An Rhein und Ruhr. Ab Montag können Fünf- bis Elfjährige gegen Corona geimpft werden. Laut Ärzten habe der fehlende Schutz vorerkrankte Kinder psychisch belastet.

Masern, Mumps und Röteln stehen schon drin, nun kommt die Corona-Schutzimpfung in den Impfpässen vieler Kinder dazu. Ab dem 13. Dezember dürfen in NRW Fünf- bis Elfjährige mit dem Impfstoff von Biontech gegen das Virus geschützt werden. Die Stiko empfiehlt die Impfung zunächst für Vorerkrankte und Kinder mit impfunfähigen Risikopatienten im Umfeld. Nach einem Vorgespräch können aber alle Kinder dieser Altersgruppe eine Impfung bekommen. Dafür sind hauptsächlich Kinderärztinnen und -ärzte verantwortlich.

Auf die kommt dadurch eine Menge Arbeit zu. Das konnte Dr. Thomas Geerkens, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, bereits vor dem Start spüren. In seiner Moerser Praxis habe er bereits viele Gespräche mit Eltern geführt, die sich und ihn fragen, ob sie ihre Kleinen impfen lassen sollen. „Ich versuche dann, ihnen die Angst vor der Impfung zu nehmen“, schildert Geerkens. Dabei erklärt er den Müttern und Vätern, dass bislang keine Hinweise auf Nebenwirkungen vorlägen. Auch mit der Dosis kämen Kinder gut klar.

Kinderärzte-Sprecher: „Kinderimpfung ist ein Segen für Vorerkrankte“

Solche Gespräche führen auch seine Kolleginnen und Kollegen immer häufiger, wie Dr. Axel Gerschlauer, Sprecher des Landesverbands der Kinder- und Jugendärzte Nordrhein, auf NRZ-Nachfrage berichtet. Einige Ärzte hätten ihm zufolge innerhalb kürzester Zeit mehr als 100 Voranmeldungen für Kinderimpfungen auf der Warteliste. „Der Beratungsbedarf der Eltern ist riesengroß“, schildert Gerschlauer, der selbst eine kinderärztliche Praxis in Bonn betreibt. Am häufigsten werde gefragt, ob der Impfstoff sicher genug ist.

Darauf hat der Mediziner eine klare Antwort. Gerade bei Jungen und Mädchen mit Vorerkrankungen wie Herzproblemen oder Trisomie 21 sei der Nutzen durch die Impfung größer als das Risiko. Denn ein schwerer Verlauf ist für sie wahrscheinlicher. Für die sei die EU-Zulassung und Stiko-Empfehlung des Impfstoffs „ein Segen“, wie Gerschlauer betont: „Die Kinder haben lange gelitten und gebangt. Nach der Zulassung sind bei einigen Eltern Freudentränen geflossen.“

Viele Kinder leiden psychisch unter den Folgen der Corona-Pandemie

Denn ohne Schutz seien viele chronisch kranke Kinder kaum noch vor die Tür gegangen – auch wegen der Angst ihrer Eltern. Das hat seelische Folgen, wie Dr. Gerschlauer und seine Kolleginnen und Kollegen feststellen mussten: „Die Therapieplätze sind voll. Während der Pandemie konnten wir eine Explosion an psychischen Belastungen und psychiatrischen Erkrankungen wie Essstörungen, Depressionen oder selbstverletzendes Verhalten beobachten.“

Gesunde Kinder hingegen hätten ein geringes Risiko, schwer zu erkranken. „Dass sie im rein medizinischen Sinne keine Geißel der Kinder ist, ist das einzig Positive an dieser Pandemie.“ Dennoch sei es mittlerweile möglich, jedes Kind ab fünf Jahren gegen Corona impfen zu lassen. Das befürwortet Dr. Gerschlauer grundsätzlich – wenn es denn aus den richtigen Motiven passiert. Denn es gebe einige Eltern, die sich aus Bequemlichkeit eine Impfung für ihr Kind wünschen: „Manche möchten aus den Quarantänen raus, weniger getestet werden und mehr Freiheiten haben. Ich finde das eigentlich ziemlich traurig, dass das ein Impfgrund ist.“

Kinderimpfung NRW: Spezielle Impfstellen in Duisburg, Düsseldorf und den Kreisen Wesel und Kleve

Um die Kinderärztinnen und -ärzte zu unterstützen, richten viele Städte und Kreise ab dem 17. Dezember eigene Impfstellen für Kinder ein. So ist in Duisburg ein gesondertes Zelt am Hauptbahnhof geplant, in Düsseldorf wird im städtischen „Impfzentrum 2.0“ am Hauptbahnhof geimpft.

Auch im Weseler Impfzentrum wird ein Bereich für Kinder räumlich von den Erwachsenen-Impfungen getrennt. Im Kreis Kleve laufen die Vorbereitungen für das Kinderimpfen ebenfalls. Wo genau das stattfinden werde, stehe jedoch noch nicht fest, wie ein Sprecher des Kreises am Freitag anmerkte.

Kinderimpfung dauert deutlich länger als Impfungen für Erwachsene

Dennoch zeigte er sich zuversichtlich, dass es am kommenden Freitag losgehen könne: „Wir haben reichlich Impfstoff bestellt und ein eigenes Terminportal ist eingerichtet.“ Da die Behandlung von Kindern länger dauere, werde nur mit Termin geimpft: „Bei den Erwachsenen planen wir aktuell drei Minuten pro Impfung. Bei Kindern sind die Zeitfenster deutlich größer.“

Das befürwortet auch Dr. Gerschlauer. Denn in der Kindermedizin müsse man gerade den Eltern viel mehr erklären. Dazu sei ein gewisses Händchen erforderlich, damit der Impftermin nicht mit einem Tobsuchtsanfall der kleinen Patienten endet: „Es hilft sicherlich, ein bisschen albern veranlagt zu sein. Ich nenne zum Beispiel Desinfektionsmittel manchmal „Krötenpipi“. So etwas trifft meistens den Humor von Fünf- bis Siebenjährigen und sorgt für eine entspanntere Atmosphäre.“