Essen. Familie hatte er, schützte für die Stadt Essen Bäume. Jetzt muss der 39-Jährige in die Psychiatrie, weil er sein Haus angezündet hatte.
Es war ein schleichender Prozess, der sich am 13. Juli entlud. Im Verfolgungswahn zündete Moritz K. das Haus an, in dem er mit seiner Familie, seinen Schwiegereltern und einem weiteren Ehepaar im Essener Stadtteil Byfang lebte. Jetzt muss er auf nicht absehbare Zeit in die geschlossene Psychiatrie.
Das Essener Schwurgericht hatte am Freitag über ein bürgerliches Leben zu entscheiden, das nach außen positiv wirkte. Moritz K. bewohnte im Haus seiner Schwiegereltern und des anderen Paares mit seiner Frau und den zwei kleinen Kindern die Dachgeschosswohnung.
Baumschutzbeauftragter der Stadt Essen
Bei der Stadt Essen hatte der Angestellte sich zum Baumschutzbeauftragten hochgearbeitet. Intensiv betrieb er in seiner Freizeit Sport, fuhr Mountainbike und surfte. Das war das Bild, das Außenstehende wahrnahmen.
Aber spätestens seit drei Jahren litt er an einer "schizoaffektiven Psychose", fühlte sich zusehends verfolgt. Bei der Arbeit sah er vor allem die Telekom als Gegner, wenn er ihnen bei ihren Leitungsarbeiten Baumfällungen untersagte. Er glaubte, dass das Unternehmen ihn überwache und mit Autos verfolge.
Streit mit Schwiegereltern
Auch in der Ehe gab es zusehends Spannungen. Da ging es ihm oft um die Schwiegereltern, die sich nach seiner Ansicht und verstärkt in seinem Wahn zu viel um die Kinder kümmerten. Irgendwann glaubte er, sie wollten ihm die beiden wegnehmen.
Richter Jörg Schmitt, der um zehn Uhr eine Schweigeminute für die in Rheinland-Pfalz von Wilderern erschossenen Polizisten angeordnet hatte, zeichnete am Freitag im Urteil nach, wie die Krankheit in eine Katastrophe mündete. Es ging um einen Urlaub mit den Kindern in Holland - mit den Schwiegereltern. Der Streit entwickelte sich so heftig, dass sogar die Polizei zu dem Haus an der Nierenhofer Straße kommen musste.
In jedem Zimmer Feuer gelegt
Als die Ehefrau des Angeklagten sich mit den Kindern im Wohnmobil auf einen Campingplatz in Hattingen rettete, begann Moritz K. abends die Wohnung auszuräumen. Nach Mitternacht legte er dann Feuer in jedem Zimmer des Hauses.
Nur die Schwiegereltern hielten sich zu diesem Zeitpunkt noch im Haus auf. Staatsanwältin Birgit Jürgens hatte dem Angeklagten deshalb einen versuchten Mord unterstellt, weil er dies hätte wissen müssen. Verteidiger Volker Schröder hatte dem widersprochen. Das sah das Gericht ähnlich. Tötungsabsicht sei nicht nachzuweisen. Der Möbeltransport durchs Treppenhaus sei zudem so laut gewesen, dass von Heimtücke keine Rede sei.
Eindeutig schuldunfähig
Auf diese Frage kam es auch nicht an, weil alle Juristen einig waren, dass Moritz K. zur Tatzeit schuldunfähig war. Richter Jörg Schmitt betonte, dass der schleichende Prozess der Krankheit für seine direkte Umgebung kaum zu erkennen sei: "Zunächst wirkt das nur skurril." Natürlich war es aufgefallen, dass der städtische Baumschützer meinte, mit den Bäumen reden zu können. Auch seine Aufforderung, in seiner Anwesenheit Handys auszuschalten und die SIM-Karten zu entfernen, könne noch als Spleen durchgehen, meinte Schmitt.
Die psychiatrische Gutachterin Marianne Miller hatte gemutmaßt, die Krankheit sei gut zu behandeln. Nicht mehr zu reparieren, das betonte Richter Schmitt, ist dagegen das rund hundert Jahre alte Haus. Die Statik ist nicht mehr retten, es ist abrissreif.