Am Niederrhein. Sascha Junghenn aus Goch hat „seiner Niers“ eine Liebeserklärung gemacht. Sein Filmprojekt beschäftigt sich mit der Niers am Niederrhein.

Sascha Junghenn ist ein Geschichtensucher. Gefunden hat er sie entlang der Niers in Wachtendonk, Straelen, in Geldern, Kevelaer, in Weeze und vor allem in Goch, seiner Heimatstadt. Dem Unterlauf des Flusses, der einst bei Erkelenz entsprang und kurz hinter der deutsch-niederländischen Grenze in die Maas mündet, widmet der passionierte Fotograf und Hobbyfilmer schon seit 2015 einen Großteil seiner Zeit. Drei Jahre lang arbeitete er an seinem mehrteiligen Filmprojekt „Leben an der Niers“.

Damals, vor fünf Jahren, erkrankte Sascha Junghenn, kann seitdem nicht mehr arbeiten. „Das Filmen ist für mich eine Art seelischer Ausgleich.“ Und auch wenn er durch seine Krankheit nicht täglich an ‘seiner’ Niers unterwegs sein kann, hat er seine Idee, dem Fluss eine besondere Liebeserklärung zu machen, mit viel Geduld und Hartnäckigkeit verfolgt.

Romantische Szenen

Zwei der drei Filme sind fertiggestellt und zeigen den Fluss von seiner romantischen und verträumten Seite, wenn Sascha Junghenn im Herbst früh morgens den schwer auf der niederrheinischen Landschaft liegenden Nebel einfängt oder eine laue Sommernacht nutzt, den sternenvollen Himmel mit dem lautlos dahinfließenden Wasser zu verbinden. Oder wenn er bei der filmischen Beschreibung von Sonnenlicht, das unter Wasser Lichtspiele erzeugt, regelrecht ins Schwärmen gerät. Junghenn zeigt die Renaturierung der Niers bei Kessel aus der Vogelperspektive oder ist unterwegs mit dem Mähboot.

Im Jahr 2015 begann Sascha Junghenn mit den Filmprojekt.
Im Jahr 2015 begann Sascha Junghenn mit den Filmprojekt. © Unbekannt | Sascha Junghenn

„Ich wollte mit dem Medium Film Verbindungen herstellen, die man mit der Fotografie nicht zeigen kann und wollte Geschichten erzählen, die in den Archiven schlummern“, erklärt der Filmemacher. So recherchierte er über den Untergang des Wachtendonker Hauses Pellandt und stellte mit Freunden und Bekannten als Darsteller den sogenannten Niersjunker-Mord von 1611 in Kevelaer nach. „Dafür habe ich extra Kostüme gekauft“, erzählt der Gocher.

Lebendige Geschichte

Das gilt im Übrigen auch für die kleine Filmsequenz, in der der Gocher Erzähler und Stadtführer Rob Miesen von der Gocher Legende „Der Teufel an der Niers“ berichtet, nach der das Nierswasser in der Heiligen Nacht für eine Minute zu Wein wird. Um einen Dolchfund an der ehemaligen Burg in Geldern authentischer zeigen zu können, lieh Sascha Junghenn sich die historische Waffe beim Kreisarchiv Kleve aus. „Ich wollte Dinge zeigen, die sonst im Verborgenen bleiben und Geschichte lebendig machen“, so der Hobbyfilmer.

In seinen Filmen kommen aber nicht nur der Fluss und seine Bewohner „zu Wort“, Sascha Junghenn holte sich auch die Menschen vor seine Kamera, die an und mit der Niers leben. Er unterhielt sich mit Bürgermeistern, ließ die Kreis Klever Bundestagsabgeordnete Dr. Barbara Hendricks – bis 2018 Bundesumweltministerin – über Landschafts- und Naturschutzgebiete sprechen. Dr. Ulrich Wernecke vom Naturschutzzentrum im Kreis Kleve berichtet über seine Arbeit, die Biologie-Doktorandin Margarete Dytkowicz erzählt von ihrer Forschung zum Biber.

Unterstützer fürs Filmprojekt

Es sind aber auch die ganz privaten Geschichten, die Junghenn einfängt, wie die des Hommersumers Franz Urselmanns, der an der Niers aufgewachsen ist und für den der Fluss zu seiner Kindheit dazu gehört. Mit seiner Kamera hat der Hobbyfilmer die Niers durchs Jahr begleitet, hat sich auf bestimmte Momente eingelassen und ihre Atmosphäre eingefangen. „Daraus hat sich eine große Wertschätzung für die Landschaft entwickelt“, sagt Junghenn. Er habe entlang des Flusses viele Menschen getroffen, sei ins Gespräch gekommen, habe viele Unterstützer für sein Filmprojekt gefunden. Ein wichtiger Aspekt, denn gestemmt hat Junghenn das Projekt ganz allein, ohne finanzielle Hilfe anderer und vor allem ausschließlich mit Bus und Bahn.

Für die Filmaufnahmen ließ Sascha Junghenn auch eine Drohne steigen.
Für die Filmaufnahmen ließ Sascha Junghenn auch eine Drohne steigen. © Unbekannt | Sascha Junghenn

Stundenlang war er dann schon mal für eine kleine Szene oder ein kurzes Gespräch zwischen Wachtendonk und Gennep unterwegs. „Aus heutiger Sicht bin ich völlig naiv an meine Idee herangegangen“, blickt er zurück auf das notwendige Einholen von Drehgenehmigungen im Naturschutzgebiet oder für Aufnahmen mit der Drohne. Auch darüber, wie aufwendig die Bearbeitung des Filmmaterials am heimischen PC sein würde, das er mit Musik unterlegt und mit Infografiken angereichert hat und nicht zuletzt über die Kosten, habe er sich erst später Gedanken gemacht, schmunzelt Junghenn.

Film für die Gocher

„Es geht mir bei meinen Filmen nicht um Perfektion oder touristische Absichten“, sagt er, „ich will Menschen berühren und sensibilisieren für ihre Umgebung.“ Er wolle zeigen, dass man hier am Niederrhein sehr viel finden kann, wenn man nur wachsam genug sei. Dass dies wohl geglückt ist, zeige die Resonanz auf seine beiden Filme: „die Leute freuen sich darüber“. Zu sehen waren die Streifen vor der Corona-Pause schon im Gocher Goli-Theater, dem Tierpark Weeze und in Hommersum.

Am dritten Teil seines Filmprojekts arbeitet Sascha Junghenn gerade. „Dieser Film ist für die Gocher gedacht und handelt wesentlich von der Stadt und ihrer Geschichte“, verrät er. Und zum Schluss weist er noch darauf hin, dass er zwar leidenschaftlicher Niederrheiner und Kreis Klever sei, „vor allem aber bin ich Gocher.“