Bochum. Bochumer Virologen untersuchten, wie lange sich infektiöse Viren auf Münzen und Scheinen halten. Fazit: deutlich weniger lange als auf Edelstahl.

Aus Angst vor Ansteckung wird in der Corona-Pandemie viel mehr als früher bargeldlos gezahlt, viele Geschäfte und Restaurants fordern ihre Kunden explizit dazu auf. Das wäre aber gar nicht nötig – zeigt eine soeben veröffentlichte Studie der Bochumer Ruhr-Universität (RUB), die von der europäischen Zentralbank gefördert wurde.

Wie lange bleiben die Sars-Coronaviren auf Banknoten und Münzen infektiös? Ist es möglich, sich durch den Kontakt mit Bargeld anzustecken? Diese Frage wollten die Forschenden um Prof. Dr. Eike Steinmann und Dr. Daniel Todt von der Abteilung für Medizinische und Molekulare Virologie der RUB klären. Sie entwickelten dazu eigens eine Methode, um zu überprüfen, wie viele infektiöse Viruspartikel von Geld auf die Haut übertragen werden können. Ihr Fazit: Unter realistischen Bedingungen ist das Risiko, sich per Bargeld mit Sars-Cov-2 anzustecken, sehr gering. Am 26. Juli veröffentlichten die Virologen ihre Ergebnisse in der Zeitschrift iScience.

Infektiöse Viren hielten sich im Test auf Fünf-Cent-Stücken nur eine Stunde

Um herauszufinden, wie lange sich Sars-CoV-2 auf Münzen und Banknoten hält, behandelten Steinmann und Todt verschiedene Eurogeldstücke und -scheine mit unterschiedlich hoch konzentrierten Viruslösungen. Dann beobachteten sie über mehrere Tage, wie lange noch infektiöse Viren auf dem Geld nachweisbar waren – und verglichen ihre Ergebnisse mit denen auf einer Edelstahloberfläche.

In Düsseldorf testeten im Dezember Verkäufer der  Obdachlosenzeitung „FiftyFifty
In Düsseldorf testeten im Dezember Verkäufer der Obdachlosenzeitung „FiftyFifty" das bargedlose Zahlen mit der EC-Kart – wegen der Corona-Pandemie wollten viele Zeitungskäufer nicht mehr mit Bargeld zahlen. © dpa | Rolf Vennenbernd

Sie stellten fest: Während auf der Edelstahloberfläche noch nach sieben Tagen infektiöse Viren vorhanden waren, waren sie vom Zehn-Cent-Stück bereits nach sechs Stunden, vom Fünf-Cent-Stück sogar schon nach einer Stunde komplett verschwunden. „Dass es beim 5-Cent-Stück schneller geht, liegt daran, dass es aus Kupfer besteht, worauf Viren bekanntermaßen weniger stabil sind“, erklärt Daniel Todt. Auf Zehn-Euro-Scheinen dauerte es drei Tage bis zum vollständigen Verschwinden infektiöser Viren, bei der Ein-Euro-Münze zwei Tage.

Das Forschungsteam entwickelte darüber hinaus eine neue Methode, um zu untersuchen, wie gut das Virus von einer Oberfläche auf die Fingerspitze übertragen wird. Dazu benetzten sie Geldscheine, Münzen und kredtikartenähnliche PVC-Platten mit ungefährlichen Coronaviren sowie – unter Hochsicherheitsbedingungen – mit Sars-CoV-2. Die Oberflächen wurden noch feucht sowie bereits getrocknet von Probandinnen und Probanden mit den Fingerspitzen oder im Fall von Sars-Cov-2 mit künstlicher Haut berührt. Danach wurden Zellkulturen mit den an den Fingerspitzen haftenden Viren „angeimpft“. Diese und die künstliche Haut untersuchten die Forschenden dann daraufhin, wie viele infektiöse Viruspartikel übertragen worden waren.

Forscher: „Praktisch keine Übertragung vom Geld auf die Fingerkuppe möglich“

„Wir haben gesehen, dass schon nachdem die Flüssigkeit angetrocknet war, praktisch keine Übertragung infektiöser Viren mehr stattfindet“, fasst Daniel Todt zusammen. „Unter realistischen Bedingungen“ sei eine Ansteckung mit Sars-Cov-2 an Bargeld also „sehr unwahrscheinlich“.

Diese Beobachtung deckt sich den Bochumer Wissenschaftlern zufolge mit den Ergebnissen anderer Studien, wonach die Ansteckung in den allermeisten Fällen über Aerosole oder Tröpfchen erfolgt. Schmierinfektionen über Oberflächen kommen so gut wie nicht vor. Die aktuelle Studie wurde neben der Wildtyp-Variante auch mit der Alpha-Variante von Sars-Cov-2 durchgeführt. „Wir gehen davon aus, dass sich auch andere Varianten wie die zurzeit vorherrschende Delta-Variante ähnlich verhalten“, erklärt Eike Steinmann.