Ruhrgebiet. 300.000 Menschen sollen die Extraschicht besucht haben. Damit wäre der Rekord eingestellt. Im nächsten Jahr kommt ein kleines Jubiläum hinzu.

Im Vorhof von Zollverein machen sie, dass Menschen schweben. Die Firma „Lufttanz“ übernimmt zwar keine Haftung für verlorene Wertgegenstände, gleichwohl aber lässt sie die Leute auf einem Sitz unter einem Heliumballon in zwölf bis 15 Meter Höhe aufsteigen. Eine Eins-Mann-Übung in Leichtigkeit des Seins. Und die ist ja eigentlich auch immer ein Thema der ganzen Extraschicht: Ruhrgebiet, entspann’ dich mal.

Es ist die eine Nacht, in der das Ruhrgebiet anmacht, und nicht nur seine roten, gelben oder blauen Lichter. 50 Spielorte an diesem Wochenende, in 24 Städten zwischen Moers und Hamm; 300.000 Besucher wird der Veranstalter „Ruhr Tourismus“ noch in der Nacht verkünden, und sein Geschäftsführer Axel Biermann wird die unfassbaren 300.000 mit einem souveränen „wieder“ schmücken.

Vom Nordsternturm ein tiefer Blick ins Ruhrgebiet

Auch wieder dabei: die Zeche Hannover in Bochum.
Auch wieder dabei: die Zeche Hannover in Bochum. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Was half? Das Sommerwetter – aber gefühlt hat die Nacht der Industriekultur ja immer Tropenhitze oder Tropenregen. Diesmal also: Puuh! Erfahrene Besucherinnen behelfen sich in schweißtreibender Lage mit Sektfläschchen, die sie zuvor in Alu eingewickelt haben.

Besucher stürmen den Nordsternturm in Gelsenkirchen, den mit dem Herkules auf dem Dach; sie schauen vom 16. Stock aus tief ins Ruhrgebiet: Extrasicht! Sie kaufen auf Zeche Nachtigall in Witten alte Grubenlampen beim Ex-Bergmann Wolfgang Dudek, dem sie nun aber so langsam ausgehen – und Nachschub ist aus naheliegenden Gründen immer schwerer zu bekommen.

Spielorte in Oberhausen liegen alle nah beieinander

Weiter, immer weiter. Sie flanieren in Oberhausen zwischen den drei Spielorten Gasometer, Schloss und Peter-Behrens-Bau, die angenehm nah beieinander liegen in karibischer Nacht. Sie drängeln sich im sensationellen Landschaftspark Duisburg-Nord, was dennoch ein bisschen schwer zu verstehen ist, denn hier ist ja an jedem Wochenende sozusagen Extralicht: leuchten Hochöfen und seine Hintersassen immer in rot, grün, blau.

Hier, da und da: Busse kurven, Leute warten, Menschen schauen. Akrobaten auf Jahrhunderthallen, Musiker vor Erzbunkern sieht man halt nicht so oft. Häufig zu hören: „Wir fahren jetzt da hin.“

Feuerwehrmuseum in Hattingen ist zum ersten Mal dabei

Oder auch: „Hier gibt es noch das.“ Und den Klassiker natürlich: „Wie lange steht man denn hier an?“ Aber irgendwie lohnt es sich dann fast immer.

Das Feuerwehrmuseum Hattingen ist zum ersten Mal dabei. Sie haben einen natürlich roten Faden gelegt, der die Leute durch die Ausstellung führen soll und hoffentlich ihr Interesse an Feuerwehr dauerhaft weckt. Da müssen die Kollegen nebenan in Essen nach Mitternacht auf Zollverein tatsächlich eingreifen, weil ein Ventilatorkühler brennt, ein mit Holz ausgeschlagener Betonbau. Nach dem Einsatz steht fest: Sachschaden, aber passiert ist eigentlich nichts. Das wäre ja auch noch schöner.

Die 20. Extraschicht geht am 27. Juni 2020 über die Bühne

Im Gästebuch von Zollverein steht am nächsten Tag zur letzten Nacht: „Großartig, spannend und informativ.“ Dem ist nichts hinzuzufügen. Ach, doch: Willkommen zur 20. Ausgabe am 27. Juni 2020! Es soll voll werden.