Essen. In der Essener Bäckerei Förster kommt ausschließlich echte Vanille zum Einsatz. Doch nicht überall, wo Vanille draufsteht, ist auch Vanille drin.
Vanilleduft zieht durch die warme Backstube, als Tristan Förster das erste Blech aus dem Ofen holt. Die Kipferl sind noch heiß, kurz abkühlen lassen, dann siebt Vater Christian den Puderzucker über das Gebäck. Hier in der Bäckerei Förster werden die Vanillekipferl von Hand geformt. „Jede Menge Arbeit“, sagt Mitarbeiterin Kristina Mönk. Teig nehmen, zu einer langen Rolle formen, in Stücke schneiden, einen Sichelmond formen und auf das Backblech legen. Kipferl für Kipferl. „Leider sind die wenigsten Menschen bereit, den Preis dafür zu bezahlen.“
Die kleinen schwarzen Pünktchen verraten, dass in der Essener Backstube mit echter Vanille gearbeitet wird. Oder? „Wir legen sehr viel Wert auf gute Qualität“, sagt Tristan Förster, der den Familienbetrieb gemeinsam mit seinem Cousin in der sechsten Generation führt. Die Lebensmittelindustrie greife aber gerne in die Trickkiste: So könne es sich bei den schwarzen Stippen auch um die ausgekochte, fein gemahlene Hülle der Vanilleschote handeln, sagt Christian Förster. „Da ist kaum Aroma drin.“
„Vanillin ist ein Abfallprodukt“
Das meiste Aroma hat das Vanillemark. „Dafür schneidet man die Schote mit einem scharfen Messer auf und kratzt das Mark mit der Messerrückseite heraus“, erklärt der 64-jährige Bäckermeister.
Eine sehr viel günstigere Alternative ist der „naturidentische Aromastoff“ Vanillin, der häufig in der Industrie verwendet wird. Die Tütchen mit der Aufschrift „Vanillin-Zucker“ enthalten keine echte Vanille. „Vanillin ist ein Abfallprodukt“, sagt Tristan Förster. Es werde unter anderem aus dem Holzbestandteil Lignin gewonnen, das bei der Herstellung von Papier anfällt. Zu Erkennen sei der Aromastoff an seinem „beißenden Geruch“.
Und wie erkenne ich, ob echte Vanille enthalten ist? Laut Verbraucherzentrale ist natürliche Vanille enthalten, wenn diese Bezeichnungen in der Zutatenliste stehen: gemahlene Vanilleschoten, natürliches Vanillearoma (muss mindestens zu 95 Prozent aus natürlicher Vanille bestehen) oder Vanille-Extrakt (wird mit Alkohol aus der Vanilleschote extrahiert). „Natürliches Aroma“ oder „Vanille-Aroma“ dagegen muss nicht aus der Vanille stammen.
Pasten und Extrakte enthalten kaum Vanille
Viele Pasten und Extrakte enthalten kaum etwas von dem beliebten Gewürz. Zu dieser Einschätzung kam die Stiftung Warentest, die 42 Produkte mit Vanille untersucht hat. Das Fazit: Nur 14 Produkte konnten überzeugen, das meiste Aroma bringen ganze Schoten mit.
„Erfreulich“ fanden die Tester, dass die Vanille in keinem der getesteten Produkte mit fremden synthetischen Substanzen verstärkt oder nachgeahmt wurde. Jedoch schwankte der Anteil von Vanille stark: Pasten und Extrakte würden zwar oft als Alternativen angepriesen. Die Produkte enthielten jedoch vor allem Zucker oder Agavendicksaft, „kaum Vanille“.
Für besondere Gerichte empfehlen die Tester die Verwendung von Vanilleschoten, auch wenn sie teurer seien als die Alternativen. Zu den drei Testsiegerinnen gehören zwei vom Discounter: Ein gutes Aroma gebe es bei Aldi Nord (1,74 Euro pro Schote), Lidl (1,73 Euro) und beim Bio-Hersteller Rapunzel (3,35 Euro).
Fürs Backen reiche hingegen Vanillezucker. Der Vanillegehalt von drei der zehn untersuchten Zucker sei sehr gut oder gut, am besten schnitten Bio-Produkte ab: Den höchsten Vanilleanteil gebe es im Vanillezucker von Alnatura (1,04 Euro pro zehn Gramm), von der Bio-Marke von dm (0,92 Euro) und von der Bio-Marke von Rewe (1,09 Euro). Pasten konnten die Tester hingegen gar keine empfehlen.
„Ersatzprodukte haben in unserer Backstube nichts zu suchen“
Wer auf Nummer Sicher gehen will, stellt den Vanillezucker selbst her: „Einfach Zucker in ein Einmachglas geben, Vanilleschoten hineinstecken und einige Tage ziehen lassen“, erklärt Bäckermeister Christian Förster. „Umso länger, desto besser. Wird ja nicht schlecht.“
Die frisch gebackenen Kipferl jedenfalls duften herrlich nach Vanille – und schmecken auch so. Kein Wunder: „Ersatzprodukte“, sagen die Försters, „haben in unserer Backstube nichts zu suchen.“
Vanillekipferl: Rezept von den Großeltern
In einem alten Ringbuch bewahrt der 34-jährige Bäckermeister Tristan Förster das Rezept seiner Großeltern für Vanillekipferl auf:
Zutaten: 30 Gramm Vanillezucker, 2 Gramm Salz, 100 Gramm Vollei (2 Eier), 560 Gramm Butter, 200 Gramm Puderzucker, 700 Gramm Mehl, 400 Gramm geriebene Mandeln (Alternativ: Walnüsse oder Haselnüsse).
„Wichtig ist eine gut temperierte Butter“, sagt Tristan Förster. Sie sollte nicht zu weich und nicht zu hart sein. Idealerweise lasse sich die Butter mit dem Finger leicht eindrücken.
Zubereitung: Den Vanillezucker und das Salz in den Eiern auflösen (nicht schaumig schlagen!) und anschließend mit der Butter und dem Puderzucker verkneten. Das Mehl und die geriebenen Mandeln dazugeben und den Teig mindestens eine Stunde in den Kühlschrank legen. „Dann lässt er sich besser verarbeiten“, sagt Förster.
Nach der Ruhezeit den Teig zu langen Rollen formen (ca. 3 cm Durchmesser) und in etwa 1 cm dicke Stücke teilen. Aus den Teigstücken Kipferl formen und auf ein mit Backpapier belegtes Backblech legen. Die Plätzchen sollten am Ende nicht zu spitz zulaufen, da die schmalen Enden schnell verbrennen.
Im Umluftofen bei ca. 180 Grad 7 bis 8 Minuten backen. Wenn die Kipferl beginnen zu bräunen, sind sie gut. Die Plätzchen aus dem Backofen nehmen, kurz abkühlen lassen und mit Puderzucker bestäuben.