Essen.. Die Essener Messe präsentiert noch sieben Tage lang ein Sammelsurium an Verkaufsartikeln – etwa ein Sofortschneepulver für vier Euro.
An diesem Stand geben alle Händchen. Kuba Balach, der sympathische und tüchtige junge Mann drinnen, füllt mit einem Messlöffel ein ums andere Mal etwas weißes Pulver in die Hände der Staunenden, schüttet Wasser darauf – und binnen Sekunden wächst das bisschen Pulver auf drei Handvoll.
„Wahnsinn! Erst war es nass und dann sofort ganz trocken“, sagt Laura Gralla aus Essen. Pulvertrocken, sozusagen: das Sofortschneepulver der englischen Firma „Let it snow“. Nun lässt Frau Holle Gralla es schneien.
Vier Euro ein Döschen
Vier Euro ein Döschen. Man kann damit dekorieren oder beispielsweise unter Hinzufügung von Lebensmittelfarbe Weihnachtsmannfußstapfen legen. Damit gehört der künstliche Schnee, der alle zwei Wochen getränkt werden muss, mit Abstand zu den nützlichsten Dingen, die jetzt in der Essener Messe angeboten werden.
Dort ist für noch eine Woche die „Mode, Heim, Handwerk“ untergekommen, nach eigenen Angaben die größte Verbrauchermesse in NRW – „Messe für alles und nichts“ kann man aber genauso gut sagen.
Bibeln und Vibratoren
Kaufen Sie jetzt. Es gibt Angeln und Messer und Nudelrezepte, Universalsteine und Magische Chips, Insektenschutz, Sojasauce, Bügelgold, Bibeln und Vibratoren.
Armreifen aus dem Hause „Blink Blink“ fehlen ebenso wenig wie die sprichwörtlichen Staubsaugervertreter oder die unter ein Dach geholten Straßenverkäufer mit ihren wundersamen, ebenso pflege- wie kinderleichten Gemüsehobeln. „Brauchen Sie nicht zu bestellen. Kriegen Sie jetzt bei mir.“
Anstehen für Lebkuchen, anstehen für warme Füße
Man kann sich die Haare auf dem Kopf machen und an der Oberlippe entfernen lassen (damit kein Missverständnis entsteht: Wir sind nicht mehr bei den Gemüsehobeln), man kann anstehen um warme Füße und dann zur Osteoporose-Beratung weitergehen.
Die meisten stehen aber an beim Bahlsen-Fabrikverkauf, wie zu erwarten war, „Zehn Teile für zehn Euro“, hier herrscht weit mehr Betrieb als in der Gasse der Selbsthilfegruppen. Alles in allem: Eine Art Konzept dieser Veranstaltung ist nicht zu erkennen. Aber das ist im Leben ja genau so.
„Hier rechts durch Acht nach Zehn und Elf!“
Und die Leute? Gucken hier, bleiben da stehen, schleppen zusehends dicke Taschen, reden Messehallendeutsch: „Hier rechts durch Acht nach Zehn und Elf!“ – Da sind sie doch glatt in der Neun gelandet.
Und plötzlich ist Weihnachten! Gedämpftes Licht, roter Bodenbelag, es gibt vor allem Kerzen, Deko und Honig sowie Honig, Kerzen und Deko, einen überdimensionalen Baum in der Mitte und riesige Kugeln unter der Decke. „Schön. Man freut sich“, sagt Josie.
Erlebnistage bei den Gebirgsjägern
Steven, der Neunjährige, setzt sich lieber auf ein Motorrad. Aufschrift „Feldjäger“. Das ist jetzt erkennbar nicht mehr in der Weihnachtswelt, das ist beim Heer. Wo man beim „Quiz Auslandseinsätze“ mitraten kann, und wem Fragen wie „In welchem afrikanischen Staat unterstützt die Bundeswehr die Stabilisierungsmission Minusma?“ leicht von der Hand gehen, der kann Erlebnistage bei den Gebirgsjägern gewinnen.
So geht es immer weiter: Hat man sich gerade ein Bild gemacht, liegt es schon wieder in Trümmern. Wo gibt es das: Da vorn essen Leute Bratwurst, da hinten toben Kinder auf einer Hüpfburg, und über allem doziert ein hallenweit zu hörender Vortragender gerade darüber, dass „zu unterscheiden, ob es sich um eine Einblutung oder eine Durchblutungsstörung handelt, medizinische Ausbildung braucht“.
„Die große Messe für alle, die etwas erleben wollen“
Heute morgen von 10 Uhr an geht das so weiter. Sie haben etwas Besseres vor? Aber das hier nennt sich „die große Messe für alle, die etwas erleben wollen“. Haben Sie denn überhaupt schon mal einen Sofortschneepulvermann gebaut?
Im Rahmen der Messe kommt von nächstem Donnerstag bis Sonntag noch „NRW – Das Beste aus der Region“ hinzu.
Dort sind 80 Erzeuger, Hofläden und Schutzgemeinschaften vertreten, die regionale Lebensmittel herstellen und anbieten.