Essen. Ein Bandido, der mit seinem Urteil unzufrieden war, randalierte im Saal. Die Essener Richterin brach deshalb die Urteilsbegründung ab.
Nur in Etappen gelang es der VII. Essener Strafkammer, das Urteil gegen ein ehemaliges Bandido-Mitglied zu verkünden. Der 44-Jährige, der seine Ehefrau jahrelang misshandelt und zweimal vergewaltigt haben soll, hatte am Mittwochabend im Saal randaliert, nachdem er "fünf Jahre und fünf Monate Haft wegen Vergewaltigung und Körperverletzung" gehört hatte.
Richterin Karin Maiberg hatte die weitere Urteilsbegründung deshalb am Mittwoch gegen 19 Uhr abgebrochen. Erst am Donnerstagmorgen begründete sie weiter, weshalb das Gericht den Angeklagten der mehrfachen Körperverletzung, Bedrohung und zweifacher Vergewaltigung für schuldig hielt. Das Aggressionspotenzial, das die Kammer ihm bescheinigte, hatte er am Vorabend selbst unter Beweis gestellt.
Anfangs reumütig gewirkt
Zum Prozessauftakt am 12. April hatte er durchaus reumütig geklungen und eigene Fehler eingestanden. Allerdings führte er seine Gewalttaten auf die Einnahme eines Medikamentes zurück, das ihm ein Düsseldorfer Promi-Arzt gegen Schmerzen verschrieben habe.
Tatsächlich fällt er auch ohne das Medikament seit früher Jugend mit Aggressionen auf. Seine erste Vorstrafe handelte er sich mit 16 Jahren ein. In Essen gilt er als Bandido-Rocker und Mitglied der gewaltbereiten Szene von Rot-Weiss Essen.
Die Ehefrau ist das Opfer
Acht Punkte hatte die Anklage ihm vorgeworfen, begangen zwischen 2016 und 2021. Nach dieser Darstellung ist immer wieder die Ehefrau das Opfer. Mal sei sie nach Schlägen nur mit Unterhemd und Jogginghose vor ihm zur Polizeiwache Altenessen und zum Krankenhaus geflüchtet.
Mal wohnt er nicht mehr bei ihr und den fünf Kindern. Er hat aber seinen Wohnwagen vor dem Einfamilienhaus in Stoppenberg abgestellt, heißt es weiter, und beobachtet seine Frau. Weil er fürchtet, sie betrüge ihn, geht er sie hart an, als sie ihm wieder einmal das Essen in den Wohnwagen bringt. Laut Anklage wirft er ihr den Teller an den Kopf, bedroht sie mit einem Messer und vergewaltigt sie zweimal.
Staatsanwaltschaft forderte acht Jahre Haft
Für den Großteil dieser Vorwürfe verurteilte die Kammer ihn. Er selbst hatte sich vor allem gegen die Verurteilung als Vergewaltiger gewehrt. Eigentlich war er ganz gut weggekommen angesichts der Anklagepunkte und seiner Vorstrafen. Die Staatsanwaltschaft hatte immerhin acht Jahre Gefängnis gefordert.
Doch als er den Schuldspruch hörte, stand der in U-Haft sitzende Angeklagte auf. Dann ging er in einen Nebenraum, der zu den Zellen führt, randalierte dort.
Wachtmeistern Boxkampf angedroht
Er wolle sich die Urteilsbegründung nicht anhören, sagte er. Falls man ihn zwinge wolle, werde er sich einen Boxkampf mit den Wachtmeistern liefern, drohte der kräftig gebaute Mann. Um eine weitere Eskalation zu vermeiden, brach Richterin Maiberg am Mittwochabend die weitere Urteilsbegründung ab.
Am Donnerstagmorgen ging es weiter, ohne dass es zu weiteren Turbulenzen kam. Viele Möglichkeiten, seine Unzufriedenheit zu zeigen, hatte der 44-Jährige nicht mehr. Die Justizwachtmeister hatten ihn gefesselt in den Saal gebracht.