Ruhrgebiet. Der Dortmunder Hauptbahnhof wurde für 23 Millionen Euro renoviert - aber hinter der schicken Eingangshalle beginnt eine trostlose Zeitreise ins Baujahr 1952. Die Wandfliesen sind gelb, die Bodenplatten verbraucht. Wo ist das Geld geblieben?
Motive aus der Arbeitswelt zieren die Fenster des Empfangsgebäudes von Dortmund Hauptbahnhof, einen Bierbrauer erkennt man da unter anderen und einen Stahlarbeiter, aber einen Gleisbauer suchte man vergebens. Und das ist nur logisch: Denn nach der Welle der Modernisierung der großen Hauptbahnhöfe im Ruhrgebiet bleibt Dortmund trostlos zurück.
Sie haben die Empfangshalle für 23 Millionen Euro erneuert, sie ist nun hell und modern und bietet Läden mehr Platz – Grund genug für eine kleine Eröffnungsfeier Mitte Juni. Doch was hinter der Halle beginnt, ist einfach nicht besser zu beschreiben als in den brieflichen Worten der SPD-Bundestagsabgeordneten Ulla Burchardt: „Was ... gefeiert wurde, ist die Verschönerung der Eingangshalle einer Bruchbude.“
Denn nach den 40 Schritten, mit denen die Eingangshalle durchquert ist, beginnt, was die Bahn den „Verkehrskörper“ nennt: Fußgängertunnel, Bahnsteige, Gleise. Es ist wie eine Zeitreise ins Baujahr 1952 – nur war damals alles neu. Der Grund für den Stillstand: Seit 1996 sollte der Hauptbahnhof als Einkaufszentrum neu erfunden werden, das hieß erst „Ufo“ und dann „3DO“, aus beidem wurde nichts; doch in Erwartung des einen großen Fortschritts waren die kleinen, Substanz erhaltenden Schritte unterlassen worden. Nun sind die Bodenplatten braun und verbraucht, die Wandfliesen schmutzig gelb. Aufzüge, Rolltreppen, Kofferbänder – was mag das sein? Weitgehend Fehlanzeige hier. „Ich glaub’, das sah schon so aus, als ich Kind war“, sagt Marion Jabsen, die Verkäuferin im „Fisch-Im-Biss“: „Es wird viel darüber diskutiert, wo das Geld geblieben ist. Das versteht niemand.“
Dortmund Hauptbahnhof oder: Wie wenig man verändern kann mit 23 Millionen. In dieser Burchardtschen Bruchbude scheinen selbst die Reklamen in ihren Schaukästen zynisch: Es wirbt das Theater für „Stadt ohne Geld“ und „Heimat unter Erde“, und über Luftbildern von Osnabrück steht ein boshaftes „Osnabrück. Auch von unten schön“.
Das wirkt um so krasser, als die meisten anderen großen Bahnhöfe im Ruhrgebiet durcherneuert sind. Oberhausen, Bochum, Wanne-Eickel gingen noch auf das wohltuende Konto der „Internationalen Bauausstellung Emscherpark“ der 1990er-Jahre, danach folgte Gelsenkirchen; Essen profitierte von der Kulturhauptstadt, Duisburg in geringerem Maße auch; auch dort bekam wenigstens die Empfangshalle neuen Schliff. Und Witten ist privatisiert, zwei Unternehmer wollen ihn herausputzen – zu sehen ist freilich noch nichts.
Für Dortmund hingegen ist der Fortschritt ein vager Plan. „Der Umbau der Verkehrsstation ist abhängig von der RRX-Planung“, sagt Bahnsprecher Udo Kampschulte. RRX, das ist der „Rhein-Ruhr-Express“, der sozusagen zügig die Großstädte verbinden soll. Irgendwie, irgendwann, denn weder Planung noch Finanzierung noch Gleisführung stehen fest, und damit geht es auch in Dortmund nicht weiter.
Vor dem unglücklichen Hauptbahnhof, der eh von außen merkwürdig klein wirkt für so eine große Stadt, steht ein schwarzer Kubus. Darauf: „Projekt 2014. Hier entsteht das DFB-Fußballmuseum.“ Es wird vermutlich nicht nur den Bahnhof mühelos architektonisch und ästhetisch überholen. Es wird dann auch, sagen Spötter, wahrscheinlich für den Bahnhof gehalten.