Recklinghausen..


Von oben betrachtet sieht es aus wie eine riesige Wanne zwischen der Breuskesbachsiedlung und dem Gewerbegebiet „Am Stadion“. Tatsächlich ist es ein 700 Meter langer, an seiner obersten Kante bis zu 20 Meter breiter Graben. Auf seinem Boden fließt bislang nur ein spärlicher Rinnsal, der sich seinen Weg durch das Sandbett mäandert. Da wo jahrzehntelang Abwasser durch eine Köttelbecke floss, entsteht allmählich wieder der renaturierte Breuskes Mühlenbach. Ein Idyll?

Von wegen. „Gewartet hat hier keiner auf den Umbau“, sagt Anwohner Gerd Schulte-Havermann. „Es hat viel Theater gegeben.“ Wegen des Lärms, wegen der Schäden an ihren Häusern und auch wegen des natürlichen Sichtschutzes durch Pflanzen und Bäume, die entfernt wurden und nun den Blick vom Rad- und Fußweg auf der ehemaligen Bahntrasse zur Häuserreihe direkt am Bach ermöglichen.

„Es ist laut, es ist dreckig. Vielleicht sieht es ja später mal schön aus, aber jetzt . . .“ Auch bei Familie Habsick am Lily-Braun-Weg hält sich die Freude über den neuen Bach, der sauberer und idyllischer fließen wird, in Grenzen. Der Lärm von der nahe gelegenen A 43 sei nämlich größer geworden, seit Bäume und Pflanzen gerodet wurden. Und am Haus habe es auch Schäden gegeben. „Wir haben uns mittlerweile aber geeinigt.“ Einen wirklichen Vorteil habe der Umbau, der das Abwasser der Emscher und ihrer Nebenarme in Zukunft von Dortmund bis Dinslaken unterirdisch transportieren wird und an dessen Stelle ein renaturierter Fluss mit vielen Bachläufen tritt, ohnehin nicht. „Der Geruch von der Sickergrube bei uns im Keller stört uns da mehr als früher das Abwasser aus dem Breuskesbach“, heißt es bei Familie Habsick.

Patricia Bender aus der Pressestelle der Emschergenossenschaft kennt die Einwände. „Uns ist bewusst, das es bei solchen großen Baumaßnahmen auch immer Beeinträchtigungen für die Anwohner gibt. Die versuchen wir aber in Grenzen zu halten.“ Und gerade beim Hellbach-/Breuskesbach-Umbau habe es viele Informationsveranstaltungen gegeben. Und: „Es ist eben einen Generationsprojekt.“ Will sagen, den großen Nutzen von der Maßnahme werden mitunter erst diejenigen haben, die jetzt Kinder oder noch gar nicht geboren sind.

Zweifel bleiben. Auch beim Gerd Schulte-Havermann. „Eigentlich ist das ja eine gute Sache. Es soll aber ziemlich viel Geld kosten. Ob sich der Staat das leisten kann?“ Zumal der Nutzen für die Menschen begrenzt sein würde, wenn die nicht einmal über einen Weg am Bach die Natur genießen und auf einer Bank verweilen können und wenn die Verbesserungen erst in einigen Jahren spürbar sein würden. Und dann der Ärger. „Irgendwann fingen die an, Spundwände in den Boden zu rammen. Das war ein Lärm, da konnte man sein eigenes Wort nicht verstehen, die Gläser drohten aus den Schränken zu fliegen. Und informiert hat uns zuerst auch keiner. Ich kam gerade von der Nachtschicht und dann fing um sieben Uhr dieser Krach an.“ Auch er habe Schäden am Haus; immerhin habe es da eine Einigung gegeben. Und Informationen würden mittlerweile auch besser weitergegeben.


Natürlicher Lauf

Die Veränderungen am Breuskes Mühlbach sind unübersehbar. Nachdem die Emschergenossenschaft monatelang an der Stelle östlich der Friedrich-Ebert-Straße gebuddelt und den unterirdischen Abwasserkanal verlegt hat, ist die versprochene Renaturierung zu erahnen. Noch überwiegt das satte Gelb des Sandes, noch ist von Grün und von klarem Wasser nur wenig zu sehen. Aber das soll kommen. Zwischen einem halben Meter und 1,50 Meter wird der Bach in trockeneren Perioden breit sein und ansonsten Platz genug bieten, um das Wasser in Starkregenphasen zu transportieren. Dimensioniert sei er, so Sprecherin Patricia Bender, um ein Hochwasser bewältigen zu können wie es nur alle 100 Jahre vorkommt.

Vor allem soll er wieder natürlich aussehen – mit einem geschlängelten Verlauf, einen bepflanzten Böschung und damit ohne die mittlerweile auf diesem Abschnitt bereits entfernten Sohleschalen aus Beton, an deren Stelle jetzt Kokosmatten getreten sind, an denen sich Pflanzen festkrallen können und die im Laufe der Zeit verrotten werden. Entlang der Siedlung soll es direkt am Bach keinen Fußweg geben. „Viele Anwohner wollen das nicht direkt an ihrem Grundstück, darauf nehmen wir Rücksicht.“ Aber entlang des derzeit ausgebauten Regenrückhaltebeckens jenseits des Radwegs soll es einen Weg geben, von dem aus Blicke möglich sein sollen. Indes: Aus Sicherheitsgründen wird das Becken von einem Zaun begrenzt sein.

Vor- und Nachteile, positiver oder negativer Beigeschmack? Ein endgültiges Bild werden sich Anwohner und Interessenten Ende des Jahres oder Anfang 2013 machen können. Dann wird der Bauabschnitt fertig sein und die Emschergenossenschaft wie schon an der Stelle zum „Tag des offenen Kanals“ einladen.