Essen.. Sechs Monate Haft mit Bewährung bekam ein Mann, der seinen Sohn ohne Zustimmung der Mutter in Essen beschneiden ließ. Auch sie ist Muslimin.

Über gesetzliche Vorschriften setzte sich der 34-Jährige aus dem Kreis Gütersloh hinweg. Ohne Einwilligung der Mutter fuhr der Muslim zu einem Essener Institut und ließ seinen acht Jahre alten Sohn aus religiösen Gründen beschneiden. Deshalb verurteilte ihn das Amtsgericht Essen wegen Körperverletzung zu sechs Monaten Haft mit Bewährung, bestätigte jetzt Pressesprecher Michael Schütz dieser Zeitung das Urteil von Anfang September.

Das Paar aus Ostwestfalen hat zwei Kinder und lebt getrennt. Allein sorgeberechtigt ist die 36 Jahre alte Mutter, ebenfalls eine Muslimin. Der Vater durfte die Kinder aber regelmäßig sehen. Laut Urteil hatte er einen Urlaub mit ihnen genutzt, um nach Essen zu fahren.

Spezialisiertes Institut in Essen

Sein Ziel: ein medizinisches Institut im Stadtteil Altendorf, das sich auf Beschneidungen spezialisiert hat: „Sicherer, schneller, eleganter – Service auf hohem Niveau.“ So verlor der Achtjährige, der mit dem Schritt nicht einverstanden gewesen sein soll, im Institut einen Teil seiner Haut. Zu Hause erfuhr die Mutter davon und war empört. Denn mit ihr habe ihr Ex-Mann nicht über den anstehenden Eingriff gesprochen, sagte sie. Deshalb zeigte sie ihn an.

Der 34-Jährige behauptete dagegen, die Beschneidung sei mit Einwilligung der Mutter erfolgt. Das nahm das Gericht ihm aber nicht ab. Es ging davon aus, dass er dem Institut vorgespiegelt habe, für den Sohn entscheiden zu dürfen. Richterin Gaury Sastry führte in der Urteilsbegründung aber strafmildernd aus, der Angeklagte habe das Kind aus rituellen Gründen beschneiden lassen, nicht aber um ihm Schmerzen zuzufügen. Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht. Die Staatsanwaltschaft hatte eineinhalb Jahre Haft ohne Bewährung gefordert und Berufung eingelegt.

Im Islam und im Judentum verbreitet

Die Beschneidung der männlichen Kinder ist im Islam und im Judentum weit verbreitet. Beide Weltreligionen berufen sich dabei auf das Alte Testament. In Deutschland hatten sich Gerichte vor wenigen Jahren gegen die Beschneidung ausgesprochen, danach erlaubte der Gesetzgeber aber das Recht der Eltern auf Durchführung des rituellen Eingriffs – wenn sie sorgeberechtigt sind.