Essen. Fast 2500 Polizisten haben am Donnerstag an rund 230 Stellen im westlichen Ruhrgebiet kontrolliert, um Reise- und Fluchtwege international agierender Diebe zu ergründen. 67 Personen wurden festgenommen. Dieser Einsatz soll nicht der letzte dieser Art gewesen sein.

Oberhausen, Landwehr: Polizei. Essen, A 42: Polizei. Mülheim, B 223: Polizei. Essen, Autokino: Polizei. A 40, Abfahrt Kray, A 52, Grenzübergang Roermond, Duisburg, Willy-Brandt-Ring: Polizei, Polizei, Polizei. Dabei ist gar nichts passiert, jedenfalls nicht gestern – die Einsatzkräfte fahren am Donnerstag einen Großeinsatz gegen organisierte Einbrecher- und Diebesbanden. Fast 2500 Beamte kontrollieren über 230 Ausfahrten, Straßen, Märkte und Kreuzungen. „So lernen wir mehr über die Absatzwege des Diebesgutes“, hofft Einsatzleiter Frank Kubicki vom federführenden Präsidium Düsseldorf.

Drogen am Körper - Joints am Steuer

Es ist noch dunkel, da schwärmen sie aus. Nicht nur Verkehrspolizisten: dunkelgrün verpackte Kollegen der Bereitschaftspolizei. Halten in Styrum jeden auf, der von der Autobahn kommt. Überprüfen Besucher eines Essener Flohmarkts, finden zwei Frauen, die in Hamburg gesucht werden. Durchsuchen Hotels rund um den Düsseldorfer Hauptbahnhof. Streifen in Zivil durch Innenstädte, Taschendieben auf der Spur. Durchsuchen in Duisburg fünf Wohnungen. Winken an der B 224 einzelne Fahrzeuge auf den Randstreifen. Ein Kastenwagen aus Rumänien versucht noch, über die linke Spur zu entkommen – vergebens. Im Essener Norden flieht ein Mann erst im Auto Richtung Gelsenkirchen, rennt später zu Fuß weiter – und wird doch gefasst. Er war mit einem Haftbefehl gesucht worden.

Betrunkene Fahrer werden erwischt, schon länger gesuchte Verdächtige, in Düsseldorf 72 Personen in einem Haus, in dem nur 40 gemeldet sind: Über 38 davon gibt es „Erkenntnisse wegen Diebstahls“. In Essen entdeckt die Polizei einen Autofahrer, dessen Kennzeichen nicht zum Wagen passt, in Zügen und Autos mehrere Männer, die Drogen am Körper verstecken oder gerade einen Joint rauchen, in Mülheim einen einschlägig Bekannten ohne Papiere – einen aktiven Einbrecher nicht.

Fahndungs- und Ermittlungsdruck erhöht

Aber das war schon in der Vorwoche nicht anders: Da schickte das Dortmunder Polizeipräsidium 1700 Polizisten aus elf Behörden los, die 8000 Personen in 6400 Fahrzeugen kontrollierten. Auch sie ertappten keinen Dieb auf frischer Tat. Nicht tragisch, sagte damals Einsatzleiter Gerhard Böckmann: „Wir haben den Fahndungs- und Ermittlungsdruck auf mobile Einbrecherbanden deutlich erhöht. Potenzielle Straftäter wurden aufgeschreckt und verunsichert.“

Das ist der Sinn der Aktion „Riegel vor! Mobile Täter im Visier“. Denn die Polizei kennt das Vorgehen vor allem osteuropäischer Banden: Sie kommen ohne Ortsbezug in eine Stadt, begehen Einbrüche, Trickdiebstähle, Raubüberfälle, verlassen den Tatort sofort und fliehen über das gut ausgebaute und überall nahe liegende Autobahnnetz des Ruhrgebiets. Offenbar häufig zunächst nach Westen: An den Grenzen bei Elten (A3), Straelen (A40), Goch (A57), Grenzwald (A61), Elmpt (A52) oder der A4 bei Aachen helfen bei den Schwerpunktkontrollen im Morgengrauen auch Kollegen der Bundespolizei, vor allem aber der niederländischen „Politie“.

Mehr als 5640 Autos überprüft

Gemeinsam will man erfahren: Wie sind die Fluchtwege, wo verläuft, gewissermaßen der „Berufsverkehr der Banden“? Innenminister Ralf Jäger (SPD) erhofft sich von den Razzien „Erkenntnisse über Personen, Strukturen und Reisewege“ der Einbrecher. Denn die Aufklärungsquote liegt landesweit bislang nur bei 14 Prozent – obwohl in den letzten drei Monaten Fortschritte gemacht wurden: 45 Intensivtäter sind gefasst, die allein verantwortlich waren für 300 Straftaten.

Wie viele wegen welcher Delikte am Donnerstag aufflogen, will die Polizei erst am Freitag bekannt geben. Am Abend immerhin zählt sie schon mal auf: Mehr als 5640 Fahrzeuge sind überprüft, über 9400 Menschen darin. 247 Wagen wurden näher untersucht, 39 Häuser oder Wohnungen durchsucht. Festgenommen wurden 67 Personen, gegen 17 gab es bereits ältere Haftbefehle. Für Essens Einsatzleiter Friedel Neuhaus noch lange nicht das Ende der Fahnenstange: Der gestrige sei „nicht der letzte Einsatz dieser Art“ gewesen. „Wir wollen es den Tätern so schwer wie möglich machen.“