Castrop-Rauxel. Bei der ersten Beerdigung eines Sinti-Oberhauptes mit hunderten Trauernden waren Ordnungskräfte überfordert. Nun bekamen die Gäste klare Ansagen.

Bei einer ersten Großbeerdigung in der Corona-Krise aus dem Sinti-Milieu am 23. April auf dem Friedhof in Merklinde waren Ordnungsamt und Polizei nicht ausreichend auf eine große Zahl an Trauergästen vorbereitet. Rund 500 Menschen wollten damals Abschied nehmen von einem Oberhaupt einer Großfamilie. Um die Situation nicht eskalieren zu lassen, so der Erste Beigeordnete Michael Eckhardt im Nachgang, habe man darauf verzichtet, auf nötige Abstandsregelungen in Corona-Zeiten zu beharren. Dafür hatten das Ordnungsamt und sein Chef viel Kritik einstecken müssen.

 Am Dienstag (5.5.) stand die nächste Beerdigung in derselben Familie auf dem Programm. Die Ordnungsbehörden stellten sich völlig neu darauf ein. Wie Michael Eckhardt am Rande der Trauerfeier am Friedhof gegenüber unserer Redaktion sagte, habe man den Einsatz diesmal mit der Kreispolizeibehörde intensiv und besser abgestimmt als beim letzten Mal.

 Polizeipräsidentin war diesmal involviert

Auf Seiten der Polizei habe sich Polizeipräsidentin Friederike Zurhausen in die Abstimmungsgespräche eingeschaltet. Man habe in Absprache wieder eine deeskalierende Strategie fahren wollen, ohne einen martialischen Auftritt. Das Gelände war schon am Montag mit Zäunen gesichert worden.

 Das Ordnungsamt war bereits ab 8 Uhr am Dienstag vor Ort, um die Lage bei der für 13 Uhr terminierten Trauerfeier kontrollieren zu können. „Die Polizeikollegen haben sich im Hintergrund aufgehalten“, so Eckhardt, „das war ausdrücklicher Wunsch der Polizei.“

 So war auf dem eigentlichen Friedhofsgelände speziell das Ordnungsamt mit 20 Männern und Frauen im Einsatz: Die Polizei-Mannschaftswagen waren außerhalb in Bereitschaft, parkten zum Teil auch unsichtbar für die Trauergäste an der Merklinder Straße. Zur Einschätzung der Situation war nur eine Führungsgruppe der Polizei in strategisch günstiger Position auf dem Friedhofsgelände positioniert.

 Eingreifen musste die Polizei aber nicht. Das lag einerseits daran, dass deutlich weniger Trauergäste angereist waren. Die Gäste, die ab dem späten Vormittag in Merklinde eintrudelten, kamen dabei bei weitem nicht nur aus Castrop-Rauxel, Dortmund oder der unmittelbaren Nachbar-Region. Es waren auch Kfz-Kennzeichen aus Niedersachsen, Bayern und Baden-Württemberg darunter.

 Zur Entspannung der Situation habe beigetragen, dass die Ordnungsamts-Mitarbeiter den Besuchern vor Ort sofort und relativ unmissverständlich die Besuchsregelung klar gemacht hätten, so Eckhardt. Dabei habe es nur einmal „recht unfreundliche Worte“ gegeben, so seine Bilanz.

 Nur 20 Menschen durften auf den Friedhof

„Unsere Leute haben immer dafür gesorgt, dass nur 20 Leute gleichzeitig auf dem Friedhof waren“, so der Beigeordnete. Die 20 Menschen konnten in die Trauerhalle, konnten Abschied nehmen und wurden dann wieder vom Friedhof geschickt, um die nächsten 20 Personen rauf zu lassen. An der eigentlichen Beisetzung nahm dann nur die Kernfamilie statt.

 Gegen 13.45 Uhr war die Beisetzung beendet. Der Friedhof leerte sich relativ zügig und ebenfalls sehr unaufgeregt. Schon kurze Zeit danach begann das Friedhofsteam damit, die Grabstelle zu verfüllen, um anschließend die zahlreichen Kränze und Gestecke, die vor der Trauerhalle lagen, auf dem Grab drapieren zu können.

 „Das hat diesmal gut geklappt“, so Michael Eckhardt abschließend. Diese Einschätzung bestätigte auch Andreas Wilming-Weber, Sprecher der Kreispolizeibehörde. Seinen Erkenntnissen zufolge habe es vor Ort nichts gegeben, was man hätte zu Papier bringen müssen.

 Michael Eckhardt befürchtet aber Probleme für die Zukunft: Bei allen Lockerungen, die jetzt kämen, werde man nicht stets jeden, der 1,50 Meter Abstand unterschreitet, überall auseinander ziehen können. „So viele wachsame Augen hat man gar nicht“, so Eckhardt.

Dieser Artikel erschien zuerst auf Ruhrnachrichten.de