Am Niederrhein. Ostern, Himmelfahrt, Jungfrauengeburt. Okko Herlyn erklärt uns das mal, im neuen Buch: „Das Glaubensbekenntnis“. Frisch, humorig, nicht nur fromm
Die Sache mit dem lieben Gott ist wahrlich keine einfache. Gerade in Zeiten, die mehr auf Wissen denn auf Glauben hören und für die der Tag des Jüngsten Gerichts eine drolligböse Erfindung vergangener Generationen ist. Und wenn dann noch jemand öffentlich bekennt, „Ich glaube“ und in der Steigerung: „Ich glaube an Gott“ dann ist das irgendwie am Zeitgeist vorbei – oder nicht?
Theologe, Kabarettist, Niederrheiner
Okko Herlyn juckt das jedenfalls nicht. Der Mann ist Theologe und Kabarettist – beides gern und mit Überzeugung, was helfen dürfte in der Ausübung der Professionen. Herlyn war mal Gemeindepfarrer in Duisburg, später Professor an der Evangelischen Fachhochschule in Bochum und Privatdozent an der Ruhr-Universität. Und als sei das nicht schon Aufgabe genug, ist Okko Herlyn auch noch bühnenerprobter Niederrheiner – Kabarettist, Kleinkünstler, Liedermacher – und nebenbei auch Kolumnist für uns, für „Wir am Niederrhein“.
Die Sache mit der Auferstehung
Das neue Buch von Okko Herlyn
Unterhaltsam und theologisch fundiert – das muss sich nicht unbedingt gegenseitig ausschließen. Okko Herlyn beweist das einmal mehr: „Das Glaubensbekenntnis“, erschienen bei „neukirchener“, 19 Euro. Herlyn dröselt einen der zentralen Texte des christlichen Glaubens auf – wie geht das überhaupt, Glauben in 2021?
Wie wohl es doch tut, wenn so ein durch und durch belesener Theologe öffentlich bekennt, dass er mit dem allerorten üblichen Kirchenvokabular auch so seine Probleme hat. Wer versteht heute schon, was die alten Kirchenlehrer meinten (hier müssen wir nicht gendern, Kirchenmütter sind nicht vorgesehen), wenn sie vom „eingeborenen Sohn“ reden, von „Jungfrauengeburt“, von Himmelfahrt und Auferstehung von den Toten gar – und was um alles in der Welt ist der „Allmächtige“ für ein charakterloser Typ, der tatenlos zuguckt, wie sich seine Schäfchen auf der Erde gegenseitig meucheln – und die von ihm geschaffene Schöpfung gleich mit…
Okko Herlyn hat sich aufgemacht, uns und vielleicht ein bisschen auch sich selbst den christlichen Glauben zu erklären – oder das, was in ihm steckt. Und er tut das in wohltuend verständlicher Sprache, ist mit der Analyse theologischer Texte mitten unter uns.
Wundergeschichten und Abenteuer – das alles steckt drin im „Glaubensbekenntnis“
Und, durchaus nicht üblich in dem Genre, er versprüht bei allem sympathischen Zweifeln und überzeugtem Christusfolgen Humor, Alltagswitz und liebevolle (Selbst)-Ironie, da fühlt man sich im Zweifeln gut aufgehoben – und da kann das Lesen und Nachdenken über Gott und die Welt durchaus Spaß, mindestens aber Neugier wecken.
„Das Vaterunser“ hat er schon aufgedröselt, „Die Zehn Gebote“, das Evangelischsein“ auch – und nun, irgendwie passend zu Ostern, knüpft er sich das Glaubensbekenntnis vor. Warum tut der das? Und: Können wir verstehen, was wir nicht begreifen? Kann das, was unzählige Generationen gebetsmühlenartig herunterrasselten, heute noch Sinn machen?
Hier gibt’s mehr Infos zu Okko Herlyn
Was glauben Sie, Herr Herlyn?
Ich glaube nicht was, sondern an Gott. Wer Gott hört, denkt an Kirche.
Wer Kirche hört, denkt an Missbrauch, Männermacht und momentan vielleicht besonders an Kardinal Woelki – da ist wenig Platz für fromme Zuversicht und jenseitiges Seelenglück.
Wenn ich Kirche höre, denke ich nicht zuerst an Herrn Woelki, sondern an Menschen, die sich kraft ihres Glaubens mit dem Lauf der Welt nicht einfach abfinden. Wer meint, der Kirche aus den bekannten Gründen den Rücken zukehren zu müssen, sollte wenigstens bedenken, dass der christliche Glaube nicht Flucht, sondern Standhalten und Verändern bedeutet.
Das Apostolische Glaubensbekenntnis, hier Text und Infos
Was möchten Sie mit Ihren christlichen Erklärgeschichten bewirken?
Ich möchte vor allem dem alten Vorurteil entgegenwirken, dass Glauben und Wissen Gegensätze sind. Der christliche Glaube ist ja kein nebulöses Vermuten, sondern das Ja zu einer bestimmten, unverwechselbaren Botschaft. Bevor ich aber Ja (oder auch Nein) sage, muss ich diese Botschaft erst einmal zur Kenntnis nehmen und sie, soweit mir das möglich ist, auch verstehen. Mein Buch möchte dazu beitragen.
Das erste Kapitel in Ihrem neuen Buch heißt „Ich glaube an Gott“. Und dann kommt der Zusatz: Aufbruch in ein Abenteuer...
An irgendetwas glauben ja viele. Udo Jürgens etwa glaubte, folgt man einem seiner Lieder, „an die Liebe“. Und der letzte deutsche Kaiser glaubte angesichts des aufkommenden Automobils bekanntlich „an das Pferd.“ Wer an Gott glaubt, vertritt nicht so sehr irgendeinen Standpunkt, sondern begibt sich voller Gottvertrauen auf einen Weg. Das kann dann allerdings ziemlich abenteuerlich werden.
Und jetzt feiern wir Ostern. Kommt im Glaubensbekenntnis ja auch vor: Am dritten Tage auferstanden von den Toten. Kommt die frohe Botschaft heute noch an?
Das haben wir nicht in der Hand. Christen können die biblische Botschaft nur bezeugen. Mit dem, was sie sagen, und dem, wie sie sich verhalten. Es gibt grundsätzlich kein anonymes Christentum. Ob die Botschaft dann auch „ankommt“, steht auf einem anderen Blatt. Wenn ich das Glaubensbekenntnis richtig verstanden habe, hat hier der Heilige Geist, also Gott selbst, noch ein Wörtchen mitzureden.
Und warum glauben Sie?
Gute Frage. Alle gängigen Erklärungen, etwa der Hinweis auf meine „christliche Sozialisation“, wollen mir nicht einleuchten. Mit derselben Sozialisation sind andere auch schon zu militanten Atheisten geworden. Vielleicht gibt es am Ende gar keinen plausiblen Glaubensgrund. Außer Jesus Christus, also dem, der es – o Wunder – mit mir zu tun haben will.
Mit Ihren Worten, bitte: Was ist die Botschaft von Ostern?
Tot ist nicht tot. Jedenfalls nicht bei Gott.