Marl/Essen. Die Grimme-Preis Nominierung für das Dschungelcamp hatte für viel Kritik gesorgt. Die Auszeichnung in der Kategorie “Unterhaltung“ gewann das RTL-Erfolgsformat aber nicht. Statt des Dschungelcamps gewannen ein “Switch-Reloaded“-Spezial zu “Wetten, dass..?“ und die NDR-Serie “Der Tatortreiniger“.
Das RTL-Dschungelcamp gewinnt keinen Grimme-Preis in der Kategorie "Unterhaltung". Die Auszeichnung gewannen hingegen das "Switch Reloaded"-Spezial zu "Wetten, dass..?" und - wie bereits 2012 - die NDR-Serie der "Der Tatortreiniger" mit Bjarne Mädel ("Stromberg").
Die Preisträger im Bereich Fiktion sind: "Der letzte schöne Tag" aus der ARD-Themenwoche "Das Leben mit dem Tod", das Justizdrama "Das Ende einer Nacht" (ZDF), das Entführungsdrama "Der Fall Jakob von Metzler" (ZDF) und das DDR-Endzeit-Epos "Der Turm" (ARD).
Katrin Sass ("Good Bye, Lenin!") dürfte es freuen, dass das quotenträchtige Dschungelcamp nicht mit einem Grimme-Preis ausgezeichnet wurde. In der ZDF-Show "Markus Lanz" mäkelte sie an der "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!"-Show rum, dann fuhr sie Ex-Dschungelkönig Peer Kusmagk an: "Dann geh doch nach Hause, wenn dir das zu blöd ist!" Es sei unglaublich, sich in eine Show zu setzen und zu sagen, man gehe erhobenen Hauptes aus dem Dschungelcamp raus.
Allein die Dschungelcamp-Nominierung sorgte für Aufruhr
Grimme-Direktor Uwe Kamman sah sich schon vor der Bekanntgabe der Gewinner zu einer außergewöhnlichen Rechtfertigung des Hauses genötigt und gab eine "Positionsbestimmung" ab. Der Streit um die "Dschungelcamp"-Nominierung sei in den tiefgreifenden gesellschaftlichen Wertewandel einzuordnen, der sich seit Ende der 60er Jahre vollziehe. Entsprechend hätten sich auch im Fernsehen viele Maßstäbe verschoben, nicht zuletzt wegen des Mitte der 80er Jahre aufgenommenen kommerziellen Wettbewerbs, der die Spielregeln der programmlichen Zielsetzung grundlegend verändert habe, schrieb Kamman.
Eine gewagte These zur Zukunft des Unterhaltungsfernsehens hatte schon vor der Nominierung der Medienwissenschaftler Alexander Kissler gewagt. Die Sendung "Germany's next Topmodel" bereite in der Verwertungskette solcher erfolgreichen TV-Formate schon mal die künftigen Kandidatinnen für das "Dschungelcamp" vor. "Irgendwann gibt es wahrscheinlich ein Format: Deutschland sucht das Dschungel-Model", orakelte er öffentlich.
Gag-Autor vom Dschungelcamp war über Nominierung "nicht überrascht"
Den Schlusspunkt setzte Schauspieler Sascha Hehn kürzlich im "Focus"-Interview. Er ist demnächst in der ZDF-Satire "Lerchenberg" zu sehen, in der er sich selbst auf die Schippe nimmt. "Wenn ich sehe, dass das RTL-Dschungelcamp für den Grimme-Preis nominiert ist, dann bekommen Sie mich zu solchen Preisverleihungen nur noch, wenn Sie mir das Gehalt von zehn Spielfilmen zahlen", lästerte Hehn.
Der Gag-Autor des Dschungelcamps, Micky Beisenherz, der sein Abitur in Castrop-Rauxel machte, zeigte sich angesichts der Grimme-Preis-Nominierung im Interview mit der WAZ nicht überrascht. Das Dschungelcamp sei "gut gemachtes Fernsehen" und mit Marktanteilen von bis zu 50 Prozent in der Mitte der Gesellschaft angekommen.
Grimme-Preis wird seit 1964 in Marl verliehen
"Was ich mit Sicherheit preiswürdig finde, ist der Mut seitens der Redaktion, eine Sendung zuzulassen, die in Ihrer Sprache bewusst aneckt, niemanden verschont und auch in Sachen musikalischer Untermalung ganz klar vom Mainstream abweicht. Das ist schon eine ziemlich smarte Sendung." Und sie ging doch leer aus.
Abflug ins Dschungelcamp
Der Grimme-Preis ist anerkannt als die renommierteste Auszeichnung für Qualitätsfernsehen in Deutschland. Damit sollen TV-Produktionen gewürdigt werden, die "die spezifischen Möglichkeiten des Mediums Fernsehen auf hervorragende Weise nutzen und nach Inhalt und Methode Vorbild für die Fernsehpraxis sein können". Der Preis wird seit 1964 jährlich im westfälischen Marl verliehen, Stifter ist der Deutsche Volkshochschul-Verband. (mit dpa)