Marl.
Mehr Klasse oder mehr Masse? Ein Gutachten „Handlungskonzept Wohnen“ zeigt jetzt den Weg: Weniger Neubaugebiete und mehr passgenaue Angebote, weniger Neubauten und mehr Investitionen in die Modernisierung. Auf diese Weise soll sich Marl der schrumpfenden Einwohnerzahl anpassen: Bis 2025 auf rund 80 000.
Die Bochumer InWIS Forschung & Beratung GmbH hat auf 108 Seiten den Marler Wohnungsmarkt analysiert. Die einstündige Vorstellung während einer gemeinsamen Sitzung dreier Ratsausschüsse erforderte von den Mitgliedern ein hohes Maß an Konzentration. Eine Unmenge von Zahlen und Empfehlungen überflutete sie.
Der Bedarf an Wohnungen wird weiter zurückgehen, vor vier Jahren gab es schon 850 Wohnungen zu viel und zahlreiche Lehrstände. Andererseits werde in einigen Bereichen der Bedarf nicht abgedeckt. Empfehlung der InWIS-Expertin Janine Constant: Neubau von 1580 Wohnungen bis 2025. Gleichzeitig sollen vorhandene Wohnungen modernisiert oder abgerissen werden, um dort neue, qualitätsvolle Wohnungen zu schaffen. Aber man dürfte nicht „unbegrenzt Wohnungen auf den Markt schmeißen“, so Janine Constant.
Bedarf gebe es an Mietwohnungen für Singles (zu bezahlbarer Qualität), größere Wohnungen für Familien und Paare (mit mittlerem Einkommen), Mietshäuser für Familien, die mobil bleiben wollen. Einen wachsenden Markt wird es für altersgerechte Wohnungen geben. Nicht zuletzt, weil die Zahl der jungen Alten („Best Ager“ von 50 bis 65), der Senioren (65 bis 75) und Hochaltrigen (ab 75) deutlich zunimmt. Für den Mietwohnungsmarkt empfiehlt das Gutachten jährlich 14 neue freifinanzierte Wohnungen, Tendenz abnehmend. Beim öffentlich finanzierten Wohnraum werden jährlich 30 bis 35 Wohnungen angeraten – Miet- und Reihen-Eigenheime, kleine Wohnungen für Singles, Paare und Senioren.
Marl hat allerdings ein Problem: Hohe Bodenpreise führten laut Gutachten zu einem Rückgang bei der Nachfrage nach Grundstücken für frei stehende Eigenheime. Das sieht auch Bürgermeister Werner Arndt. Und er schließt ein anderes Problemfeld an: Der Mietspiegel sei zu hoch, Marl müsse über eine Überarbeitung nachdenken.
Die Untersuchung, die von Stadtentwickler Helmut Cepa aus der Stadtverwaltung begleitet wurde, wird am Ende sogar ganz konkret: Bis 2015 sollten die Flächen der Aloysius- und der Haardschule sowie das Volksparkstadion für eine Bebauung vorbereitet werden. Bis 2020 das Gerhard-Jüttner- und das Jahnstadion sowie die Gartenstadt und die Breewiese (Hüls-Süd). Nicht dabei ist der Bohlen-Park in Sinsen, der von der CDU favorisiert wird. „So, wie es in der Diskussion ist, kann es nicht empfohlen werden“, folgert Bürgermeister Arndt.
Das untersuchende Institut kennt die Marler Verhältnisse übrigens längst. Vor acht Jahren erstellte es eine Analyse im Auftrag von Viterra. Ein Vergleich zeigt: Die Voraussagen haben sich verändert, die Handlungs-Empfehlungen jedoch nicht. 2004 wurden für Marl geringfügige Bevölkerungsverluste vorausgesagt. Der Trend hat sich verschärft.