Essen./Bochum. Auf offener Straße hatten Maskierte in Essen zwei Autofahrer überfallen. Vier Bochumer müssen sich jetzt vor Gericht verantworten.
An Szenen aus dem Wilden Westen fühlten sich viele erinnert, als am 12. April 2021 vier Maskierte in Essen zwei Männer in einem Auto mit Baseballschläger verprügelten. Seit Dienstag müssen sich vier Bochumer wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Landgericht Essen verantworten. Hintergrund der brutalen Attacke sind offenbar keine Clan-Auseinandersetzungen, sondern die Erpressung mit einem Sex-Video.
Drei der Angeklagten haben libanesische Wurzeln, der vierte ist dagegen ein deutscher Autohändler. Die Opfer der Attacke sollen dagegen aus dem Kosovo stammen.
Übers Internet Flirt mit verheirateter Frau
Einer der beiden soll übers Internet Kontakt zu einer verheirateten Frau im Essener Stadtteil Rüttenscheid aufgenommen haben. Aus dem Flirt per Chat soll sich schnell eine intime Beziehung ergeben haben, selbstverständlich ohne Wissen ihres Ehemannes.
Nach dem gemeinsamen Sex soll der Liebhaber plötzlich seinen schlechten Charakter offenbart haben. Die Ermittlungen ergaben, dass er der Frau vorwarf, mit einem fremden Mann zu schlafen. Er soll ihr gesagt haben, dass er den Sex mit ihr heimlich gefilmt habe und die Aufnahme ihrem Mann übergeben werde. Das mache er immer so mit Frauen, die ihre Männer betrügen.
Liebhaber forderte 1000 Euro
Allerdings sei er bereit, die Bilder zu löschen, wenn sie ihm 1000 Euro zahle. Notgedrungen habe sie ihm das Geld gegeben. Kurz darauf wollte er weitere 1000 Euro, ließ sich aber auf 500 herunterhandeln. Die Ermittler glauben, dies alles mit sichergestellten Instagram-Chats belegen zu können.
In ihrer Not soll die 50-Jährige ihrer Tochter von der Erpressung erzählt haben. Möglicherweise fühlten sich dadurch die Angeklagten, einer von ihnen ist der Verlobte der Tochter, berufen, die Erpressung zu unterbinden.
Neues Treffen mit dem Liebhaber
Laut Anklage wussten sie, dass der Liebhaber am Abend des 12. April nach Essen kommen wollte, angeblich um das Geld zu kassieren. Er hatte einen Freund mitgebracht und parkte seinen Wagen an einer Ausfallstraße am Rande von Rüttenscheid.
Kurzfristig sollen die Angeklagten ihre Fahrt aus Bochum organisiert haben. Dafür sollen sie den deutschen Autohändler mit seinem Porsche Cayenne als Fahrer eingesetzt haben. Der 57-Jährige blieb laut Anklage an seinem Auto stehen, als die drei anderen Männer, 41 bis 57 Jahre alt, auf den Hyundai mit Leverkusener Kennzeichen zugingen. Begleitet wurden sie von zwei weiteren maskierten Männern, die bis heute unbekannt geblieben sind.
Mit Baseballschlägern eingeprügelt
Sie sollen die Türen aufgerissen und auf die beiden Insassen mit Baseballschlägern eingeprügelt haben. Außerdem, so die Anklage, zerschlugen sie die Scheiben des Autos. Einer von ihnen soll mit einer Schreckschusswaffe ins Innere des Wagens geschossen haben.
Dann ließen sie ab. Passanten waren auf die Aktion aufmerksam geworden, ein Linienbus der Ruhrbahn stand vor ihnen, dessen Fahrer hupte. Zwei der Angeklagten fuhren im Porsche des Autohändlers zurück nach Bochum, die anderen Männer rannten in eine andere Richtung.
Porschefahrer schnell ermittelt
Weil Passanten der Polizei das Kennzeichen des Porsches nannten, hatten die Beamten noch in der Nacht ermittelt. Nach und nach kamen sie dahinter, wer zumindest drei der fünf Angreifer waren.
In ihrer Anklage hatte die Staatsanwaltschaft einem der Bochumer versuchten Totschlag vorgeworfen, weil er bei den Schlägen auf den Kopf des Liebhabers dessen Tod billigend in Kauf genommen habe. Diese rechtliche Wertung fand beim Essener Schwurgericht keine Zustimmung. Für ein versuchtes Tötungsdelikt sah es keine Beweise und lehnte die Eröffnung des Verfahrens in diesem Punkt ab.
Deshalb läuft es jetzt vor der für die Verhandlung normaler Kriminalität zuständigen XXV. Strafkammer. Sie hat bislang drei Sitzungstage terminiert.