An Rhein und Ruhr. Das kriselnde Bahnunternehmen Abellio hat bekanntgegeben, zum 31. Januar 2022 seinen Betrieb einzustellen. Die Mitarbeiter können umsteigen.

Abellio stellt zum 31. Januar 2022 seinen Betrieb ein und das Liniennetz des vor der Insolvenz stehenden Nahverkehrsunternehmens wird neu vergeben. Am Dienstag informierten Geschäftsführung und Vertreter der Aufgabenträger die Belegschaft über das bevorstehende Ende des Unternehmens, das zum 31. Januar seine Linien in NRW an andere Unternehmen abgeben wird und danach voraussichtlich seine Zahlungsunfähigkeit verkündet.

Die Beschäftigten reagierten auf der Betriebsversammlung mit Wut, Trauer und Enttäuschung auf die Nachricht vom endgültigen Aus des zweitgrößten Nahverkehrsunternehmen der Region. Bis zuletzt hatte die Unternehmensführung die Hoffnung genährt, es könnte für Abellio die Chance geben, weiterzumachen.

Nach Informationen dieser Zeitung hatte Abellio zwar angekündigt, sich ebenfalls im Rahmen der Notvergabe um den Weiterbetrieb der eigenen Linien bewerben zu wollen, dann aber in der vom Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) festgesetzten Frist kein Angebot vorgelegt. Auch einen Weiterbetrieb als Subunternehmen der neuen Betreiber wollte man anbieten. Abellio indes argumentiert, der VRR habe keine Einladung abgegeben, ein neues Angebot vorzulegen. Ob das überhaupt möglich war, als Unternehmen in der Insolvenz, ist zumindest rechtlich fraglich.

„Die Prüfung auf Seiten der Aufgabenträger hat ergeben, dass zwingende rechtliche Gründe eine Direktvergabe nicht erlauben, weil die Wahrscheinlichkeit, dass Abellio die geforderten Leistungen zuverlässig sicherstellen kann, als gering erachtet wird. Die damit verbundenen Risiken wollen VRR, NWL und NVR weder ihren Fahrgästen noch den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auf Seiten der Abellio zumuten. „ hieß es dazu von Seiten des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr.

Belegschaft soll möglichst bruchlos wechseln

Der Spruch, den Arbeitnehmer auf jeder Betriebsversammlung in die Ohren gesäuselt bekommen, er lautet: „Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind unser größtes Kapital.“ Nun, im Falle von Abellio stimmt das mit Sicherheit. Denn die tausendköpfige Belegschaft des Hagener Unternehmes – sie wird weiterhin gebraucht, wenn auch nach dem 1. Februar zwischen Kassel und Aachen, zwischen Arnheim und Remscheid zuverlässig die Züge rollen sollen.

Denn auch, wenn das niederländische Unternehmen aussteigt, die Mitarbeiter sollen an Bord jener Züge bleiben, die entweder dem Verkehrsverbund oder einem Leasing-Geber gehören. Ohne Lokführerinnen und Zugbegleiter, ohne Personaldezernent und Leitstellendisponent rollen die Züge nicht.

„Wir und die künftigen Linienbetreiber wollen Sie alle in exakt der Qualität und Zuverlässigkeit, in derSie auch bisher gearbeitet haben. Wir strecken Ihnen die Hand aus, schenken Sie uns das Vertrauen und schlagen Sie ein!“, warb beispielsweise Joachim Künzel, zuständig für den Nahverkehr in Westfalen und Lippe auf zwei aufeinanderfolgenden Betriebsversammlungen gestern am Unternehmenssitz in Hagen um die Abellio-Mitarbeiter.

Beschäftigte nehmen sogar ihre Urlaubspläne mit

Die Beschäftigten dürfen sogar ihre Urlaubspläne und Überstunden mitnehmen zu den künftigen Betreibern der Abellio-Linien – den bisherigen Gehaltsanspruch auch. Und neue Prüfungen würden ihnen auch nicht abverlangt, so die Chefs der drei Verkehrsverbünde, in denen Abellio Züge fährt.

.Statt eines Kleinkriegs um einen irgendwie möglichen Weiterbetrieb gab es am heutigen Dienstag Appelle der Abellio-Geschäftsführung, auch in den zwei Monaten des Zugbetriebs an Bord zu bleiben: Die Zuverlässigkeit, der Einsatz und der Service der Abellio-Mitarbeiter seien immer der Stolz des Unternehmens gewesen – das solle so bleiben, habe die Geschäftsführung von Abellio betont.

Nun bereiten Projektgruppen des VRR und der Landesregierung mit der Geschäftsführung einen möglichst glatten Übergang der Abellio-Linien auf neue Betreiber vor. Dabei wird das Netz auf mehrere Bahnunternehmen verteilt – und somit auch die 1080 Mitarbeiter zählende Belegschaft von Abellio. Die wird gebraucht, um den Zugbetrieb aufrecht zu erhalten.

Für die Belegschaft gab es umfangreiche Zusicherungen, mit den bisherigen Ansprüchen weiterarbeiten zu können - sogar die Urlaubspläne für 2022 sollen weiterhin gelten. Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bruchlos zum neuen Betreiber wechseln, ist unklar. Vor allem Lokführer sind am Arbeitsmarkt rege umworben.

Abellio ist das zweitgrößte Nahverkehrsunternehmen in NRW und eine Tochter der Niederländischen Eisenbahnen. Seit Juni vergangenen Jahres war es in massiven finanziellen Schwierigkeiten und hatte ab dem 1. Juli ein so genanntes Schutzschirmverfahren im Rahmen des Insolvenzrechts in Anspruch genommen. Abellio fährt unter anderem die RRX-Linien 1 und 11, die S-Bahnlinien S2, S3, S7 und S9, den RE19, RE49 und weitere Regionalstrecken.