Oberhausen.. Mehr als 300 Hundeführer und ihre Hunde treffen sich dieses Wochenende in Oberhausen, um den besten Schäferhund des Landes zu ermitteln.

Drago ist nicht zu halten an diesem Morgen, der Platz im Niederrheinstadion von Oberhausen gehört ihm. Gerade noch war er an der rechten Eckfahne, nur Sekunden später rast er über die Mittellinie. Oben auf der Tribüne nickt Werner Schröder anerkennend. „So ist hier schon lange keiner mehr über den Platz geflitzt“, sagt der 67-Jährige und findet: „Da können sich die Jungs von RWO mal ‘ne Scheibe von abschneiden.“ Das allerdings dürfte schwierig werden. Schließlich hat Drago vom Feuerwachturm – wie er mit vollem Namen heißt – vier Beine, und er spielt auch nicht Fußball, sondern macht Schutzdienst auf der Bundessieger-Show des Vereins für Deutsche Schäferhunde (SV).

300 Vierbeiner kämpfen hier bis Sonntag um den Sieg und eine Fahrkarte zur Weltmeisterschaft, die in ein paar Wochen in Meppen stattfindet. Eine Vielseitigkeitsprüfung gibt es, bestehend aus Fährtensuche, Unterordnung und Schutzdienst, aber auch einen sogenannten „Agility-Parcours“, bei dem der Hund zahlreiche Hindernisse meistern muss. „Wenn einer von uns den Titel in Deutschland holen würde, wäre das natürlich ein Traum“, findet Roswitha Dannenberg, Pressereferentin des Vereins. Leicht wird das nicht, denn: „Die internationale Leistungsdichte ist groß.“

Druck ist verpönt – Tiere sollen Spaß bei der Ausbildung haben

Drago hat mittlerweile seinen Schutzdienst absolviert. Hat den extra engagierten und in einem Schutzanzug steckenden Helfer in seinem Versteck – eine Plastikwand auf dem Fußballplatz – aufgespürt, hat ihn verbellt, später an der Flucht gehindert und – wie es die Prüfungsordnung vorsieht – gebissen. 86 von 100 möglichen Punkten gibt ihm der Wertungsrichter am Ende. Was „gut“ ist, für den Sieg aber nicht reichen wird.

Nebenan auf dem Trainingsplatz läuft derweil die Unterordnung. „Sitz“, „Platz“, „Steh“ und „Voraus“ lauten die Kommandos, es geht um Gehorsams-Übungen, und apportieren müssen die Tiere auch. Das sieht sehr nach Spaß aus – vor allem für die Hunde. „So soll es auch sein“, sagt Arno Becker, der aus dem Saarland angereist ist und seit vielen Jahren Schäferhunde züchtet und ausbildet. Stachelhalsbänder und Elektroschocker – einst Standard beim Abrichten – sind mittlerweile verboten in den Vereinen. Wer sich nicht daran hält, ist chancenlos. „Die Harmonie zwischen Hund und Hundeführer fließt in die Punktevergabe mit ein“, erklärt Dannenberg. „Und wenn man sich auskennt, dann merkt man sofort, ob ein Hund aus Freude oder unter Druck läuft“, sagt Becker.

Aber Harmonie ist angeblich kein Problem mehr. „Wahrscheinlich liegt das auch daran, dass es in den letzten acht bis zehn Jahren immer mehr Frauen im Hundesport gibt“, mutmaßt der Züchter. „Das tut dem Sport gut.“

Jessy-Lee Neumann ist eine von ihnen, und sie ist eine der jüngsten. Gerade 16 Jahre alt, tritt sie mit Basco von Tajö (7) an. 80 Punkte haben die beiden in der Unterordnung erreicht, 84 sogar beim Schutzdienst. „Sehr souverän“, hat sie der Wertungsrichter gelobt, und der Teenager aus Kiel ist zufrieden. „Bundessiegerprüfung und nicht durchgefallen, das ist toll.“ Zumal Basco ja eigentlich erst bei Fritz Walter-Wetter richtig auftrumpft. „Er liebt es, wenn es regnet.“

Viermal die Woche trainieren die beiden, zusammen aber sind sie, „wann immer es geht“. Er weicht ihr kaum von der Seite, schläft nachts vor dem Bett, und „mein Bekanntenkreis hat sich daran gewöhnt, dass ich den Hund überall mit hinnehme“. Ist ja auch „ein ganz Lieber“, beteuert Jessy Lee. „Nur wenn ich im Dunkeln mit ihm spazieren gehe, sollte man mir nicht zu nahe kommen.“ Das mag Basco nicht. „Er vermittelt mir ein Gefühl von Sicherheit“, hat das junge Mädchen festgestellt. „Mit ihm gehe ich an Orte, an die ich mich alleine nie trauen würde.“