Erkrath/Mettmann..

Zweimal war das Jugendamt in der Vergangenheit in der Familie des getöteten Jungen aus Erkrath. Anhaltspunkte für eine Gefährdung der Kinder hätten sich nie ergeben, so die Stadt.

Was für ein Klotz von Trostlosigkeit! Acht Stockwerke hoch, bestimmt 50 Meter lang, zwei Treppenhaustürme vorgebaut; 64 Wohnungen wurden hier aufeinandergestapelt im grauesten Stil der 70er-Jahre. Hier, im Eichendorffweg am Rande von Erkrath, ist ein zweijähriger Junge so gequält worden, dass er starb; Daniel hieß er, sagen Nachbarn.

Was der Kindstötung voraus ging, man weiß es noch nicht. Nur soviel: Der Freund der Mutter hatte die Feuerwehr alarmiert, man habe ein bewusstloses Kind. Sanitäter finden den Jungen leblos, Wiederbelebungsversuche über 35 hektische Minuten bleiben erfolglos. Was die Helfer aber auch sehen, sind viele Verletzungen, frische und ältere. Udo Moll, der Leiter der Mordkommission aus Mettmann, wird das später so beschreiben: „Zahlreiche Blutergüsse am gesamten Körper, am Kopf, an allen Extremitäten und eine großflächige Verbrühung am Rücken.“ Da hat die Düsseldorfer Rechtsmedizin bereits die Todesursache ermittelt: innere Blutungen im Bauch, vermutlich nach Schlägen und Tritten.

Unter dem Verdacht des Totschlags sind am Donnerstag die 31-jährige Mutter und ihr 22 Jahre alter Freund verhaftet worden, zwei Russlanddeutsche, die erst seit März hier wohnen; mit den Eltern der Frau in der Wohnung nebenan. In den ersten Vernehmungen weisen Mutter und Freund jede Schuld von sich: Daniel habe sich selbst verletzt, sei oft gestürzt, viel gefallen. Später in Einzelverhören gehen die beiden dazu über, einander zu beschuldigen.

Kein Hinweis auf Gefahr

Die anderen Kinder der Frau, drei Mädchen von 8 Jahren, zehn und zwölf, nimmt das Jugendamt der Stadt an sich. Denn „die Verwandten hätten die Verletzungen eigentlich bemerken müssen“, sagt Moll, der Polizist. Zweimal hatte das Jugendamt Kontakt zur Mutter, 2008 wegen eines verstauchten Fingers der ältesten Tochter und dann im letzten April, weil sie Probleme in der Schule hatte. Beide Male habe es „nicht auch nur ansatzweise“ Hinweise auf eine Gefahr für die Kinder gegeben, sagt Jugendamtsleiter Uwe Krüger: Man sei nun „tief betroffen und traurig über den Tod des Jungen“.

Nachbarn stehen vor dem grauen Klotz im Eichendorffweg, sie diskutieren. Einige haben zunächst den Krankenwagen gesehen, der vorfuhr, später den Leichenwagen, „da war ich baff“, sagt eine junge Frau. Das Haus gilt als sozialer Brennpunkt, die Flure sind verdreckt, Briefkästen teilweise ausgerissen, Graffiti an die Wände gesprüht: „Black dragon“ steht da oder „Der Killa ist back“. „Hier wohnen viele, die nirgendwo anders hin können“, sagt ein Bewohner: „Hätte ich das Geld, wäre ich eine Sekunde später weg.“