Marl/Ruhrgebiet. Marl bekommt heute ein kleines Outletcenter. Warum sich das Ruhrgebiet so schwer tut, Roermond etwas entgegenzusetzen, erklärt ein Handelsexperte.

Ein neues Outletcenter eröffnet heute in Marl – mit einem Dutzend Geschäfte. Mittelfristig sollen es einmal bis zu 90 werden. Fast ein kleines Wunder, denn NRW tut sich sehr schwer mit den so beliebten Fabrikverkaufs-Zentren. Der letzte Versuch scheiterte in Duisburg: In einem Bürgerentscheid stimmten 2017 51 Prozent gegen den Bau. Handelsexperte Marco Atzberger, Geschäftsführer des Kölner EHI-Retail-Instituts, erklärt die Vorbehalte.


Warum tut sich NRW so schwer mit Outlet Centern, die bei Kunden so beliebt sind?

Marco Atzberger, Experte für Handelsimmobilien und Mitglied der Geschäftsleitung im EHI
Marco Atzberger, Experte für Handelsimmobilien und Mitglied der Geschäftsleitung im EHI © EHI/Philippe Ramakers | Philippe Ramakers

Atzberger: Man möchte den klassischen Einzelhandel in der Innenstadt schützen. Man hat wahrscheinlich die Erfahrung gemacht, als in den Neunziger Jahren das Centro in Oberhausen eröffnete, wie katastrophal sich das auf die umliegenden Innenstädte ausgewirkt hat. Diese Erfahrung - obwohl das eine ganz andere Größenordnung ist - hat dazu geführt, dass man sehr restriktiv ist und mit der fehlenden europäischen Perspektive denkt. Und dann fließt die Kaufkraft nach Roermond ab.


Sollte das Ruhrgebiet dem großen Outlet direkt hinter der Grenze in Roermond etwas entgegensetzen?

Ja. Ich möchte das Wort Versagen vermeiden, aber im Grunde genommen wird hier keine überregionale Lösung gefunden für das Ruhrgebiet, die eigenen egozentrischen Ansätze der Kommunen verhindern das. Dadurch verschenkt man die Kaufkraft nach Roermond.


Duisburg hat sich vor drei Jahren ganz knapp dagegen entschieden. Demnach ein Fehler?

Man muss in europäischen Perspektiven denken, die Leute fahren eben nach Roermond, und man kann nicht durch eine lokale Entscheidung die Abwanderung aufhalten. Insofern hätte man das anders entscheiden müssen.


Glauben Sie, dass nach Marl doch noch weitere Outlets kommen?

Die Initiatoren eines Duisburger Bürgerbegehrens sammelten 2017 22.500 Unterschriften gegen das auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs geplante Designer-Outlet-Center.
Die Initiatoren eines Duisburger Bürgerbegehrens sammelten 2017 22.500 Unterschriften gegen das auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs geplante Designer-Outlet-Center. © FUNKE Foto Services | Stephan Eickershoff

Davon gehe ich nicht aus. Wir haben ganz stark in der Politik eine Konzentration auf die Innenstadt und vermeiden solche Ansiedlungen außerhalb der Innenstadt. Das ist aber eben zu kurz gedacht ist, weil die Leute dann 100 Kilometer fahren und im Ausland einkaufen


Aber die Sorge der Händler, dass Kaufkraft aus der City abfließt, ist ja berechtigt.

Sicherlich wird Kaufkraft aus der Innenstadt abgezogen, aber die größeren Effekte, die überregionalen Effekte, würden das sicherlich für die Stadt Duisburg mindestens kompensieren. Dann muss man schauen, wie man die Infrastruktur anbindet.


Mit Blick auf die Kaufhäuser droht den Innenstädten gerade offenbar auch ohne Outlet die Verödung.

Das ist genau der Effekt. Man muss attraktiven Handel haben. Die Kunden suchen die großen Marken, und sie suchen sie zu attraktiven Preisen. Und die muss man geplant an oder in eine Innenstadt bringen.