Dortmund. Vorbestraft wegen Vergewaltigung, soll Simon S. in Hamm eine 25-Jährige ermordet haben. Jetzt steht er vor dem Landgericht Dortmund
"Schwiegermutters Liebling" - so hat ihn mal eine Frau genannt, als sie ihn in einer Disco sah. Und diesen Eindruck erweckt Simon S. aus Hamm auch am Dienstag, als er mit weißem Hemd, blauer Krawatte und schwarzem Jackett Saal 130 des Dortmunder Landgerichtes betritt. Wären da nicht die Handschellen. Und wäre da nicht die Anklage. Danach hat der vorbestrafte Vergewaltiger am 19. September vergangenen Jahres in Hamm die 25 Jahre alte Hannah S. missbraucht und erstochen.
Auf Mord lautet die Anklage von Staatsanwalt Felix Giesenregen. Heimtückisch habe der 28 Jahre alte Simon S. "die Arg- und Wehrlosigkeit" seines Opfers ausgenutzt, um seinen Geschlechtstrieb zu befriedigen.
Mord nach Diskothekenbesuch
Die Tat hatte weit über die Grenzen der westfälischen Stadt Hamm hinaus für Empörung und Betroffenheit gesorgt. Am Abend des 18. September hatte Hannah S., eine Erzieherin, mit Freunden auf der Meile, dem Ausgehviertel der Stadt an der Südstraße, gefeiert. Zuletzt landeten sie in der Diskothek "Cheyenne". Dort wird sie wohl auch ihr Mörder gesehen haben.
Frühmorgens ging die 25-Jährige allein nach Hause, telefonierte noch mit einer Freundin. Sie bemerkte nicht, dass ihr Mörder sie verfolgte. Um 5.45 Uhr griff er sie nach Ansicht der Staatsanwaltschaft hinterrücks an. Mit einem schwarzen Klappmesser stach er zu. Einmal traf er den Hals der chancenlosen Frau, einmal die Leber.
Halbnackter Leichnam am See am Oberlandesgerichtes
Ein dritter Stich ging ins Herz und setzte ihrem Leben ein Ende. Der Mörder soll die junge Frau während oder nach den Stichen teilweise entkleidet haben, "um sich sexuell zu befriedigen". Danach hatte er den Leichnam zu einem kleinen See am Oberlandesgericht Hamm gezerrt, wo er ihn am Ufer hinlegte. Nur der nach unten gerichtete Kopf von Hannah S. lag im Wasser.
Etwa eine Stunde später fand ein Passant die Tote und alarmierte die Polizei. Schnell gingen auch Hinweise auf Simon S. ein. Die Kripobeamten nahmen den als Einzelgänger geltenden Mann fest und vernahmen ihn. Der Arbeitslose blieb standhaft und beteuerte, mit dem Mord nichts zu tun zu haben.
Verdächtiger war auch in der Diskothek
Allerdings sei er in der Tatnacht ebenfalls in der Diskothek gewesen und habe dort mit zwei Frauen einvernehmlich Sex gehabt. Eine davon habe Hannah geheißen. Er glaube aber nicht, dass dies die Tote gewesen sei, sagte Simon S. den Ermittlern.
Eine Nacht musste er im Polizeigewahrsam verbringen, dann stand fest: Die Beweise gegen ihn reichen für einen Haftbefehl nicht aus. So kam er am Montag wieder frei. Sein Verteidiger Dennis Kocker betont damals, dass sein Mandant nicht der Täter sei.
Neue Beweise reichen für Haftbefehl
Zwei Tage später nimmt die Polizei Simon S. erneut fest. Die Beweislage hat sich aus ihrer Sicht entscheidend verbessert. Denn bei der Hausdurchsuchung bei dem Verdächtigen hatte sie ein Klappmesser gefunden. Untersuchungen zeigen, dass an der Klinge Blutspuren des Opfers nachzuweisen sind.
Unter den Fingernägeln von Hannah S. haben Rechtsmediziner zudem DNA-Spuren gefunden, die sie eindeutig Simon S. zuordnen. Auch das belastet ihn schwer.
Fotos der Toten auf dem Handy
Und schließlich ist da noch sein Handy. Auf den ersten Blick erscheint es zwar unverdächtig. Kriminaltechnikern gelingt es aber, gelöschte Bilddateien wiederherzustellen. Auf zwei Fotos ist die tote Hannah S. zu sehen. Das reicht jetzt für einen Haftbefehl.
Simon S. schweigt dazu, bis heute. Auch im Prozess werde er sich vorerst nicht äußern, teilt am Dienstag Verteidiger Kocker dem Dortmunder Schwurgericht mit. Die im Saal als Nebenkläger vertretenen Angehörigen von Hannah S., darunter ihre Mutter, bleiben so erst einmal ohne Antworten in dem auf sechs Prozesstage terminierten Verfahren. Wie sehr sie allein der Anblick des mutmaßlichen Mörders belastet, es ist ihnen anzusehen.
Probleme mit Frauen
Über Simon S. ist nicht viel bekannt geworden. Der Arbeitslose soll aber Probleme mit Frauen gehabt haben. Lediglich im Internet soll er aktiv nach ihnen gesucht und bei Chats recht fordernd aufgetreten sein. Manche Gesprächsteilnehmerinnen sollen seine Nummer gesperrt haben.
2014 soll er am Landgericht Paderborn zu einer Jugendstrafe mit Bewährung verurteilt worden sein. Es ging um eine Vergewaltigung. Diese einschlägige Vorstrafe ist auch der Grund für den rechtlichen Hinweis, den Richter Thomas Kelm ihm am Dienstag erteilt.
Sicherungsverwahrung droht
Simon S., der psychiatrisch begutachtet wird, muss laut Kelm damit rechnen, dass er auf nicht absehbare Zeit in die geschlossene Psychiatrie eingewiesen wird oder gegen ihn die Sicherungsverwahrung angeordnet wird. Wird er so verurteilt, wie es bisher die Anklage fordert, ist das auch nicht besser für ihn. Denn für Mord gibt es zwingend die lebenslange Haft.