Kalkar. Der Corona-Sommer bietet die Chance, all die schönen Orte vor der eigenen Haustür zu entdecken. So wie das wunderschöne Kalkar am Niederrhein.

Mitten in Kalkar steht ein Baum. Nicht irgendeiner. Die Gerichtslinde auf dem historischen Marktplatz ist einer der wenigen Uralt-Bäume am Niederrhein – ihre Wurzeln schlagen hier nachweislich seit 1545 in den Boden. Viel erlebt hat die Linde: Im ausgehenden Mittelalter wurden unter ihr Straftäter im günstigsten Fall an den Pranger gestellt und im schlimmsten zum Tode verurteilt. Nach dem Zweiten Weltkrieg ging es der Linde so schlecht, dass sie fast ersetzt worden wäre – glücklicherweise konnte sie gerettet werden und strahlt heute wieder mit ihrem saftigen Grün mit den bunten Fassade der Häuser drumherum um die Wette.

Wer also einen Nachmittag in Kalkar verbringt, wählt mit der Gerichtslinde einen sinnvollen Startpunkt für den Rundgang durchs historische Zentrum – und sieht schnell, was das Städtchen im Kreis Kleve so besonders macht. „Man findet nur wenige Städte am Niederrhein, die ihr baukulturelles Erbe so gut bewahren konnten“, sagt Harald Münzner, der bei der Stadt Kalkar für Öffentlichkeitsarbeit und Tourismus zuständig ist.

Was Kalkar ausmacht: das mittelalterliche Zentrum

Der mittelalterliche Kern ist wunderbar erhalten, viele der Gebäude rund um den Marktplatz stammen aus dem 15. Jahrhundert und man sieht ihnen an, dass die Stadt einst durch den Handel reich geworden ist. Besonders imposant: das historische Rathaus aus Backstein, das noch heute genutzt wird.

Oben sitzt die Verwaltung und tagt die Politik, unten empfängt der Ratskeller seine Restaurant-Gäste. Gastronomie ist in Kalkar ohnehin ein gutes Stichwort. Rund um den Markt tummeln sich mehrere gute Restaurants und Cafés in den hübschen Häusern – hier lohnt sich nach, vor oder während der Erkundungstour eine Einkehr.

Die Gerichtslinde und die schönen Häuser am Marktplatz von Kalkar.
Die Gerichtslinde und die schönen Häuser am Marktplatz von Kalkar. © NRZ | Robin Brand

Wer mehr über die Geschichte des Ortes erfahren möchte, sollte das Städtische Museum besuchen. Das lohnt sich allein schon deshalb, weil es in einem der schönsten Giebelhäuser (gebaut um 1500) untergebracht ist. Ein historisches Schaubild in der ersten Etage zeigt zudem, dass sich die Struktur der Stadt seit dem Mittelalter kaum verändert hat.

Kalkar hat eine Biertradition – in der Mühle wird immer noch gebraut

Zwar sind die Stadttore nicht mehr vorhanden, doch noch immer führen nur vier Straßen ins Zentrum. An den Besuch des Museums und der St. Nicolai Kirche mit ihren einzigartigen Altären und Glasfenstern, sollte man einen Spaziergang über die Wälle rund ums Zentrum anschließen. Der Weg führt stets am Wasser entlang, über kleine Brücken gelangt man in die Stadt.

Zum Beispiel auf Höhe der Kalkarer Mühle, die als die höchste, vollfunktionsfähige Mühle am gesamten Niederrhein gilt. Hier befindet sich auch ein Restaurant mit eigener Brauerei. Das Kalkarer Mühlenbier erinnert dabei an eine weitere Tradition, einst soll es in der Stadt 42 Brauer gegeben haben.

Neue Serie: „Ein Nachmittag in...“

Corona hat viele Reisepläne für den Sommer durcheinander gewirbelt. Vielleicht bleibt aber gerade deshalb mehr Zeit, die eigene Heimat neu zu entdecken. In unserer Serie „Ein Nachmittag in...“ stellen wir in den nächsten Wochen viele Orte in der Region vor, in die man immer schon mal fahren wollte. Mit praktischen Tipps für Sehenswürdigkeiten, Gastronomie und Geschäften. Den Auftakt macht Kalkar.

Unweit der Mühle (in Kalkar ist alles nah beieinander, was den Ort auch für Besucher attraktiv macht, die nicht so gut zu Fuß sind) führt Harald Münzner zu einem seiner Lieblingsorte: dem Gelände des ehemaligen Dominikanerklosters – heute genießen hier die Schafe den Schatten der Bäume auf der großen Streuobstwiese. „Dieses Naturdenkmal hat eine ganz besondere Atmosphäre“, sagt Münzner.

Viel Natur gibt es natürlich rund um Kalkar. Auch wer nicht mit dem Rad unterwegs ist (siehe weiter unten im Text), sollte während seines Besuchs unbedingt einen Abstecher in den Ortsteil Grieth direkt am Rhein machen. Leckeren Kuchen verkauft das ehrenamtlich betriebene Hanselädchen. Vor allem in der Apfelsaison lohnt sich außerdem ein Einkaufsstopp bei der Obstplantage Raadts mit eigenem Hofladen.

Doppelte Rheinquerung: Eine Radtour von Rees-Haldern nach Kalkar und zurück

Einen wunderbaren Nachmittag in Kalkar und Umgebung kann man natürlich auch auf dem Fahrrad verbringen. Wer mit dem Zug anreisen will, muss jedoch ausweichen, denn die Stadt hat keinen Bahnhof.

Als Start- und Zielpunkt bietet sich deshalb der Reeser Ortsteil Haldern auf der anderen Rheinseite an. Von hier führt die Fahrt idyllisch am Reeser Meer entlang in Richtung Altrhein. Über den Damm geht es nach wenigen Kilometern ins Zentrum von Rees mit seiner netten Rheinpromenade. Die Brücke führt über den großen Fluss und auf der anderen Seiten ist man in Kalkar angenommen, genauer gesagt im Ortsteil Niedermörmter.

Die Tour führt über Feldwege und ein kurzes Stück über eine wenig befahrene Landstraße zur sehenswerten Burg Boetzelaer – hier lohnt spätestens ein erster Stopp im Café. Über Appeldorn und den Oyweg geht es weiter ins historische Zentrum von Kalkar. Nach der Besichtigung führt ein geschotterter Radweg aus der Stadt heraus in Richtung Wisseler See mit Freibad und den geologisch interessanten Wisseler Dünen. Kurz hinter Wissel erreicht man Grieth direkt am Rhein.

Nach einem Rundgang durch die engen Gassen, setzt man mit der Fähre über nach Grietherort über. Hier wartet das bekannte Fischrestaurant Nass mit seinem Biergarten. Der letzte Teil der Tour führt in einem Schlenker um Rees herum zurück nach Haldern – wer noch Lust auf ein Eis hat, sollte beim Haldener Eisamt vorbeischauen.

Hier finden Sie einen Download mit den GPX-Dateien der Tour zum Nachfahren.