Auf dem Weg in Richtung Zukunft: Die Ostafrikaner wollen im August über eine neue Verfassung abstimmen

Langsam treibt die Gruppe wieder auseinander, die Zeremonie scheint ihrem Ende entgegen zu gehen. Gebetet wurde, gesungen und getanzt. „Jambo, you're welcome!” Jemanden Willkommen zu heißen, dauert bei den Massai ein bisschen länger. Aber hier, inmitten der Natur mit ihren wilden Tieren, gehen die Uhren eben anders. Ja, man fühlt sich angekommen, „geerdet”. Fernab von Schnickschnack und weltlicher Hektik. Und dann klingelt auf einmal ein Handy.

Dass es hier, inmitten der kenianischen Steppe, überhaupt Empfang gibt, grenzt allein schon an ein Wunder. Dass es dann auch noch ein Massai ist, der verlegen in seiner volkstümlichen Tracht nach dem bimmelnden Störenfried sucht und sich – nicht ohne sein schamrotes Bedauern zum Ausdruck zu bringen – zum Telefonieren abwendet, setzt der Szenerie dann die (Stammes-) Krone auf.

Ausgerechnet! Kaum ein anderes Völkchen verteidigt die eigene Kultur so vehement, ja sogar bis zur Hose, deren Erfindung man zugunsten farbenfroher Tücher und Leinen einfach ignoriert. Um von Politikerhand erschaffene Staatsgrenzen auf dem afrikanischen Kontinent scheren sie sich ohnehin nicht. Die Herden treiben sie noch immer durch die Grenzregion Kenias mit Tansanias. Visum hin oder her, das Gras schmeckt eben hüben wie drüben. Ein Mobiltelefon gehört da eigentlich auch nicht zur Massai-Tradition. Aber es klingelt.

Auch dieser stolze Stamm kann sich den Vorzügen des Fortschritts wohl doch nicht so ganz verschließen. Und auf die nächste Welle versucht der ostafrikanische Vielvölkerstaat Kenia mit seinen über 50 Volksgruppen und ca. 60 Sprachen und Sprachvarianten aufzuspringen. Um aufzuholen, was die blutigen Auseinandersetzungen Anfang 2008 zerstört haben. Gerade auch für den Tourismus – ein wichtiger Wirtschaftszweig. Bürgerkriegsähnliche Zustände rund um die Wahlen drohten das Land zu zerreißen, chaotisch waren die Zustände. Kofi Annan vermittelte im allerletzten Moment. Heute ist von diesem Chaos nichts mehr zu spüren. Heute heißt Kenia lieber wieder willkommen, „you're welcome” an allen Ecken und Enden. Jambo, jambo!

Arm ist das Land. Irgendwie typisch für Afrika? Vielleicht. Aber selten sieht man so viele angenehm würdevolle Menschen auf den überfüllten Straßen von Mombasa oder Malindi. So einer ist auch Reuben, der Reiseleiter. Begeistert, sein Land zu zeigen. Wo asphaltierte Straßen bei weitem nicht die Regel sind. Wo es staubt, weil die Äquatorsonne brennt. Aber wo nur wenige mehr haben als einfachste, Wellblech-bedeckte Lehmhäuschen, die überall das Bild prägen. Auch wenn Reuben mit den Touristen eintaucht in Luxus-Hotels oder Safari-Lodges, ändert das nichts an seiner Freude darauf, immer wieder nach Hause zu kommen. Armut ist eben relativ. „Hier zählt die Familie”, berichtet Reuben.

Dass dies keine hohle Phrase ist, macht sich überall bemerkbar. Kinder, wohin das Auge blickt. „50 Prozent der kenianischen Bevölkerung ist unter 18 Jahren.” Natürlich sei es auch immer eine Art Lebensversicherung für die Eltern, für das (hohe) Alter. Und natürlich bringe das Bevölkerungswachstum auch Probleme mit sich. „Aber die Kinder sind die Zukunft des Landes.”

Diese Zukunft soll – gut 46 Jahre nach dem Ende der britischen Kolonialherrschaft – nun richtig angepackt werden. Natürlich baut das Land mit den Traumstränden am Indischen Ozean und den vielen Nationalparks dabei vor allem auch auf den Tourismus und da kann sich Kenia erneute Unruhen wie rund um den Jahreswechsel 2007/2008 nicht leisten. „Und wird es auch nicht”, verspricht Tourismus-Minister Najib Balala. Es ist eine große Hoffnung.

