An Rhein und Ruhr. Bei der NRW-Kommunalwahl treten neben vielen lokal bekannten Politikern auch einige junge Kandidaten an. Wir stellen vier Frauen und Männer vor.
Der typische Kommunalpolitiker in Nordrhein-Westfalen ist männlich und über 50 Jahre, das belegen die Zahlen des Online-Portals Statista. Das Durchschnittsalter der CDU-Mitglieder liegt bundesweit beispielsweise bei 61 Jahren, bei der SPD bei 60 Jahren. 51 Jahre ist das Durchschnittsmitglied der FDP, die Grünen haben mit 48 Jahren den jüngsten Schnitt. Politischer Nachwuchs ist für die Parteien immens wichtig, denn oft haben junge Mitglieder einen anderen Blickwinkel auf die Probleme vor Ort – und schließlich gilt es ja auch, junge Wähler anzusprechen.
Deswegen gehen immer mehr Parteien auch mit frischen Gesichtern in die Kommunalwahl am 13. September. Wir stellen vier junge Menschen vor, die sich in ihren Heimatstädten politisch engagieren. Eins haben sie fast alle gemeinsam: Die Bundestagswahl 2017 war für sie ein entscheidender Grund, einer Partei beizutreten.
Helena Dünte tritt für die FDP in Moers an
Helena Dünte (FDP): Schon seit ihrem 14. Lebensjahr ist die Moerserin politisch aktiv, jetzt kandidiert Helena Dünte für den Wahlkreis Mattheck für den Stadtrat . „Ich war schon immer an Politik interessiert“, sagt die 19-Jährige. Besonders auf bundespolitischer Ebene passten ihr einige Entscheidungen nicht, deswegen entschied sie sich 2014, selber aktiv zu werden. „Anfangs habe ich mir aufgrund meines Alters den Jugendverband der FDP angeschaut, weil ich Freiheit und die Idee, etwas aus eigener Kraft zu schaffen, immer schon gut fand“, so Dünte.
Bei den Jungen Liberalen habe man sie und ihre Ideen sehr wertgeschätzt, so dass sie gemerkt habe, dass die FDP inhaltlich die richtige Partei für sie sei. Besonders liegt ihr das Thema Chancengleichheit am Herzen. „Ich möchte, dass die Digitalisierung der Schulen in Moers endlich an Geschwindigkeit gewinnt und soziale Förderprojekte für Kinder ausgebaut werden, damit jeder Einzelne eine gute Bildung für ein eigenverantwortliches Leben erhält“, erklärt Dünte, die mittlerweile stellvertretende Vorsitzende der Jungen Liberalen in Moers ist. Die 19-Jährige hat Abitur gemacht und absolviert gerade im dualen Studium eine Ausbildung zur Steuerfachangestellten.
Björn Pollmer tritt für die CDU in Duisburg an
Björn Pollmer (CDU): „Nach der Wahl 2017, bei der die AfD in den Bundestag eingezogen ist, war mir klar, dass wir eine starke Mitte brauchen“, sagt der Duisburger Björn Pollmer. Schon vorher habe er mit der Politik geliebäugelt und sich dann intensiver damit befasst. 2018 trat der heute 22-Jährige in die CDU ein und begann, sich in der Jungen Union zu engagieren. „Die älteren Mitglieder haben mich sehr herzlich aufgenommen und direkt integriert, so dass es viel Spaß gemacht, sich von Anfang an einzubringen“, erzählt Pollmer.
Jetzt kandidiert er in Walsum, wo er seit zehn Jahren lebt, zum ersten Mal als Direktkandidat. „Der Corona-Wahlkampf ist eine Herausforderung, aber ich weiß genau, wo die Probleme hier im Stadtteil liegen und wie ich sie angehen möchte“, so Pollmer.
Kernthemen sind für ihn Sicherheit und Sauberkeit im Stadtteil, wilde Müllkippen, illegale Rennen und Geldautomatensprengungen seien in der letzten Zeit häufiger vorgekommen. Deswegen seien eine Dauerbesetzung der Polizeiwache, zusätzliche Mülleimer und mehr Mitarbeiter beim kommunalen Ordnungsdienst wichtig.
Der 22-Jährige ist Kommunalbeamter bei der Stadt Dinslaken und macht gerade auch noch seinen Master in Politikwissenschaften. „Wenn ich frei habe, sieht man mich hier in Walsum beim Joggen und Radfahren oder auch mal auf der Kegelbahn.“
Louisa Baumann tritt für die Grünen in Oberhausen an
Louisa Baumann (Grüne): Auch bei der 23-Jährigen aus Oberhausen war es die Bundestagswahl 2017, die sie endgültig politisierte. „Ich war zwar vorher auch schon ein politischer Mensch, aber die Aussicht, dass nach der Wahl das erste Mal nach dem Zweiten Weltkrieg Nazis in den Bundestag einziehen, löste bei mir den Schritt aus, bei den Grünen mitzumachen“, sagt Baumann.
