Essen. “Der Doktor“, so nannten viele den Essener Strafverteidiger Wolfgang-Küpper-Fahrenberg. Am Sonntag ist er mit 82 Jahren verstorben.
Über Jahrzehnte war er einer der renommiertesten Strafverteidiger des Ruhrgebietes. Am Sonntag ist der Essener Rechtsanwalt Wolfgang Küpper-Fahrenberg nach kurzer, schwerer Krankheit verstorben.
"Der Doktor", so nannten ihn viele. 82 Jahre alt ist er geworden, hat bis zum Schluss gearbeitet. Nicht, weil er sich für so wichtig hielt, sondern schlicht, "weil ich Angst habe, dass mir zu Hause die Decke auf den Kopf fällt". So war er. Das eitle Gerede, dass gerade in seiner Zunft nicht selten ist, war seine Sache nicht. Bodenständig, geerdet, zuverlässig - so lässt er sich beschreiben.
Oft reichten ihm zwei, drei Sätze
Wenn andere stundenlang juristische Ausführungen machten, seitenweise Beweisanträge formulierten oder scharf Gericht und Staatsanwaltschaft angriffen, brauchte er oft nur zwei, drei Sätze, um für seine Mandanten das Beste herauszuholen. "Das bringt doch viel mehr", sagte er mal, "das andere will doch kein Mensch hören".
Und so kam er an, bei den kleinen und den großen Ganoven. Er konnte studierte Männer wie den Düsseldorfer Mediziner Christoph Broelsch vom Essener Uni-Klinikum, der sich wegen Bestechlichkeit und Nötigung zu verantworten hatte, ebenso vertreten wie Räuber, Vergewaltiger und Einbrecher aus kleinen Verhältnissen. Oder die Frau, die ihrem Ehemann Rattngift ins Feierabendbier geschüttet hatte.
"Können Sie ihn rausholen?"
Über seine Begnungen mit Menschen aus allen Schichten sprach er auch gerne. Etwa über den Anruf einer Marktverkäuferin, deren Sohn oft geschnappt wurde: "Herr Doktor, mein Franz ist schon wieder im Gefängnis. Können Sie ihn da rausholen?"
Dann machte er sich an die Arbeit. Unrealistisches versprach er den Mandanten nicht. Er war ein Meister des Möglichen, aber er kämpfte nie gegen die Wirklichkeit an. Finanziell musste es sich auch lohnen, da spielte er keineswegs den Idealisten: "Natürlich bin ich für harte Strafen. Deshalb ist mein Honorar so hoch."
"Mein Mandant ist unschuldig"
Für Journalisten war er eine sichere Bank. War etwa Rotlicht-König Hans-Günter B. mal wieder in Untersuchugshaft genommen worden, gab Küpper-Fahrenberg gerne Auskunft und schloss immer mit einer festen Aussage: "Mein Mandant ist unschuldig." Wer ihn darauf ansprach, ob er nicht Skrupel empfinde, auch üble Verbrecher zu vertreten, bekam ein Jesus-Wort aus der Bibel zur Antwort: "Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken."
Geboren wurde er 1939 in Essen. Eine typische Karriere. Der Großvater Bergmann, der Vater Sparkassendirektor ohne Abitur. Er besuchte dann das Gymnasium in Essen-Werden, schloss es 1959 mit der Reifeprüfung ab. In Münster studierte er Jura. Über das Thema seiner Doktorarbeit machte er sich gerne lustig. "Das Prinzip der Solidarhaftung im System der gesetzlichen Unfallversicherung", lautete es.
Fußball und Kirche
All die Jahre ist Wolfgang Küpper-Fahrenberg seinem Essener Stadtteil Heisingen treu geblieben. Zwei Kinder, vier Enkelkinder hinterlässt er, von denen er stolz mitteilte, dass "sie alle Schalker sind". So wie er. Geerdet im Heisinger Fußballclub und in der katholischen Kirche, kannte er auch Hinz und Kunz. Und vertrat sie vor Gericht, wenn es mal eng wurde.
1968 hatte er nach dem Referendariat in der damals schon bekannten Anwaltskanzlei Linten in Essen angefangen. Vier Jahre später war er Partner in der Kanzlei schräg gegenüber des Land- und Amtsgerichtes in der Zweigertstraße. Aufgetreten ist er bundesweit an den Strafgerichten in Deutschland.
Vor ein paar Wochen haben wir noch mittags beim Italiener an der Zweigertstraße gesessen. "Eigentlich schade", hatte er gesagt, "ich hätte das alles mal aufschreiben sollen, was ich erlebt habe". Da hatten wir beide nicht geahnt, dass ihm dafür keine Zeit mehr verbleibt.