Essen. Sein Geschäft musste er wegen Corona schließen, da wechselte der 38 Jahre alte Essener in den Drogenhandel. Jetzt steht er vor Gericht.
Eine finanzielle Notlage gibt Visar I. als Grund für seinen Einstieg in den Drogenhandel an. Vor dem Essener Landgericht behauptet der 38-Jährige, dass dafür die Corona-Pandemie verantwortlich sei. Deshalb habe er seine Geschäfte schließen müssen und kein Geld mehr für seine Familie verdient.
Visar I. und seine mitangeklagte Lebensgefährtin, Mutter der gemeinsamen zwei Kinder, waren am 8. Juli 2021 eher zufällig in den Blick der Polizei geraten, berichtet Staatsanwalt Thomas Endberg am Mittwoch in der Anklage. Die Beamten hatten in einem anderen Drogenverfahren ermittelt. Dabei war ihnen aufgefallen, dass der Angeklagte mit einem Mietwagen zu seiner Wohnung im Essener Ostvierteil gefahren war. Gemeinsam mit seiner 31 Jahre alten Lebensgefährtin sei er kurz ins Haus gegangen.
Polizei sieht Drogenverkäufe
Zurück im Auto hätten die beiden damit begonnen, aus dem Wagen heraus Drogen zu verkaufen. Die Ermittler besorgten sich einen richterlichen Beschluss und observierten am 13. Juli ein wenig intensiver. Wieder hätten sie Drogenverkäufe gesehen und die Käufer anschließend überprüft. Hochkonzentriertes Kokain hätten sie dabei entdeckt.
Die Fahnder beobachteten auch, dass die beiden zu einem Restaurant in der Essener Nordcity fuhren und dort an Gäste mehr oder weniger heimlich Stoff verkauften.
7850 Euro Bargeld in der Handtasche
Das reichte, die Polizei nahm beide fest. Bei Visar I. fanden sie 87 Gramm Kokain und 800 Euro Bargeld sowie ein Springmesser in der Hosentasche. Bei seiner Freundin 7850 Euro Bargeld in der Handtasche.
Parallel hatte die Polizei die Wohnung durchsucht. Dort stellte sie laut Anklage 36.350 Euro Bargeld sicher und zahlreiche Luxusartikel. Vor allem hätten die Beamten dort aber den Schlüssel zur Nachbarwohnung gefunden. Das rundete das Bild ab. Laut Anklage stellte die Polizei dort 1,16 Kilo Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von 97,5 Prozent sicher. Das entspricht 33.000 Konsumeinheiten, liest Staatsanwalt Endberg vor.
200 scharfe Patronen und 20 Mobiltelefone
Neben zwei Kilo Marihuana fanden die Beamten auch noch 200 Patronen samt Magazin einer scharfen Schusswaffe. Nicht zu vergessen 20 Mobiltelefone. Das alles ließ an ein gut geordnetes Warenlager erinnern.
Vor der XVII. Essener Strafkammer legte Visar I am Mittwoch ein Geständnis ab, das zum Teil die Vorwürfe der Anklage bestätigt. "Ich übernehme die volle Verantwortung", sagte der Angeklagte. Er habe in seiner albanischen Heimat ein Cafè und einen Mini-Market betrieben, wegen Corona aber 2020 aufgeben müssen. Um seine Familie zu ernähren, sei er nach Deutschland gefahren.
Landsleute boten Drogenhandel an
Finanziell sei es dennoch schwierig gewesen. Er habe deshalb eingewilligt, als Landsleute ihn am Drogenhandel beteiligen wollten. Er behauptet aber in seinem von Verteidiger Heinz-Walter Lindemann vorgelesenen Geständnis, dass er nichts mit Waffen gemacht und auch nicht mit Marihuana gehandelt habe. Er sagt, dass die zweite Wohnung auch von anderen genutzt worden sei.
Den Kokainverkauf räumt er dagegen unumwunden ein, es seien erhebliche Mengen gewesen und mehr Verkäufe, als die Polizei beobachtet habe. Ihm sei klar, dass er hart bestraft werde und nicht mit einer Bewährung rechnen könne.
Den zweiten Sohn noch nie gesehen
Er klagt über die Untersuchungshaft, in der er seit Juli sitzt. So habe er seinen zweiten Sohn, der im September zur Welt kam, noch nie gesehen.
Seine Lebensgefährtin ist auf freiem Fuß, vor allem wegen Schwangerschaft und Geburt. Sie sei an den Drogengeschäften nie beteiligt gewesen, behauptet er. Sie selbst hatte im Ermittlungsverfahren angegeben, nur zu Arztbesuchen nach Deutschland gereist zu sein. Die 7850 Euro Bargeld habe ihr Mann ihr zuvor gegeben, um die Arztrechnungen zu bezahlen. Der Prozess wird fortgesetzt.