Essen. Stets hatte der Essener Benjamin S. die Vergewaltigung bestritten. Doch die Tonaufnahme der Tat brachte ihn vor Gericht zum Geständnis.
Es müssen wohl 90 Minuten des Grauens sein, die auf dem Smartphone der Frau abgespeichert sind. Denn mit dem Gerät hatte sie im Mai 2021 akustisch aufgezeichnet, was der Essener Benjamin S. am Montag vor dem Landgericht Essen als Vergewaltigung dieser Frau gestand.
Vier Monate nach seiner Inhaftierung macht der 33-jährige Maler aus dem Essener Stadtteil Holsterhausen einen guten Eindruck. Im Frühjahr vergangenen Jahres wird er anders ausgesehen haben, als er noch regelmäßig Alkohol und Cannabis konsumiert hatte.
Anklage nennt vier hässliche Taten
Vier Taten wirft dem aus einer bürgerlichen Familie stammenden Benjamin S. die Anklage von Staatsanwalt Phillip Linder vor. Hässliche Taten sind es, Opfer ist fast immer seine frühere Freundin, die er noch aus Schulzeiten kennt. Auch sie hat ein Alkoholproblem.
Aber offenbar gelang es ihr im vergangenen Jahr, sich von ihm zu trennen. Damit fand er sich nicht ab. Richter Markus Dörlemann, Vorsitzender der XXV. Strafkammer, spricht vom "Stalken" und macht dem Angeklagten unmissverständlich klar: "Wenn jemand Schluss macht, lässt man ihn in Ruhe."
Auf Ex-Freundin eingeschlagen
Aber das ist 2021 nicht die Art des Benjamin S., der laut Anklage am 19. März abends vor der Wohnung seiner Ex-Freundin im Stadtteil Altendorf auftaucht. Mit Wucht schlägt er die Wohnungstür auf und beschädigt sie. Dann geht er zur Wohnung der Frau und tritt ohne vorher zu klingeln dort gegen die Tür. Als die frühere Freundin aus Angst öffnet, drückt er sie zu Boden und schlägt auf sie ein.
Kurz danach erscheinen von Nachbarn alarmierte Polizisten. Massiv wehrt er sich gegen seine Festnahme, beschimpft die Beamten als "Missgeburten" und als "feige Sau". Einem schlägt er mit der Faust ins Gesicht. Rund zwei Promille Alkohol ergab an diesem Abend die Blutprobe, dazu Spuren von Cannabis.
Bei Vergewaltigung zwei Zähne verloren
Er bleibt auf freiem Fuß. Ganz beendet ist die Beziehung zu der Frau nicht, denn im Mai hält sie sich in seiner Wohnung auf. Hier kommt es über 90 Minuten lang zu mehreren Vergewaltigungen. Sie wehrt sich, er schlägt ihr mit einer Bierflasche gegen den Kopf. Zwei Zähne verliert sie.
Im Oktober kommt es zu zwei weiteren Attacken auf die Frau. In beiden Fällen überfällt er sie in der Wohnung, beleidigt und schlägt sie. Zu Sexualdelikten kommt es nicht mehr.
Zunächst Aussage gegen Aussage
Erst am 15. Oktober kommt Benjamin S. in U-Haft. Die Ermittlungen hatten sich hingezogen. Aussage stand gegen Aussage. Erst als die Beamten die Tonaufnahme auf dem Smartphone der Frau entdeckten, reichten die Beweise für einen Haftbefehl.
Dem Angeklagten offenbar nicht. Er blieb bislang dabei, alle Vorwürfe zu bestreiten. Überraschend kam deshalb das Geständnis am Montag zum Prozessauftakt. "Mit Erleichterung", so Verteidiger Volker Schröder, könne er nun erklären, dass sein Mandant alle Vorwürfe einräume.
Tonaufnahme von der Vergewaltigung
Der Anwalt wies darauf hin, dass die Tonaufnahme dazu beigetragen habe, aber auch Videos vom Polizeieinsatz.
Der Mandant selbst sei auch erschrocken über "seine bösen Taten". Unter Alkohol und Cannabis sei er offenbar ein anderer Mensch. Detailliert erinnere er sich nicht mehr, wolle deshalb auch keine Fragen beantworten. An drei weiteren Prozesstagen wird die Kammer jetzt die Beweislage prüfen.