An Rhein und Ruhr. Dating hat sich durch Corona stark verändert. Singles aus NRW berichten von ihren Erfahrungen. Experten geben Tipps fürs Daten im Lockdown.

Bars und Clubs sind geschlossen, die Möglichkeiten neue Leute kennenzulernen sind durch die Corona-Pandemie stark eingeschränkt: Für Singles eine besonders schwere Zeit. „Mein Dating-Verhalten hat sich während Corona sehr verändert“, sagt der 26-jährige Daniel Wegener aus Dinslaken. Während er sonst im Park oder auf Privatpartys Frauen anspricht, beschränke sich das Kennenlernen von neuen Bekanntschaften momentan nur auf Online-Dating-Plattformen, wie Tinder, Lovooo oder Parship.

Er treffe sich außerdem mit deutlich weniger Frauen. Wenn, dann habe er jedoch keine Angst, sich mit dem Corona-Virus anzustecken. "Beim ersten Date gehe ich sowieso meistens mit der Frau spazieren. Wenn man sich dann sympathisch war, hatten meine Date-Partner und ich nie ein Problem sich trotz Corona auch mal in geschlossenen Räumen zu treffen", berichtet Daniel von seinen Erfahrungen. 

Besorgt wegen Corona-Ansteckung

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Im Gegensatz zum 26-Jährigen war die Voerderin Lena Brune deutlich skeptischer. "Ich habe mich auch mit einem Mann getroffen, den ich während der Corona-Zeit kennengelernt habe. Dadurch, dass ich im Krankenhaus arbeite, werde ich regelmäßig getestet und wusste, dass ich negativ bin. Ich wollte aber von ihm ganz genau wissen mit wem er Kontakt hat, ob er im Homeoffice ist oder nicht. Erst als ich mich dahingehend sicher gefühlt habe, habe ich einem Treffen eingewilligt. Ich wollte auf gar keinen Fall meine Familie anstecken", sagt die 25-Jährige. 

Ihr Freund habe sich im vergangenen Jahr von ihr getrennt. „Dadurch habe ich mich sehr einsam gefühlt und versucht die entstandene Lücke durch Online-Dating zu kompensieren“, sagt Lena. Damit scheint sie nicht alleine gewesen zu sein. 

Sehnsucht nach einem Partner steigt

Bei einem Viertel der Singles sei in den vergangenen Monaten die Sehnsucht nach einem Partner an der Seite gestiegen. Vor allem jüngere Alleinstehende wollen nicht weiter alleine durchs Leben gehen, zeigt eine von Parship durchgeführte Studie. Jeder fünfte Single gehe nun auch gezielter auf Partnersuche: „Die Ausnahmesituation hat 19 Prozent gezeigt, was ihnen am Herzensmenschen besonders wichtig ist“, sagt Jana Bogatz von Parship. 

Der große Ansturm auf die Dating-Plattformen gab den Anbietern auch noch einmal eine Chance, ihre Produkte anzugleichen. Mit Erfolg: Nachdem Tinder bereits im Juli 2020 mit der Einführung eines Tests der Videochat-Funktion in einzelnen Ländern begonnen habe, sei die Funktion seit dem 27. Oktober 2020 auch in Deutschland verfügbar. Die Rückmeldung der Mitglieder habe gezeigt, dass Zweidrittel mittlerweile das Video Chat Feature nutzen, heißt es vom Unternehmen Tinder, auf Anfrage unserer Redaktion.

Video-Chat extrem genutzt

Gleiches berichtet auch ein Unternehmenssprecher von Lovoo: „Wir hatten im Live-Video-Bereich zwischen März und November 2020 einen explosiven Anstieg, quasi über Nacht.“ Alleine im März hätten beispielsweise 25 Prozent der App-Nutzer mehr Zeit mit Videochats verbracht.

Auch Lena hat die Video-Funktion verwendet, um ihre neue Bekanntschaft besser kennenzulernen. „Plötzlich war ganz schnell die Illusion einer Beziehung ohne, dass ich die Person richtig kannte“, erklärt sie. 

Beziehungen entwickeln sich schneller

Die Beziehung zu dem Mann habe sich schnell zu einer festen Partnerschaft entwickelt. „Ich hatte sonst kaum Kontakte, da war die Bindung zu diesem einen Menschen auf einmal direkt sehr intensiv“, beschreibt Lena ihr Gefühl. Die Entwicklung der Beziehung sei ihr „viel zu schnell“ vorgekommen. „Dadurch, dass man auch sonst niemanden getroffen hat, hatten wir keinen Ausgleich zueinander. Irgendwann war er fast jeden Tag bei mir, das wurde mir zu viel“, sagt die 25-Jährige und brach daraufhin auch den Kontakt zu ihrer neuen Bekanntschaft ab.

Kennlernphasen hätten sich durch die Pandemie „total beschleunigt und in die Gefühle zu einer Person wird schnell mehr reininterpretiert“, bestätigt Horst Wenzel. Er ist Dating-Experte und gründete 2012 die Flirtuniversity in Essen, „eine Fahrschule fürs Daten“, wie er selbst sagt. Gemeinsam mit seinem Team unterstützt er Männer und Frauen bei der Partnersuche. „Es gibt gerade in diesen Zeiten einen hohen Bedarf an dieser Stelle. Die Menschen sind unfassbar einsam momentan“, weiß der Dating-Experte. Dadurch würden aber gleichzeitig auch menschliche Interaktionen mehr an Bedeutung gewinnen. „Von uns durchgeführte Test-Szenarien zeigen, dass Frauen trotz eines schlechten Anmachspruchs schneller auf einen Flirt einsteigen als noch vor der Pandemie“, sagt Wenzel.

Mund-Nasen-Schutz als Kommunikationshindernis

Dabei gilt der Mund-Nasen-Schutz momentan eindeutig als Kommunikationshindernis. „Flirten ist ein Austausch von Emotionen und nicht von Informationen. Emotionen mit einem halbverdeckten Gesicht zu zeigen, ist natürlich schwierig. Deshalb rate ich beim ersten Ansprechen eine lebendige Gestik und die Augenbrauen in der Mimik mitsprechen zu lassen. Und vor allem: Ein heiteres Thema ansprechen, Negatives hören wir seit einem Jahr genug“, lautet der Tipp vom Dating-Experten.

Fürs Online-Daten rät er: „Sich per Videochat zusammenschalten und in die Natur gehen. Dann hat man das Gefühl, man geht zusammen spazieren und begrüßt gemeinsam die aufkeimenden Frühlingsgefühle."