Essen.. Stabwechsel beim Initiativkreis Ruhr: Bei einer festlichen Gala in der Villa Hügel übergab Wulf Bernotat das Moderatorenamt an Bodo Hombach. Der beschwor ein neues Selbstverständnis der Region.
In der Villa Hügel, dem traditionsreichen Sitz der Familie Krupp, wurden schon viele bedeutende Entscheidungen getroffen. Diesmal sollte es Guido Westerwelle sein, der ein weiteres Kapitel hinzufügte.
Eigentlich war der Bundesaußenminister nach Essen gereist, um ein Grußwort vor Gästen des Firmennetzwerks Initiativkreis Ruhr zu sprechen. Doch zunächst einmal musste er sich hinter den Kulissen des Krupp-Hauses mit einer dramatischen Rettungsaktion befassen.
Wüsteneinsatz statt Festgesellschaft
Während sich die Festgesellschaft zum Aperitif im Gartensaal versammelte, koordinierte Westerwelle gemeinsam mit Kanzlerin Merkel und Verteidigungsminister Guttenberg einen Einsatz der Bundeswehr in der Wüste von Libyen. Mit zwei Transall-Maschinen brachten deutsche Soldaten 133 Europäer in Sicherheit. Sichtlich erleichtert berichtete Westerwelle vom Erfolg der Blitzaktion. Die Libyen-Krise war plötzlich ganz nah. Und damit standen auch die Themen für Westerwelles Rede fest: die Vernetzung der Welt, Wandel und Aufbruch.
Schließlich ist der Initiativkreis Ruhr ein bundesweit einzigartiges Bündnis. Die 61 Unternehmen, die zuletzt Mitglieder waren, beschäftigen zusammen rund 2,25 Millionen Menschen weltweit und erwirtschaften einen Umsatz von 630 Milliarden Euro. Das Firmennetzwerk hat sich zum Ziel gesetzt, den Strukturwandel in der Region voranzubringen. Man will „Botschafter des neuen Ruhrgebiets“ sein.
Geleitet wird der Initiativkreis Ruhr durch seine Moderatoren – jeweils für die Dauer von zwei Jahren. Seit Januar stehen WAZ-Geschäftsführer Bodo Hombach und als Co-Moderator Erich Staake, der Chef der Duisburger Hafen AG, an der Spitze des Bündnisses. Ihre Vorgänger, der einstige Eon-Chef Wulf Bernotat und IT-Unternehmer Winfried Materna, wurden bei der Ruhr Gala feierlich verabschiedet.
Jazz-Legende Paul Kuhn sorgte am Steinway-Flügel für eine beschwingte Stimmung, die sich auch auf die Festgesellschaft übertrug. Als der Pianist schließlich den Klassiker „As Time Goes By“ anstimmte, bekam mancher im Publikum glänzende Augen. Der Mann am Klavier hatte eigens bei einer ZDF-Sendung für Peter Alexander abgesagt. Kuhn war das Ruhrgebiet wichtiger.
Durch den Abend führte NRZ-Chefredakteur Rüdiger Oppers, der regelmäßig Beifallsstürme auslöste, als er die für Dortmund komfortablen Zwischenstände des Spitzenspiels gegen Bayern München durchsagte.
Das Ruhrgebiet erfindet sich neu
Für Bernotat war die Ruhr Gala ein Anlass, Bilanz zu ziehen. „Seit über 20 Jahren engagieren sich unsere Unternehmen in diesem Kreis und stoßen die unterschiedlichsten Projekte an, um das Ruhrgebiet dabei zu unterstützen, sich gewissermaßen neu zu erfinden“, sagte er und verwies unter anderem auf das ökologische Stadtumbau-Projekt „Innovation City“ in Bottrop.
Bernotat, der auch Aufsichtsratschef der Ruhr 2010 GmbH war, erinnerte auch an die finanzielle Unterstützung vieler Unternehmer für das Projekt Kulturhauptstadt: „Selbst, als ich im Sommer 2009 – salopp gesagt – noch einmal mit dem Hut herumging und vielerorts Kurzarbeit und knappe Budgets herrschten, kamen noch beachtliche Mittel zusammen.“
Während seiner Amtszeit sei er allerdings auch auf „Kirchturmdenken und unterschwellige Rivalität“ der Bürgermeister im Ruhrgebiet gestoßen. „Es wäre allzu kühn zu glauben, dies sei heute völlig anders“, so Bernotat. „Aber es ist nicht nur mein Eindruck, dass mit der Kulturhauptstadt und auch mit Projekten wie Innovation City Ruhr etwas in Bewegung geraten ist, was uns einer gelebten Metropole Ruhr deutlich näher bringt.“
Den Wechsel an der Spitze des Initiativkreises verglich Hombach mit der Stabübergabe im Staffellauf eines Teams. „Sie haben uns einen komfortablen Vorsprung herausgelaufen“, sagte er an die Adresse von Bernotat und Materna gerichtet. „Wir liegen gut in der Zeit. Wir Neuen nehmen den Stab auf und versprechen, den Vorsprung zu halten.“
Schimanski-Szenen aus dem Rheinland
Hombach beschwor ein neues Selbstverständnis der Region: „Früher grub man hier nach Bodenschätzen. Heute wissen wir, es gibt noch andere Schätze, die man heben kann. Es gibt sie über dem Boden, in den Händen und Köpfen, in den Worten – auch den Widerworten. Wir suchen Begabte und Könner, kreative Hitzköpfe und kühle Rechner, ruhige Denker und ,schnelle Brüter’.“
Natürlich ging es auch um das Image des Reviers. Es sei „kein Zufall, dass Kommissar Schimanski aus Duisburg regelrechten Kult-Status erfuhr und dabei, gewollt oder nicht, das Bild einer grauen und auch gebrochenen Region bundesweit verfestigte“, führte Bernotat aus. Aber: „Bereits in den 90ern fand man für Fernsehproduktionen dieser Art die entsprechenden Industriekulissen schon nicht mehr im Revier, sondern musste dafür in Köln drehen. Das Ruhrgebiet hatte sich bereits weiterentwickelt.“