Essen./Marl. Einen Hufschmied hatten sie in einen Hinterhalt gelockt und misshandelt. Jetzt gab es die ersten Urteile im Reiterhofprozess.
Im Reiterhofprozess vor dem Essener Landgericht haben jetzt die ersten der fünf Angeklagten ihre Urteile bekommen. Die VII. Strafkammer verhängte bis zu viereinhalb Jahre Haft, weil sie aus Sicht des Gerichtes im Auftrag einer Reiterhofbesitzerin in Marl einen Hufschmied zusammengeschlagen hatten.
Die Hauptangeklagte Fiona H., 35 Jahre alt und aus Dorsten, muss auf ihr Urteil allerdings noch warten. Sie war am Tag ihrer geplanten Urteilsverkündung in der JVA, wo sie seit neun Monaten in U-Haft saß, positiv auf Corona getestet worden. Bevor der vor fast vier Monaten am 7. März gestartete Prozess aber erneut verzögert wurde, trennte die Kammer das Verfahren gegen sie ab. Fiona H. wird voraussichtlich Anfang August ihr Urteil bekommen.
Hufschmied sollte 10.000 Euro zahlen
Sie soll sich gegenüber ihrem Bekannten Bernd H., einem 57 Jahre alten Solinger, als Opfer eines Einbruchs in ihrem Reiterhof in Nettetal nahe der holländischen Grenze ausgegeben haben. Angeblich seien ein Sattel, ein Pferd und ein Hund mit Welpen gestohlen worden, hieß es in ihrer Anzeige. Täter sei ihr früherer Liebhaber, ein Hufschmied aus Xanten, gewesen.
Von ihm forderte sie deshalb 10.000 Euro. Er hatte das aber abgelehnt und bestritten, für den Einbruch verantwortlich zu sein.
Kampfsportler sollten Forderung durchsetzen
Auf eine zivilrechtliche Klage, mit der sie ihre Forderung hätte verwirklichen können, verzichtete sie offenbar. Bernd H. soll auf ihren Wunsch über den mitangeklagten Leiter einer Kölner Kampfsportschule, 53 Jahre alt, zwei Kampfsportler verpflichtet haben, den Hufschmied zur Zahlung zu veranlassen. Die kräftigen Männer, 22 und 36 Jahre alt, hatten offenbar keine Bedenken.
Fiona H. soll den früheren Liebhaber am 5. Septemer 2021 unter einem Vorwand zu einem leerstehenden Bauernhof in Marl gelockt haben. Angeblich habe sie ihm dort einen von ihm gewährten Kredit über fast 10.000 Euro zurückzahlen wollen, soll sie ihm versprochen haben.
Überrumpelt und brutal unter Druck gesetzt
Tatsächlich sollen die beiden Kampfsportler ihn überrumpelt und brutal unter Druck gesetzt haben. Wenn er nicht die 10.000 Euro endlich zahle, würden ihm sämtliche Knochen gebrochen werden, sollen sie ihm gedroht haben.
Mit Schlagstöcken sollen sie auf ihn eingeschlagen haben. So heftig, dass einer der Stöcke zerbrach. Dann fesselten sie ihn laut Anklage an einen Stuhl und zwangen ihn, ein Schuldanerkenntnis zu unterschreiben.
Mehrjährige Gefängnisstrafen
Die VII. Strafkammer reagierte auf die Tat mit mehrjährigen Gefängnisstrafen. Der 36-jährige Dirk E., der auf das Opfer eingeprügelt hatte, bekam wegen gefährlicher Körperverletzung viereinhalb Jahre Gefängnis, sein 22 Jahre alter Mittäter dagegen nur zwei Jahre Haft mit Bewährung. Bei ihm berücksichtigte das Gericht auch die psychische Abhängigkeit zu dem Leiter der Kölner Kampfsportschule.
Diesen Angeklagten, der den Kontakt zu den mutmaßlichen Schlägern vermittelt haben soll und der während der Tat nicht vor Ort war, verurteilte das Gericht wegen Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung zu drei Jahren und drei Monaten Haft. Der 57 Jahre alte Solinger Bernd H., Bekannter der Hauptangeklagten, soll für drei Jahre und drei Monate wegen gefährlicher Körperverletzung ins Gefängnis.
Auf eine spürbare Strafe muss sich auch Fiona H. einstellen, wenn sie im August die Entscheidung der Kammer hören wird. Das Gericht setzte jetzt zwar den Haftbefehl gegen die 35 Jahre alte Dorstenerin außer Vollzug, den dringenden Tatverdacht sieht es aber weiterhin als begründet an.