An Rhein und Ruhr.. Mit der App „Too Good To Go“ können Restaurants und Einzelhändler ihre Reste anbieten. Auch an Rhein und Ruhr gibt es immer mehr Nutzer.
Mittags- und Abendbüffet, Barbecue-Grill, Mongolischer Grill und à la Carte – das Angebot im Duisburger Restaurant Königtum ist üppig. Doch gerade bei den Büffets bleiben viele Reste und landen in den Mülltonnen im Hinterhof. Zwei Mal pro Woche werden die 13 Tonnen geleert – und sind dann randvoll.
Ob Gastronomie oder Einzelhandel: wo es frisches Essen gibt, bleiben Reste. Das lässt sich auch durch gutes Kalkulieren nicht vollends verhindern. Doch die Zahlen sind dramatisch: einer aktuellen Studie des WWF zufolge landen in Deutschland jährlich über 18 Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll.
Ein Start-up aus Dänemark will das ändern und gewinnt auch in Deutschland an Bekanntheit: über die App „Too Good Too Go“ können Geschäfte ihre Reste zu reduzierten Preisen verkaufen.
Seit Juli ist auch das Königtum bei Too Good To Go registriert. Jeden Tag zwischen 14.40 und 15 Uhr können sich Nutzer der App Reste vom Mittagsbüffet abholen. Für einen Teller zahlen sie dann 3,90 Euro. Götz Ruhkopf hat mit seinem Smartphone drei Portionen bestellt. Der Referendar aus Moers nutzt die App gemeinsam mit seiner Freundin. In Moers haben sie schon häufiger Reste in einem Sushi-Restaurant gekauft, jetzt ist zum ersten Mal das Königtum dran. Der 30-Jährige hat reichlich Tupperdosen mitgebracht: „Es ist mir wichtig, dass ich nicht nur Essen rette, sondern auch unnötigen Verpackungsmüll vermeide.“
Erfolgreicher Auftritt in TV-Sendung „Die Höhle der Löwen“
Während sich die Nutzer von Too Good To Go im Königtum am Büffet bedienen, holen sie anderswo extra vorbereitete Tüten ab. In der Bäckerei Cölven in Düsseldorf zum Beispiel, wo abends die Mitarbeiter das übrig gebliebene Gebäck auf mehrere Tüten verteilen.
Die Kunden wissen bei der Bestellung nicht, was sie später mit nach Hause nehmen. „Neben Sparen und Essen Retten ist der Überraschungseffekt für Viele ein weiterer Anreiz, über Too Good To Go zu bestellen“, meint Janika Derksen, die Tochter der Bäckerei-Inhaber.
Aktuell nutzen die App nach Angaben des Unternehmens deutschlandweit mehr als 850 000 Menschen. Etwa 2000 Geschäfte sind registriert. Zur wachsenden Bekanntheit trug auch ein Auftritt der Unternehmer in der TV-Sendung „Die Höhle der Löwen“ bei. In der Show präsentieren sich Firmengründer fünf potenten Geldgebern, die bei Interesse in die Start-ups investieren können.
„Too Good To Go“ bringt Abwechslung ins Stadtbild
Für Too Good To Go schlossen sich die Investoren sogar zusammen und gaben ein gemeinsames Angebot ab. Am Ende platzte der Deal dennoch – zu schnell war die App zwischen Aufzeichnung und Ausstrahlung der Show gewachsen. Die Einnahmequelle des Unternehmens ist simpel: pro Bestellung führen die Geschäfte einen Euro an Too Good To Go ab.
In der Bäckerei Cölven sind vier Papiertüten mit dem Logo der App bis fast zum Rand gefüllt. Drin gelandet sind Brot, Brötchen und süße Teilchen. An manchen Tagen kommen saisonale Spezialitäten dazu, Weihnachtsplätzchen zum Beispiel, oder belegte Brötchen. „Das Angebot ist ideal für Studenten. Es sind so viele Sachen in der Tüte, dass man in der WG teilen kann“, sagt Janika Derksen.
Aber auch Alleinwohnende kommen vorbei. Sie frieren einen Teil der Sachen ein, oder teilen mit Kollegen auf der Arbeit. So wie Daria Fandeew. Der 28-Jährigen kommen Angebote wie Too Good To Go gerade recht: eine BAföG-Rückzahlung wird in diesen Tagen fällig.
Janika Derksen sieht auch einen sozialen Effekt, der von der App ausgeht. Denn durch das Angebot kämen immer wieder auch alternative junge Menschen in die Bäckerei, die man im bürgerlich geprägten Stadtteil Düsseltal eher selten sieht. „Das bringt Abwechslung ins Stadtbild“, freut sie sich.
Ziel: Globale Community gegen Essensverschwendung
Fünf Kilometer von der Bäckerei entfernt, in Düsseldorf-Gerresheim, bietet die Metzgerei Springwald Reste vom Mittagstisch an. Täglich wechselnd gibt es deftige Klassiker wie Gulasch, Hackbraten oder Hühnerfrikassee. Inhaber Karl-Heinz Springwald hat ein Auge für den täglichen Bedarf, plant den Mittagstisch so, dass kaum etwas übrig bleibt. Auf den Teller genau klappt das freilich nicht.
Bevor er vor acht Jahren sein eigenes Geschäft gegründet hat, arbeitete Springwald bei einem großen Einzelhändler, unter anderem als Einkäufer. „Da habe ich jahrelang für vernünftiges Disponieren und weniger Lebensmittelmüll gekämpft – letztlich ohne Erfolg.“ Um so mehr freut sich der Metzger, dass er heute sein Angebot nach eigenem Ermessen planen kann. Und für die Reste gibt es Too Good To Go.
Das Wachstum der App dürfte weiter anhalten. Dafür spricht, dass sich auch in kleineren Städten die ersten Geschäfte registrieren, etwa in Kleve, Dinslaken oder Kamp-Lintfort. Die Pläne des Unternehmens gehen derweil weit über Deutschland hinaus: Ziel sei eine globale Community gegen die Essensverschwendung, schreibt Too Good To Go auf seiner Internetseite.
>>> SCHON FÜNF MILLIONEN MAHLZEITEN GERETTET
Too Good To Go gibt es mittlerweile in acht europäischen Ländern. Auch der Einstieg in den US-amerikanischen Markt ist bereits in Planung.
Nach Angaben des Unternehmens konnten mit Hilfe der App europaweit schon fünf Millionen Mahlzeiten gerettet und dadurch 10 000 Tonnen CO2 eingespart werden.
Die App ist kostenlos im Google Play Store erhältlich.