An Rhein und Ruhr. Digitale Impfzertifikate waren für Genesene bislangf nicht erhältlich, weil sie nur einmal geimpft werden. Das soll sich ab Freitag ändern.
Für die rund vier Millionen Menschen in Deutschland, die von einer Corona-Infektion genesen sind, war der Weg zum begehrten digitalen Impfzertifikat bislang versperrt. Nun verspricht die Bundesvereinigung Deutscher Apotheker (ABDA) Besserung. Ab dem morgigen Freitag soll es das begehrte digitale Impfzertifikat auch für Menschen geben, die eine überstandene Covid-Infektion und eine einmalige Impfdosis nachweisen können – mit rund dreiwöchiger Verspätung.
Der begehrte QR-Code, den es seit dem 14. Juni in Apotheken oder Impfzentren gibt, ließ sich durch die Software nur generieren, wenn zwei Impfungen bestätigt werden – in NRW sind schätzungsweise gut fünf Millionen dieser digitalen Zertifikate erstellt worden. Die etwa 800.000 Menschen, die von Corona genesen sind und danach eine einfache Impfung bekommen haben, so wie es die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (StIko) vorsieht, waren dabei bislang außen vor.
Seit Anfang Juli gab es immerhin „Genesenen-Zertifikate“ – in einigen Praxen
Das NRW-Gesundheitsministerium erklärt noch vor wenigen Tagen: „Das Bundesgesundheitsministerium arbeitet mit Hochdruck daran.“ Dort teilt die Pressestelle auf NRZ-Anfrage mit, es gebe auch spezielle Genesenen-Impfzertifikate, für die ein positiver PCR-Test – also der Nachweis einer Infektion mit Corona – und eine einmalige Impfung nachgewiesen werden müssen.
Problem dabei: die einmalige Impfung muss dafür bei Hausärztin oder Hausarzt erfolgen oder nachgewiesen werden. Und: auch die Genesenen-Zertifikate wurden erst nachträglich ab dem 2. Juli eingeführt und gelten nur sechs Monate nach dem positiven Nachweis, der wiederum mindestens vier Wochen zurückliegen muss. Das ist der Zeitraum, in dem ein Mensch, der eine Covid-Infektion durchgemacht hat, als nicht ansteckend gilt, ohne die vorgesehene, einfache Impfung zu bekommen.
Auch bei der Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNO) betonte noch am Mittwoch: „Genesenenzertifikate gibt es nur in den Praxen. Die Impfzentren und Apotheken können das nur bei zweimaliger Impfung.“
Nun jedoch meldet der ABDA Vollzug auch für diese Bevölkerungsgruppe. „Nachdem auf dem Server des Robert-Koch-Institutes (RKI) die Voraussetzungen dafür geschaffen wurden, hat der Deutsche Apothekerverband (DAV) binnen weniger Tage eine technische Lösung dafür umgesetzt.“
Man habe seit Einführung Mitte Juni mittllerweile 20 Millionen digitale Impfzertifikate ausgestellt. Der ABDA spricht von mehr als 3,7 Millionen Genesene im Land, von denen viele zwischenzeitlich geimpft seien. „Ihnen kann das Impfzertifikat helfen, den Sommer und die Urlaubszeit unbeschwerter zu genießen“, sagt der Vorsitzender des Deutschen Apotheker-Verbandes Thomas Dittrich. „Für Patientinnen und Patienten ist das Angebot natürlich kostenfrei. Die Apotheke erhält von der öffentlichen Hand dafür eine Vergütung von gut 5,04 Euro plus durchlaufender Mehrwertsteuer.“
Bei Apotheken erfolgten „Anpassungen am Webportal“
Das Bundesgesundheitsministerium meint zu der schleppenden Einführung des digitalen Impfzertifikats für die große Gruppe der Genesenen und Geimpften: „Es war immer klar und von Minister Spahn auch immer so angekündigt, dass die Ausstellung des digitalen Zertifikats Schritt für Schritt erfolgt.“ Bei den Apotheken ist dieser Schritt jetzt erfolgt, bis zum 12. Juli sollen auch die IT-Systeme in Arztpraxen entsprechend umgestellt sein, so das Bundesgesundheitsministerium.
Die dürften spürbar entlastet werden, wenn jetzt der einfache Gang in die Apotheke für das begehrte Zertifikat auch für Genesene möglich ist. Bislang mussten viele Apotheker die unzufriedene Kunden wieder heimschicken. Für Genesenen und Geimpften blieb nur die Hoffnung, dass ihr Arzt oder Ärztin auch die Infektion im gelben Impfpass vermerkt, gemeinsam mit der Impfung. Und dass die Behörden im Ausland diese Dokumentation akzeptieren. Diese Sorge sollte dann ab Freitag der Vergangenheit angehören.
Welche Apotheken die Impfzertifikate ausstellen, lässt sich hier herausfinden.
Eine Ausnahme in der Impflandschaft stellt übrigens Duisburg da: Dort wurde Anfang Juni bekannt, dass die Stadt entgegen der Empfehlung des Robert-Koch-Instituts und der StIko auch Genesenen zwei Impftermine anbietet. Auf NRZ-Anfrage teilte ein Stadtsprecher mit: „Die Vorgaben der STIKO und des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales sind auch für die Stadt Duisburg bindend und werden im Impfzentrum Duisburg selbstverständlich entsprechend umgesetzt.“ Eine Pflicht, sich als Genesener zweimal impfen zu lassen, bestehe daher nicht. Auf der Info-Seite der Stadt zum Thema Corona-Impfung steht auch nur lapidar: „Frühestens 6 Monate nach einer durchgemachten Ccvid-19-Erkrankung sollte eine einmalige Impfung erfolgen.“ Der Stadtsprecher ergänzt dazu. „Die Empfehlung der StIKo lässt jedoch explizit die Möglichkeit offen, dass in Einzelfällen auch eine Zweitimpfung nach Genesung sinnvoll sein kann.“ Dies werde in einem persönlichen ärztlichen Beratungsgespräch vor der Impfung geprüft.
Ähnlich ergeht es jenen, die womöglich eine Covid-Infektion durchgemacht haben, die aber nicht per Laborbefund dokumentiert wurde - man geht von einer Dunkelziffer etwa in Höhe der offiziell dokumentierten Infektionen aus.
1000 Arztpraxen im Rheinland impfen jetzt auch „Praxisfremde“
Mittlerweile drückt auch die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNO) auf den Impf- und Infoturbo. Ab sofort gibt es genügend Impfstoff in den Praxen, so die KVNO, deswegen können sich Impfwillige jetzt im Internet über die Praxen informieren, die auch „praxisfremde“ Patientinnen und Patienten impfen – rund 1000 Praxen im Land bieten diesen Service an. Die Liste gibt es hier.
„Ich hoffe, dass wir auch über das Online-Register viele derzeit noch Ungeimpfte motivieren können, eine Schutzimpfung gegen Corona wahrzunehmen. Unsere Übersicht zeigt potentielle wohnortnahe Anlaufstellen, die für eine Impfung kontaktiert werden können – in Ergänzung der etablierten Impfzentren in den hiesigen Städten und Kreisen“, sagt Dr. med. Frank Bergmann, Vorstandsvorsitzender der KV Nordrhein. „Die lang ersehnten größeren Impfstoffmengen sind nun zunehmend vorhanden, es gibt keinen medizinisch nachvollziehbaren Grund, sich jetzt nicht um die eigene Impfung zu kümmern. Allein in den nordrheinischen Impfzentren sind aktuell insgesamt gut 150.000 Termine verfügbar.“