Kenia

Anreise:

Condor

01805/76 77 57

www.condor.com

fliegt ab Frankfurt, Air Berlin

01805/73 78 00

www.airberlin.com

fliegt ab November ab Düsseldorf nach Mombasa.

Einreise: Für Einreise und Visum ist ein noch sechs Monate gültiger Reisepass nötig.

Gesundheit: Impfungen gegen Hepatitis A und B und eine Malaria-Prophylaxe sind sinnvoll.

Sicherheit: Teure Gegenstände offen zur Schau zu tragen oder nachts durch unbeleuchtete Stadtviertel zu laufen, ist – wie überall – nicht empfehlenswert. Das Auswärtige Amt rät anlässlich des Referendums am

4. August zu erhöhter Wachsamkeit und Vorsicht. Den Anweisungen der Führer im Busch sind unbedingt Folge zu leisten.

Veranstalter: Jahn Reisen

02203/420

www.jahnreisen.de

bietet 2 Wochen im 3-Sterne-Hotel Severin Sea Lodge (DZ/HP) mit 3 Nächten „Wellness im Busch” im Severin Safari Camp ab 1811 Euro pP.

ITS bietet 2 1/2-Tage Safari „Kenia Compact” mit 2 Wochen Badeurlaub im Bahari Beach Club (DZ, Verpflegung lt. Ausschreibung) ab 1609 Euro p. P.

TUI bietet 13 Tage im 5-Sterne Leopard Beach Resort & Spa (DZ/HP) für 1702 Euro p.P.

Kontakt: Kenya Tourismus

02104/83 29 19

www.magical-kenya.de

Am 4. August, so ist es geplant, entscheiden die Kenianer über eine neue Verfassung, die den Weg frei machen soll, von einem zentralistischen Staat hin zu mehr Gewaltenteilung und Bürgerrechten und so in dem ostafrikanischen Staat für ununterbrochene Stabilität und Sicherheit sorgen soll. „Für unsere Bürger und damit auch für unsere Gäste aus aller Welt”, so Najib Balala. Jambo, you're welcome. Genau. Auch Reuben ist begeistert. „Ich bin fest davon überzeugt, dass die neue Verfassung mit großer Mehrheit angenommen wird. Das wird ein Meilenstein.”

Er strahlt. Genug der Politik, er taucht mit seiner Reisegruppe ein in „sein” Kenia. In den Indischen Ozean mit seinen weißen Sandstränden. In „sein” Kenia, wo Zebras und Elefanten die Straßen der Nationalparks kreuzen, Giraffen durch die Steppe ziehen und Affen – unsicher zwischen Neugier und Scheu zu entscheiden – um die Jeeps scharwenzeln. Ab und zu ein Büffel – nur einer macht sich rar: der König der Tiere, der Löwe.

Es hat geregnet in Kenia, die unendlichen Weiten präsentieren sich in einem satten, überwältigenden Grün. Hier ist die Welt noch in Ordnung. „Die Tiere finden jetzt überall Wasser”, erklärt Reuben. Genial der Plan in der Trockenzeit zu einem der wenigen Wasserlöcher zu fahren, das von der gesamten Artenvielfalt eher früher als später aufgesucht werden muss. Nur funktioniert er eben gerade nicht.

Also muss man ein bisschen suchen und für „ihre Majestät” auch ein bisschen mehr Geduld aufbringen, um eine Audienz zu bekommen. Aber mit ein wenig Glück sieht man dann die Königin – ein Kraftpaket, keine zehn Meter entfernt. Entspannt, desinteressiert. Gott sei Dank. Denn wirklich beruhigen kann auch Reubens gut gelaunter Vortrag über das Jagdverhalten von „Madame” da vorne im hohen Gras nicht. „Erst wenn man wegläuft, wird man zur Beute. Bleibt man stehen, wird die Löwin unsicher und verschwindet.” In neun von zehn Fällen sei das so. Alles also nur ein großer Bluff? Wer auch immer diese Statistik aufgestellt hat, sie birgt noch immer ein zu großes Restrisiko.

Ein Erlebnis ist es alle Mal. Auch wenn die Sonne untergeht in der kenianischen Steppe. Nichts als Natur und Stille. Der Kilimandscharo verdeckt den Horizont, wenn die Sonne abtaucht, ist man auch selbst „runtergekommen” – geerdet eben. Alles ist weit weg, nur ein kleines Lagerfeuer erhellt eine tiefschwarze afrikanische Nacht. Jambo, you're welcome. Nur hoffentlich klingelt jetzt kein Handy…