An Rhein und Ruhr.. Verkürzte Ausbildungszeit, weniger Schüler: Besonders an Gymnasien in Nordrhein-Westfalen sehen die Job-Chancen für angehende Lehrkräfte momentan düster aus. In diesem Jahr prallen viele ungünstige Voraussetzungen aufeinander. An Berufskollegs und bei Mängelfächern sieht das Ministerium aber weiterhin gute Möglichkeiten.

Zehn Mal ist sie zum Gespräch herausgefahren. Und zehn Mal hagelte es eine Absage. Daniela Witt hatte ihre Lehrerausbildung Anfang 2012 mit dem Referendariat abgeschlossen – ihre Fächerwahl fiel auf Spanisch und Pädagogik. Note: 1,4; Festanstellung: keine. Die 29-jährige Krefelderin hält sich seitdem mit Vertretungs-Jobs über Wasser, empfindet das als „ein Hin und Her“, wie sie sagt. „Frustrierend!“

Hunderte, wenn nicht gar Tausende junge Lehrer stecken momentan in einer ähnlichen Lage. Nach Angaben des nordrhein-westfälischen Schulministeriums werden am Ende des Jahres an Rhein und Ruhr um die 11 000 angehenden Lehrer ihr Referendariat abgeschlossen haben – rund 6000 davon mit dem Schwerpunkt Gymnasium/Gesamtschule. Besonders an Gymnasien wird es aber eng für sie.

Eine Verkettungunglücklicher Umstände

„Wir haben seit Jahren auf diese Entwicklung hingewiesen“, sagt eine Sprecherin des NRW-Schulministeriums. Denn im Jahr 2013 kommt es für angehende Lehrer besonders dicke: Zunächst einmal strömen ganz einfach mehr Absolventen als in den Vorjahren auf den „Markt“. Die Ausbildungszeit im Referendariat ist seit Ende April um sechs Monate verkürzt – „dieses Jahr sind deshalb viele fertig“, sagt Berthold Paschert, Sprecher der Bildungsgewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Faktor zwei: Der doppelte Abiturjahrgang. Er sorgte bis 2013 für einen erhöhten Bedarf an Lehrern – jetzt allerdings haben die Schüler ihr Abitur absolviert und die Zahl der benötigten Lehrer sinkt abrupt. Schüler- und Lehrerzahlen sind aneinander gekoppelt – zwangsläufig müssen sie im nächsten Schuljahr sinken. „Wir gehen davon aus, dass es sich um ungefähr 2000 Stellen handelt, die nicht wieder besetzt werden“, sagt Paschert.

Durch den demografischen Wandel – weniger Geburten, länger lebende Ältere – nimmt der Lehrerbedarf zukünftig ohnehin ab. „Nicht jede Stelle wird wiederbesetzt“, prognostiziert der Gewerkschafter. Das Ministerium weist zudem darauf hin, dass die Zahl der Berufsaustritte in Zukunft rückläufig sein wird. In den vergangenen Jahren hätten bereits viele junge Kollegen an den Schulen angefangen.

Vielen bleibt deshalb nur der Weg in die Vertretungs-Jobs. Die Mittel hierfür wurden vom Land nach Gewerkschaftsangaben allerdings gerade erst gekürzt – und wer gar keine Arbeit findet, stürzt möglicherweise direkt in Hartz IV. „Referendare sind Beamte auf Widerruf“, so Gewerkschafter Paschert, „sie haben keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I.“ Für viele Berufseinsteiger sei das ein Schock.

Chancen bei Mängelfächernund Stellen an Berufskollegs

Keine guten Aussichten also für Daniela Witt und ihre „Leidgenossen“. Nach Ministeriums-Angaben soll die Entwicklung an Gymnasien aber „etwas aufgefangen werden“, mit 1000 zusätzlichen Stellen („Einstellungskorridor“).

Ein bisschen Mut kann GEW-Sprecher Paschert angehenden Lehrern aber dennoch machen. Und auch das Schulministerium bestätigt: In Mangelfächern wie Englisch oder Informatik seien die Einstellungschancen auch an Gymnasien noch gut. Für Berufskollegs spricht das Schulministerium gar von „hervorragenden Einstellungschancen“.

Für diese Schulform möchte Daniela Witt sich deshalb jetzt auch bewerben. „Mir macht der Job Spaß“, bekräftigt die 29-Jährige. Sie hofft noch immer auf eine unbefristete Anstellung. Zur Not wäre sie dafür auch in ein anderes Bundesland gezogen – doch aus persönlichen Gründen möchte sie NRW derzeit nicht den Rücken kehren.

Denn: Dass die Stellensuche auch erfolgreich sein kann, wird ihr jeden Tag deutlich. Witts Partner ist ebenfalls Lehrer – verbeamtet und in Festanstellung.