Weg vom Öl, hin zum Tourismus: Gigantische Pläne lockern auch die Sitten

Maged ist ein zufriedener Mann, er ist glücklich. Seit mehr als zehn Jahren lebt der gebürtige Ägypter, dessen Name soviel wie „das weiße Wüstentier” bedeutet, in Abu Dhabi und verkauft Wüstentiere. Auf dem traditionsreichen Kamelmarkt ist er einer der Geachtetsten. Und er denkt ständig ans Geschäft. Auch dem Touristen würde er ein Kamel verkaufen. Vielleicht nicht eines der hochgezüchteten Dromedare die Rennen bestreiten und soviel wie ein Sportwagen kosten, aber, Maged streicht über seinen Bart, schlürft aus einer Schale heißen, zuckersüßen Tee, grinst verschmitzt und meint für umgerechnet 600 Euro könne man schon ein Tier bekommen. Eben nicht fürs Rennen, aber zum Verzehr.

Wüste(n) Sprüche:

Sprichwörter spielen im Alltag Arabiens eine zentrale Rolle: „Achte selbst auf dein Geld und überlasse es nicht sieben Angestellten”. Bedeutet: Es ist riskant, sich nicht um alles selbst zu kümmern. Oder: „Eilige Menschen essen ungebackenes Brot.” Meint: Voreilige Entscheidungen führen zu unausgegorenen Ergebnissen.

Der Kamelmarkt ist eine gepflegte Tradition in Abu Dhabi, einem Land von Übermorgen, das vor knapp 60 Jahren noch im Gestern lebte und nun im Heute angekommen ist. Die Geschichte reicht bis 5000 vor Christi zurück. Die neuere Geschichte beginnt aber erst 1961 als die erste Straße gebaut wurde. Mit Beginn der Erdölförderung konnte sich die Wirtschaft des Emirates entwickeln. Als „Vater der Nation” gilt Scheich Zayid bin Sultan Al Nahyan (1966-2004), der Architekt des neuen Abu Dhabi; und auch der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) die im Dezember 1971 geründet wurden und deren Präsident er wurde. Zu dem Staatsgebilde gehören Abu Dhabi, Dubai, Sharjah, Ajman, Umm Al Quwain, Ras Al Khaimah und Fujairah.

Abu Dhabi erstreckt sich über 67 340 Quadratkilometer. Dies entspricht rund 89 Prozent der Gesamtfläche der VAE. Nur 30 Prozent des Emirates sind bewohnt, riesige Trocken- und Wüstenregionen dehnen sich über rund 93 Prozent des Landes aus. Dennoch präsentiert sich das Emirat, in dem mittlerweile Menschen aus über 100 Ländern leben und arbeiten, dem Besucher auch als „grünes” Land. Überall gibt es Parks, Grünflächen und zirka 40 Millionen Palmdattelbäume. Allein 16 Millionen säumen die modern ausgebauten Straßen, die nachts hellbeleuchteten Autobahnen, auf denen man manchmal völlig alleine fährt.

Parkprobleme gibt es selbst in der Hauptstadt nicht. Aber auch hier hält die „Moderne” Einzug: die ersten Parkuhren wurden jetzt aufgestellt.

Ansonsten ist die Entwicklung eines der ölreichsten Staaten der Welt atemberaubend. Mit einem Milliardenaufwand will der jetzige Herrscher, Scheich Chalifa bin Zayid Al Nahyan, das Land von der endlichen Ölindustrie unabhängiger machen und zu einem gefragten Tourismus- Kultur- und Wirtschaftsplatz ausbauen: ganze Städte werden ge- und Inseln bebaut.

Auf der Insel Yas, wo gerade die neue Formel 1-Rennstrecke eröffnet wurde, entstehen Luxushotels, ein großer Yachthafen und die Ferrari World als überdachter Themenpark mit der schnellsten Achterbahn der Welt. Rund 40 000 Arbeiter, Hunderte von Bussen und tausende LKW sind unterwegs. Eine logistische Meisterleistung.

