Marl richtet „Fluchtpunkte” im Stadtgebiet ein. Das sind Geschäfte, die bereit sind, Kindern zu helfen – wenn nötig

Marl. Die „Notinsel” soll jetzt endlich eingerichtet werden. Zwei Rats-Ausschüsse bekräftigten eineinhalb Stunden lang in Mal-Hamm die Notwendigkeit von Anlaufstellen für Kinder und wurde dabei von einem Mitarbeiter des Jugendamtes Bochum bestärkt, wo es schon fast 400 „Fluchtpunkte” für Kinder gibt. Jetzt endlich, so das Ende der Diskussion, soll die Verwaltung ein Konzept für die praktische Umsetzung erstellen.


Franchise-Nehmer

„Notinseln”, das sind Geschäfte, die bereit sind, Kindern zu helfen, wenn diese Hilfe benötigen. Sie signalisieren das mit einem Aufkleber am Schaufenster. Eine Handlungsanweisung im Laden weist die regionale Notrufnummer aus und erläutert den Mitarbeitern, was im Notfall zu tun ist. Die „Notinsel” ist eine Initiative der Stiftung „Hänsel + Gretel”. Die Städte sind Franchise-Nehmer.

Vor fast zwei Jahren fiel die Entscheidung in Marl: Eine gute Idee. Der Stadtjugendring, von dem die Anregung kam, sollte sie umsetzen. Doch er war der organisatorischen Aufgabe nicht gewachsen, sie landete schließlich wieder beim Ausschuss für Kinder/Jugend/Familie.

Seitdem tauchten eine Reihe von Fragen auf: Soll Marl einen eigenen Weg gehen oder sich an die Organisation anschließen, die schon bundesweit aktiv ist? Was kostet das und wer bezahlt das? Sollte man auch Senioren mit in diesem Netzwerk schützen?

Bochum (das übrigens ein eigenes „Kinderbüro” hat), hat seit sechs Jahren Erfahrungen gesammelt, 13 Fälle sind bekannt, in denen geholfen werden konnte. Dort hat man den VfL, die Sparkasse und die Stadtwerke als Sponsoren gewinnen können.

In Marl hat am Dienstagabend die Sparkasse Vest ebenfalls signalisiert, sich zu engagieren. Und die Awo hat schon vor einiger Zeit ihre Bereitschaft erklärt, mit eigenem Personal in der Startphase dabei zu sein.

Deshalb die Entscheidung, in Marl-Hamm mit dem Projekt zu beginnen, wo die Awo besonders engagiert ist. An dieser Stelle scheiterte auch die CDU mit ihrer Frage, ob man nicht gleich flächendeckend im ganzen Stadtgebiet loslegen solle. Schließlich sei die Stadtmitte von dem Thema weit mehr betroffen. Doch für so einen breiten Start fehlen die Partner.


Es fehlen Partner

Und das Geld. Trotz mehrfacher Nachfrage konnte in der großen Ausschussrunde nicht ermittelt werden, was da an Kosten zu erwarten sind. Die Frage der CDU, ob man es nicht selber in die Hand nehmen solle (und damit günstiger machen könnte), bezweifelten Peter Wenzel (Vorsitzender des Ausschusses für Kinder/Jugend/Familie) ebenso wie Werner Arndt (Vorsitzender des Sozialausschusses). Es sei günstiger, auf das Konzept der „Notinsel” zurückzugreifen.

Und wie sich zeigte, geht es auch gar nicht anders. Denn schon längst ist ein Vertrag abgeschlossen worden. Nur weil die Stadt noch keine Leistung in Anspruch genommen hat, musste sie die 1000 Euro (laut Vertrag) auch noch gar nicht zahlen.

Um nicht noch viel Zeit zu verlieren, bis der neue Rat und seine neuen Ausschüsse beschlussfähig sind, signalisierten die Noch-Ausschüsse, dass es nun endlich losgehen solle. Übrigens ohne den Zusatz „und Senioren”. Die hätte man vorher mal fragen sollen, kam der berechtigte Einwand. Und das bundesweite Konzept für Marl umzumodeln, hielten die Entscheider dann doch für keine gute Idee.