Brilon/Arnsberg.. Sie sollen die Verursacher eines der größten Umweltskandale in NRW sein. Ab kommender Woche sitzen zwei Männer aus Brilon in Paderborn auf der Anklagebank. Sie sollen für den PFT-Dünger verantwortlich sein, der Äcker und Trinkwasser in NRW verunreinigte.
Einer der größten Umweltskandale des Landes kommt vor Gericht: Fünfeinhalb Jahre, nachdem auf Äckern und im Trinkwasser die giftige Chemikalie PFT gefunden wurde, stehen ab nächster Woche Hauptbeschuldigte aus Brilon vor dem Paderborner Landgericht. Der Mammutprozess könnte ein Jahr lang andauern.
Ein Zufallsfund
Wissenschaftler des Bonner Hygieneinstituts hatten eher zufällig einen brisanten Fund gemacht: Als sie im Frühjahr 2006 messen wollten, wie stark der Rhein mit als krebserregend geltendem PFT belastet ist, entdeckten sie, dass am Zufluss der Ruhr die Konzentration ungewöhnlich hoch war. Und je weiter die Wissenschaftler die Ruhr und später den Möhnefluss hinauf fuhren, stieg die Belastung – bis bei Brilon extrem hohe Werte notiert werden mussten. Dort floss aus einem Acker PFT-belastetes Wasser in den Bach. Und, wie sich später herausstellen sollte, verseuchte der PFT-Dünger auch auf Hunderten von weiteren Feldern in Nordrhein-Westfalen und Ostdeutschland Boden und Gewässer.
So war auch die Möhnetalsperre und die Ruhr, aus der fünf Millionen Menschen im Ruhrgebiet ihr Trinkwasser beziehen, belastet. Zeitweise musste in Arnsberg, wo sich das PFT bereits bei vielen Bürgern im Körper angereichert hatte, Mineralwasser an Schwangere ausgegeben werden. Vor dem Verzehr von Fischen aus der Möhne wurde gewarnt. Das Feld bei Brilon wird seit Jahren mit Millionenaufwand saniert – auf Kosten der Steuerzahler.
Angeklagten droht bis zu fünf Jahre Haft
Verantwortlich für den giftigen Abfalldünger auf den Äckern sollen der Geschäftsführer der Briloner Firma GW Umwelt, Ralf W., und sein Betriebsleiter sein. Die beiden waren im Besitz einer Einfuhrgenehmigung für Lebensmittel-Klärschlämme. Tatsächlich aber importierten sie Schlämme, die aus der Chemischen Industrie stammten, wirft ihnen die Bielefelder Staatsanwaltschaft vor. 43 Zeugen und 18 Sachverständige will das Gericht vernehmen. Den Angeklagten droht bei einer Verurteilung bis zu fünf Jahre Haft.
Heute ist klar, dass das PFT im Trinkwasser insbesondere im Ruhrgebiet, nicht nur von den Äckern stammte, sondern auch aus Industriebetrieben. Dort gelingt es nur teilweise, das PFT herauszufiltern. Und: Vieles deutet darauf hin, dass die Behörden früher hätten reagieren können, wenn sie die schon 2002 geäußerten Beschwerden von Umweltschützern ernst genommen hätten. Die hatten damals schon den stinkenden Dünger gemeldet und Aufklärung verlangt – wurden allerdings mit Beschwichtigungen abgefertigt.