Essen. Ganze Wohnviertel an Rhein und Ruhr sollen auf der Kippe stehen. Mieterschützer und kommunale Gesellschaften der Region schlagen Alarm: Die Immobilienriesen sollen ihre Bestandspflege vernachlässigen. „Es gibt Siedlungen, in denen es schon echt schlimm aussieht“, stellt ein Sprecher des Mieterforums Ruhr fest.

Mieterschützer und kommunale Wohnungsgesellschaften der Region schlagen Alarm: Ganze Wohnviertel stehen ihrer Darstellung nach auf der Kippe. Grund sei die mangelnde Investitionsbereitschaft privater Immobilienriesen, die in der Hand von Finanzinvestoren sind. „Es gibt Siedlungen, in denen es schon echt schlimm aussieht“, warnte Aichard Hoffmann, Sprecher des Mieterforums Ruhr, im NRZ-Gespräch.

„Es wird nicht mehr ausreichend investiert, um den Bestandsverzehr aufzuhalten“, mahnte Dirk Miklikowski, Vorstandsmitglied von WIR, einem Bündnis kommunaler Wohnungsfirmen im Ruhrgebiet. Während die WIR-Unternehmen jedes Jahr 25 Euro und mehr pro Quadratmeter für Instandhaltung und Modernisierung aufwendeten, erreichten die Investitionsquoten bei Unternehmen mit Kapitalinvestoren als Eigner oftmals nicht einmal zehn Euro. Die Entwicklung sei „bedenklich“, sagt Miklikowski, der auch Vorstand der Essener Wohnungsgesellschaft Allbau AG ist. „Das strahlt in unsere Lagen aus.“

WIR steht für rund 80 000 Wohnungen zwischen Duisburg im Westen und Dortmund im Osten. In einigen Wohnvierteln werde es immer schwieriger, Stabilität zu sichern, klagt Miklikowski. „Wir können es nicht retten, wenn andere nicht mitmachen.“ Früher habe es eine gemeinsame Verantwortung in der Wohnungswirtschaft gegeben. „Heute stehen wir sehr häufig allein auf weiter Flur.“

Deutsche Annington: stehen zu sozialen Verantwortung

Ein Sprecher des bundesweit größten Wohnungsunternehmens Deutsche Annington (190 000 Wohnungen) betont hingegen, man stehe zu seiner sozialen Verantwortung. Annington steigert seine Investitionen in Modernisierung und Instandhaltung nach eigenen Angaben 2011 gegenüber dem Vorjahr um elf Prozent. Die Investitionen entsprächen 16 Euro pro Quadratmeter. „Mit unseren Modernisierungen steigern wir nicht nur den Wert unserer Wohnungen, sondern leisten auch einen Beitrag zur Verbesserung des Stadtbildes“, hatte Unternehmenschefs Wijnand Donkers unlängst betont.

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Eine Sprecherin der ehemals landeseigenen LEG sagte: „Wir versuchen, alle unsere Viertel zu stabilisieren.“ Die LEG (90 000 Wohnungen) hat ihre Investitionen in Modernisierung und Instandhaltung nach eigenen Angaben 2010 erhöht: Im Durchschnitt seien 13,87 Euro pro Quadratmeter aufgewendet worden.

LEG wegen einer umstrittenen Mietererhöhungspraxis in der Kritik

Konzerne und öffentliche Hand hatten riesige Wohnungsbestände verkauft. Seither besitzen allein die drei Finanzinvestoren Terra Firma, Fortress und Whitehall über die Immobilienriesen Deutsche Annington, Gagfah und LEG insgesamt fast 450 000 Mietwohnungen in Deutschland. Ein Schwerpunkt: die Rhein-Ruhr-Region.

Deren Strategien zum Ausstieg über einen Wiederverkauf binnen weniger Jahre funktionierten aber inzwischen nicht mehr, sagte Mietervertreter Hoffmann. Die Lage der Investoren verschärfe sich: Kredite, über die die Wohnungskäufe bezahlt worden seien, würden in den nächsten Jahren fällig.

Um die Renditeerwartungen der Eigner zu erfüllen, sei versucht worden, die Kosten zu drücken und die Mieteinnahmen zu steigern. So habe die Gagfah zeitweise weniger als acht Euro pro Quadratmeter pro Jahr in den Bestand investiert. Die LEG stand Anfang des Jahres wegen einer umstrittenen Mietererhöhungspraxis in der Kritik.