Duisburg.. Erst nach dem Oberbürgermeister-Wechsel von Adolf Sauerland zu Sören Link fand die Duisburger Stadtspitze die richtigen Worte zur Loveparade-Katastrophe. Unverständnis gibt es aber weiterhin für die lange Zeit bis zum Prozess. Und Kritik an der Auswahl der Angeklagten. Ein Resümee.
Schon wenige Tage nach der Loveparade-Katastrophe war ein Riss spürbar, der durch Duisburg ging. OB Sauerland solle zurücktreten, forderten die einen. Er könne bleiben, solange man ihm keine Schuld nachweisen könne, meinten die anderen. Die Mehrheit der Wähler entschied sich im Februar 2012 gegen den CDU-Politiker: Sauerland wurde abgewählt.
„Die Abwahl war für uns ein bewegender Moment. Wir sind den Bürgern dafür zutiefst dankbar“, sagt Jörn Teich, Vorsitzender der Betroffenen-Initiative LoPa 2010. Der Abwahl war ein breites Abrücken von der Stadtspitze vorangegangen. Unternehmen gingen Zusammentreffen mit Sauerland aus dem Weg, Gewerkschafter boykottierten den Arbeitnehmerempfang am Vorabend des 1. Mai, bei der Personalversammlung der Stadt gab’s Pfiffe für den obersten Chef.
Plötzlich alles genau genommen
Karnevalisten und Chöre gehörten zu denen, die plötzlich eine andere Verwaltung erlebten. Brandschutz, Fluchtwege – traditionelle Veranstaltungen standen vor dem Aus, weil alles ganz genau genommen wurde. Für die Genehmigung einer Katzenausstellung in der Eishalle wurde per Gutachten der Brennwert der Katzen berechnet.
Mit dem Amtsantritt von Sören Link im Juli 2012 änderte sich die Stimmung. Ganz oben stand bisher Versäumtes. Er suchte den Kontakt zu den Angehörigen der Opfer, er fand die richtigen Worte: „Ich bitte um Entschuldigung für das unfassbare Leid, das in dieser Stadt geschehen ist und für immer mit ihr verbunden sein wird“, sagte er zum zweiten Jahrestag der Katastrophe, und zum dritten Jahrestag war die Gedenkstätte am Unglücksort fertig – auch wenn sie beengter ausfiel, als es sich Hinterbliebene und Betroffene gewünscht hatten.
Die Stadt begann, ihre Lähmung zu überwinden. Unverständnis gibt es aber weiterhin für die lange Zeit bis zum Prozess. Und Kritik an der Auswahl der Angeklagten: „Die Hauptverantwortlichen sind nicht die Sachbearbeiter, sondern die Chefs“, klagt Edith Jakubassa, deren Tochter (21) starb – Veranstalter Schaller und Sauerland.
Opfer gibt es auch unter denen, die überlebt haben. Viele Traumatisierte kämpfen vergeblich um Hilfe und Anerkennung ihrer Erkrankung: „Wenn es nachts ruhig wird“, sagt Jörn Teich, „fangen die Stimmen im Kopf an, laut zu werden.“