Essen. Ehrenwert wirkten die zwei Männer. Doch das Haus am Essener Baldeneysee kauften sie, ohne zu bezahlen. Betrug, sagt die Anklage.

Die Traumlage am Baldeneysee im Essener Stadtteil Kupferdreh erscheint offenbar auch Betrügern verlockend. Vor dem Landgericht Essen mussten sich am Donnerstag zwei Männer wegen Betruges verantworten. Sie hatten in der Seebogen-Siedlung ein Haus gekauft, ohne die vereinbarte Kaufsumme von 650.000 Euro zu bezahlen.

Was die X. Strafkammer zu hören bekommt, ist ein Lehrstück aus dem nie geschriebenen Handbuch für Straftäter. Es zeigt, wie leicht es Betrügern gemacht wird, wenn sie seriös und charmant auftreten. Der Hauptangeklagte allerdings, der Essener Olaf R., fehlt am Morgen. Am Tag zuvor hatte er ein Attest eingereicht, das ihm Verhandlungsunfähigkeit bescheinigte.

Polizei prüft Gesundheit des Angeklagten

Richterin Ute Hartung traute dem nicht, immerhin hatte Olaf R. schon mal in anderem Zusammenhang von seinem kurz bevorstehenden Krebstod berichtet, ohne ernstlich erkrankt zu sein. Sie schickte die Polizei zum 58 Jahre alten Angeklagten. Doch ein Beamter, der ihn gesehen hatte, bestätigte die Diagnose: "Ich bin kein Arzt, aber er sieht wirklich krank aus."

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So verhandelte das Gericht nur gegen den der Beihilfe zum Betrug angeklagten Geschäftspartner von Olaf R., einen 57-Jährigen aus dem Sauerland. Laut Anklage hatten die beiden sich 2017 gegenüber einem Kupferdreher Ehepaar als Gesellschafter einer Event-Firma ausgegeben und in dieser Funktion Interesse am Einfamilienhaus der beiden am Kupferdreher Seebogen gezeigt. 650.000 Euro sollte es kosten.

Geld war angeblich kein Problem

Das Ehepaar lebte damals in Trennung und wollte das damals erst drei Jahre alte Haus schnell veräußern. "Kein Problem", signalisierte wohl Olaf R., der sich gerne mit seinem Alias-Vornamen "Aaron" als angeblicher ehemaliger israelischer Offizier ausgab. Er müsse das Geld nämlich nicht finanzieren, sondern zahle sofort.

Am 13. Juli 2017 schlossen das Ehepaar mit der Event-Firma, jetzt kam auch der zweite Angeklagte als Geschäftsführer hinzu, beim Notar einen Kaufvertrag ab. Die Firma als Käufer wurde per "Auflassung" ins Grundbuch eingetragen. Wichtig: Der eigentliche Eigentumswechsel findet erst statt, wenn die Kaufsumme gezahlt worden ist.

Schlüssel abgegeben, bevor gezahlt wurde

Doch das Ehepaar gab den Schlüssel schon kurz danach an Olaf R. ab, der prompt mit seiner Familie einzog. "Der größte Fehler meines Lebens", sagt die 40 Jahre alte Verkäuferin vor Gericht zur vorzeitigen Schlüsselabgabe und fügt hinzu: "Tragischerweise, weil ich Juristin bin." Denn das Geld ging nie ein, Olaf R. zahlte nicht. Immer wieder wurde das Ehepaar vertröstet. Erst mit einer Räumungsklage bekam es die neuen "Besitzer" raus aus dem Haus und konnte es, jetzt aber richtig, an andere Menschen verkaufen.

Ohne den Hauptangeklagten legt der 57-Jährige über seine Münchener Anwälte ein Geständnis ab. Er sei selbst auf Olaf R., den er früher als seinen Freund bezeichnet hatte, hereingefallen: "Er hat mir gesagt, er könne nicht offiziell als Käufer auftreten. Da bin ich eingesprungen. Er sagte aber, er habe Auslandsvermögen in Israel."

Oft wegen Betruges verurteilt

Das Strafregister seines Freundes hat er wohl nie geprüft. Da hätte er gesehen, dass Olaf R. seit über 20 Jahren immer wieder wegen Betruges zu Bewährungsstrafen verurteilt worden ist. Der 57-Jährige hat dagegen nur eine Vorstrafe aus dem Jahre 2020. Da ist er wegen Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe verurteilt worden.

Er gibt an, nur auf dem Papier Geschäftsführer der Event-Firma gewesen zu sein. Eigentlicher Macher der Firma sei ein anderer seiner Freunde, ein ehemaliger Steuerberater. Durch diesen habe er auch Olaf R. kennengelernt.

Ein weiterer Geschäftspartner mit Vorstrafe

Dieser Geschäftsmann ist der Essener Justiz nicht unbekannt. 2010 hatte ihn Amtsrichter Stefan Groß verurteilt, weil er einen gemeinnützigen Essener Helferverein als Vorsitzender um 124.000 Euro betrogen hatte.

Zu dessen geplanter Zeugenaussage kommt es am Donnerstag nicht mehr. Denn das Gericht stellt das Verfahren ein, weil der 57 Jahre alte Angeklagte dem Ehepaar einen kleinen Teil der für die Räumung angefallenen Gerichtskosten zahlen wird: 10.000 Euro sind es, die er laut seinem Verteidiger Alexander Betz "bei Freunden und Verwandten zusammenkratzt". Gegen Olaf R. wird es dagegen demnächst einen neuen Anlauf geben.