Die Partei sei für sie die richtige Wahl, weil sie den Gegenpol zur AfD bilde und klare Kante gegen jegliche Form der Diskriminierung zeige. „Wir stehen zur Willkommenskultur“, so Baumann. Deswegen setzt sich die Oberhausenerin, die mittlerweile Kreisverbandsvorsitzende ist und für den Wahlkreis Styrum für den Rat kandidiert, besonders für eine humanitäre Flüchtlingspolitik und soziale Gerechtigkeit ein.
Auch das Eintreten gegen die „sozial-ökologische Katastrophe, auf die wir zusteuern“ ist Baumann wichtig. „Der Kampf gegen die Klimakrise ist genauso entscheidend wie der für den Umwelt- und Artenschutz.“ Die 23-Jährige schreibt derzeit an ihrer Bachelorarbeit im Fach Soziale Arbeit. Wenn neben der politischen Arbeit noch Zeit bleibt, liest Baumann gerne, geht klettern oder fährt Rennrad.
Paul Stucki tritt für die SPD in Moers an
Paul Stucki (SPD): „Warum denn die SPD?“ Das, so erzählt Paul Stucki, sei die meist gestellte Frage von Freunden und Bekannten. Im Jahr 2017, kurz vor der Bundestagswahl, trat der Moerser in die Partei ein. „Soziale Gerechtigkeit und die anderen Grundwerte der SPD sind für mich sehr wichtig und weiterhin sehr aktuell, deswegen war es für mich die richtige Entscheidung“, erzählt der 21-Jährige, der jetzt für den Wahlkreis Hülsdonk für den Stadtrat und auch für den Kreistag kandidiert. Nachdem er bereits Erfahrungen im nordrhein-westfälischen Jugendlandtag sammelte, war für Stucki klar: „Ich möchte mich auf Kommunalebene engagieren.“
Besonders die Themen Sport, Schule und Kultur liegen ihm am Herzen. „Nicht umsonst werden diese drei Felder in einem gemeinsamen Ausschuss diskutiert, die Kooperation könnte noch viel enger sein“, meint er. Gerade bei der Verknüpfung zwischen Sportvereinen und Schulen sieht Stucki noch viel Potenzial. „Wir haben in Moers eine sehr vielfältige Vereinswelt, die sollten wir unbedingt erhalten.“ Auch in seiner Freizeit mag es der 21-jährige Lehramtsstudent sportlich. Seit einigen Jahren trainiert Stucki beim FC Rot-Weiß Moers verschiedene Jugendmannschaften und kickt auch selbst.
Was man tun muss, um sich für einen Rat aufstellen zu lassen
Wer in den Rat einer Kommune gewählt werden will, muss laut Gesetz einige Voraussetzungen erfüllen: Grundsätzlich kann sich jeder zur Wahl stellen, der die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, das 18. Lebensjahr vollendet hat und wer am Wahltag mindestens seit drei Monaten in Nordrhein-Westfalen seinen Hauptwohnsitz hat. Die Wählbarkeit nennt sich auch passives Wahlrecht.
Um es schließlich auch auf den Stimmzettel zu schaffen, kann man sich dann beispielsweise in einer der etablierten Parteien engagieren. Innerhalb dieser Parteien werden Kandidaten nominiert und zur Wahl vorgeschlagen. Parteien, die bereits in der zu wählenden Vertretung, in der Vertretung des Kreises, im Landtag oder auf Grund eines Wahlvorschlages aus NRW im Bundestag vertreten sind, dürfen an der Wahl teilnehmen.
Frist zur Einreichung ist bereits verstrichen
Aber auch andere Parteien und lokale Wählervereinigungen haben die Möglichkeit, auf den Stimmzettel zu gelangen. Dafür müssen in einer zeitlichen Frist Unterstützungsunterschriften gesammelt werden. Wie viele Unterschriften das sein müssen, hängt von der Zahl der Wahlberechtigten im Wahlgebiet ab.
Genaue Auskunft darüber können die jeweiligen Kommunen in Form des Wahlleiters oder Wahlamtes geben. Sie sind es auch, die rechtlich beraten und bei denen alle notwendigen Vordrucke bezogen werden können. Zur anstehenden Wahl sind aber keine Wahlvorschläge mehr möglich. Die Frist zur Einreichung endete am 27. Juli. Sie war in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie um elf Tage verlängert worden, ursprünglich galt der 16. Juli als Fristende.