Geldern. Der 30-jährige Gianluca Antoniazzi will in seiner Heimatstadt Reben anbauen. Wenn alles klappt, könnte es 2024 den ersten Wein aus Geldern geben.
Die Römer waren echte Weinliebhaber. Und damit sie überall auf das „Getränk der Götter“ zurückgreifen konnten, also nie auf dem Trockenen sitzen mussten, brachten sie den Weinbau auch an den Rhein. Bis heute gilt daher das Mittelrheinland als klassisches Weinbaugebiet, andere Regionen konnten dagegen nie richtig nachziehen. Gianluca Antoniazzi will das ändern. „Der Weinbau in Deutschland ist daran gebunden, wo die Römer ihn hingebracht haben“, sagt er. „Dabei gibt es mittlerweile Gebiete, die sich genauso gut eignen.“ Geldern am Niederrhein zum Beispiel.
Denn so wie schon die Römer ist auch der 30-Jährige ein echter Weinliebhaber. Wobei er nach seinem Abitur zunächst Bauingenieurwesen studierte und nebenbei im Restaurant seiner Eltern arbeitete. Weil das aber nicht so richtig zu ihm passte, schwenkte er um auf ein duales Studium am Weincampus Neustadt und ließ sich zum Winzer ausbilden. Ein toller Beruf, wie er findet: „Man ist viel in der Natur, hat aber auch Kontakt zu den Menschen.“ Immerhin interessieren sich viele für den Weinbau, wissen aber kaum etwas darüber. Und so kommt es an Weinbergen immer wieder zu netten Gesprächen mit Spaziergängern. Auf verschiedenen Weingütern in Deutschland, Italien und Neuseeland hat er bereits gearbeitet.
Deutscher Weinbau darf nur um 300 Hektar wachsen
Irgendwann aber hat es Antoniazzi zurückgezogen in seine alte Heimatstadt, die nun mal so gar nicht für Weinbau bekannt ist. Noch nicht. Denn bereits im November hat er hier einen Weinhandel eröffnet, um sich schon mal ein kleines Netzwerk und einen ersten Kundenstamm aufzubauen. Im Januar schließlich hat er den Antrag auf „Genehmigung zur Neupflanzung von Weinreben“ gestellt. Denn einfach Reben anzupflanzen und für gewerbliche Zwecke zu nutzen, ist in Deutschland nicht erlaubt. „Der deutsche Weinbau darf jedes Jahr um 0,3 Prozent wachsen“, erklärt Antoniazzi. Sprich, um 300 Hektar. Auf Nordrhein-Westfalen fallen dabei fünf Hektar. „Wobei das Kontingent fast noch nie aufgebraucht wurde.“
Und so wagt der Gelderner den Versuch. Gemeinsam mit befreundeten Landwirten hat er den Antrag für eine Fläche von vier Hektar an der Niers gestellt. Wenn alles „bombastisch“ läuft, wie er selbst sagt, dann könnte er irgendwann sogar die Fläche auf bis zu zehn Hektar ausbauen. Bis dahin plant er aber erst einmal etwas kleiner, wenn auch optimistisch. „Es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn es gar nicht klappen sollte“, sagt er. Bis August rechnet er mit dem Bescheid über zumindest einen Anteil der beantragten Fläche, im Mai nächsten Jahres könnte er dann mit dem Anpflanzen beginnen.
Erster Wein aus Geldern könnte 2024 kommen
Dass die Reben gut wachsen werden, davon ist Antoniazzi überzeugt. „Der Klimawandel spielt uns in die Karten“, sagt er. „Es wird immer wärmer, die Durchschnittstemperatur liegt bei zehn Grad.“ Genau richtig für Rebpflanzen, ebenso der Niederschlag, „nicht zu viel und nicht zu wenig“, sowie der Boden selbst. Und dann, wenn alles nach Plan läuft, könnte es 2024 soweit sein. Nach drei „Standjahren“, wie der Experte es nennt, könnte er die „ersten Träubchen“ ernten und vielleicht 300 Flaschen seines ersten eigenen Weines verkaufen. „Nach fünf Jahren stehen die Pflanzen dann voll im Saft.“ Laufen auf Hochtouren quasi.
90 Prozent Weißwein plant der Gelderner zunächst ein. „Ein Riesling muss dabei sein“, sagt er. Ansonsten will er vor allem auf Piwis – pilzwidrige Rebsorten – setzen. Damit er den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln möglichst reduzieren kann. Und weil er selbst so gern Rotwein trinkt, will er zumindest einen kleinen Anteil der entsprechenden Reben anpflanzen. Auch wenn der deutsche Herbst eigentlich zu schnell kalt und nass wird. Einen Namen für seinen eigenen Wein hat er übrigens noch nicht, dafür aber schon viele Vorschläge von anderen Weinliebhabern aus der Drachenstadt Geldern erhalten. Eine Idee: „Gelderner Drachenblut“.