Auf Saadiyat Island setzt man im atemraubenden Maßstab auf Kultur. Bis 2018 sollen 27 Milliarden US-Dollar für die Zielgruppe, Einwohner mit hohem Einkommen und Touristen, verbaut werden. Der Clou: Ein Kultur-Viertel mit den renommiertesten Kunstmuseen der Welt: mit dem ersten Louvre außerhalb Frankreichs und weltweit größten Guggenheim Museum. Nebenbei erweitern 29 Fünf-Sterne-Hotels die Hotellerie Abu Dhabis um insgesamt 7000 Hotelzimmer.

Abu Dhabi

Anreise: Mit Etihad

0180/500 54 00

www.etihadairways.com

oder Lufthansa

01805/80 58 05

www.lufthansa.com

ab Frankfurt nach Abu Dhabi.

Reisezeit: November bis April.

Veranstalter mit Tui

01805/88 42 66

www.tui.com

eine Woche im Zeitraum März/April im Vier-Sterne-Hotel inklusive Flug ab Düsseldorf ab 1137 Euro.

Vergleichbares Angebot mit Meier's Weltreisen

01805/33 74 00

www.meiers-weltreisen.de

ab 1374 Euro.

Kontakt: Abu Dhabi Tourism,

069/29 92 53 90

www.visitabudhabi.ae/de

Luxushotels säumen schon heute die Straßen und Strände. In einem der reichsten und sichersten Länder der Welt locken ganzjähriger Sonnenschein, tolle Sandstrände und – für Liebhaber der Wüste – riesige Sanddünen. Direkt am Strand und dennoch in der City liegt beispielsweise das 2005 eröffnete staatliche Luxushotel Emirates Palace – gemanagt von Kempinski. Über eine Länge von 1,5 Kilometer erstrecken sich die Flügel des Baus, das mit der Ausstattung an ein Märchen aus 1001-Nacht erinnert. 630 Euro zahlt man für ein 55 Quadratmeter großes Zimmer, bis zu rund 10 000 Euro für die 680 Quadratmeter Grand Palace Suite. Nahezu alle Luxus-Hotelketten sind mit Fünf-Sterne-Häusern vertreten. Auch das Shangri-La, das neben dem bestehenden Luxushotel ein Vier-Sterne-Haus baute. Alles mit Blick auf die 107 Meter hohen Minarette einer der größten Moscheen der Welt. Mehr als 40 000 Gläubige können gleichzeitig in der Scheich-Zayid-Moschee beten. Auf dem größten handgefertigten Teppich und unter dem größten Kronleuchter der Welt. Die Touristinnen dürfen die fünf Fußballplatz große Moschee besichtigen, an der Garderobe wird ein Gewand mit langen Ärmeln und Kopftuch gereicht, um keine religiösen Gefühle zu verletzen. Fotografieren ist gestattet.

Überhaupt geht es relativ offen zu im arabischen Abu Dhabi. Am Strand sieht man Frauen im Bikini, im Stadtbild Ausländerinnen mit kurzärmeligen Kleidern und die einheimischen Frauen, die gerne unter dem langen Gewand Designer-Jeans tragen, dürfen – im Gegensatz zu einigen islamischen Nachbarländern – Auto fahren.

Auch in Sachen Umweltschutz geht das Emirat ganz neue Wege. Für mehr als 16 Milliarden entsteht die autofreie Öko-Stadt Masdar. „Die Umweltindustrie”, so ein Planer, „wird das künftige Standbein unserer Wirtschaft.”

Maged, der traditionelle Kamelhändler, geht ebenso mit dem Fortschritt. Für den Heimweg nutzt der Kaufmann kein Lastentier. Er lässt sich in einem deutschen Straßenkreuzer chauffieren.