Bad Honnef.. Neue Vorwürfe gegen das Jugendamt im Fall der getöteten Anna: Über die Pflegeeltern der Neunjährigen habe es mehrfach massive Beschwerden gegeben, berichtete eine ehemalige Vermittlerin von Tagesmüttern. Die Pflegeeltern stehen zurzeit vor Gericht.
Im Fall des getöteten Pflegekindes Anna sind neue Vorwürfe gegen das Jugendamt Bad Honnef bekannt geworden. Nach Recherchen des WDR-Studios Bonn wurden die Pflegeeltern in den Jahren 2006 bis 2009 17 Mal von Familien abgelehnt, die eine Tagespflege für ihre Kinder suchten.
Das 51 und 52 Jahre alte Ehepaar aus Bad Honnef steht derzeit vor dem Landgericht Bonn, weil es die neunjährige Anna über Monate massiv misshandelt haben soll. Laut Staatsanwaltschaft wurde das Mädchen mehrfach gefesselt in der Badewanne unter Wasser gedrückt. Dabei war das Kind am 22. Juli vergangenen Jahres zu Tode gekommen.
Keine Zeit für Gespräche
Der WDR zitierte am Donnerstag auch eine ehemalige ehrenamtliche Vermittlerin für Tagesmütter. Ihren Angaben zufolge gab es in der Vergangenheit zahlreiche Beschwerden über die Pflegefamilie. Auch gab es massive Zweifel an der Eignung der Pflegeeltern. Das Jugendamt habe für Gespräche darüber aber keine Zeit gehabt, sagte die Betreuerin dem WDR. Sie selbst habe beim ersten Kennenlernen einen „katastrophalen Eindruck“ vor allem von der Pflegemutter gehabt. Diese sei „aufbrausend und aggressiv“ gewesen. Kinder habe sie nur „im absoluten Notfall“ dorthin vermittelt.
Die Pflegeeltern der ertrunkenen neunjährigen Anna stehen seit Montag erneut vor dem Bonner Schwurgericht. Die Anklage gegen das Ehepaar lautet weiterhin auf fortgesetzte Misshandlungen und Körperverletzung mit Todesfolge. Doch zu Neubeginn des Verfahrens erteilte das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft den rechtlichen Hinweis, dass auch eine Verurteilung wegen Totschlags oder Mordes nicht ausgeschlossen sei.
Wiederholt misshandelt
Die Staatsanwaltschaft geht weiterhin davon aus, dass Anna spätestens seit August 2009 von den Pflegeeltern wiederholt auf das Übelste misshandelt wurde. Laut Anklage sollen beide das Kind mehrfach und zum Teil gefesselt in der Badewanne unter Wasser getaucht haben. Allerdings hatten sich für die Staatsanwaltschaft ursprünglich keine Hinweise auf ein Tötungsdelikt ergeben.
Erst als ein Gerichtsmediziner im ersten Verfahren erklärte, Anna müsse aufgrund der Obduktionsbefunde mindestens drei Minuten unter Wasser gedrückt worden sein, forderte die Staatsanwaltschaft auch eine mögliche Verurteilung der Pflegeeltern wegen Mordes. Auf Antrag der Verteidigung der 52-jährigen Pflegemutter wurde der Prozess daraufhin am 28. Februar 2011 ausgesetzt. (dapd)