Zegerius eine Frau türkisch-kurdischer Abstammung Ministerin für Justiz und Sicherheit. Die 43-Jährige, die als Kind in die Niederlande kam, wurde von der rechtsliberalen Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD) nominiert, der auch der bisherige und künftige Ministerpräsident Mark Rutte angehört.

Neue Verteidigungsministerin wird die bisherige Innenministerin Kajsa Ollongren (D66). Die bisherige Landwirtschaftsministerin Carola Schouten von der stark religiös orientierten Partei Christen-Union übernimmt das Ressort für Armutsbekämpfung.

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Die vier Parteien hatten Mitte Dezember ihren Koalitionsvertrag präsentiert, der unter anderem Milliardeninvestitionen in Klimaschutz, Wohnungsbau und Sozialpolitik vorsieht. Vorausgegangen waren die bisher längsten Koalitionsverhandlungen der niederländischen Geschichte. Die Wahlen hatten im März 2021 stattgefunden. (red./dpa/AFP)