Schlange am Check-in, Stau, verschlafen: Wann Passagiere Ansprüche haben und wann nicht
Da fliegt es davon – und man selbst sitzt auf seinem Koffer im Flughafen anstatt im Flugzeug. Es gibt viele Gründe, warum ein Passagier seinen Flug verpassen kann: verschlafen, Stau auf der Autobahn, S-Bahn verpasst, Zugverspätung. Nicht immer bleibt man allerdings auf seinem Schaden sitzen. Manchmal gibt es nicht nur einen Ersatzflug, sondern zusätzlich Schadensersatz.
Grundsätzlich, so Juristen, muss der Reisende bei seiner Anfahrt zum Flughafen „vorhersehbare und einzukalkulierende Risiken im Straßenverkehr” berücksichtigen. Beispiel: In einem Fall wurde ein Urlauber bei der Anfahrt zum Airport mit seinem Fahrzeug schuldlos in einen leichten Verkehrsunfall verwickelt. Doch das reichte aus, um die Maschine zu verpassen. Der Betroffene wollte vom Unfallgegner dafür Schadensersatz. Doch vor Gericht kam er damit nicht durch. Die Richter bemäkelten vor allem, der Betroffene sei „ohne jedes Zeitpolster losgefahren”. (AG Menden; Az.: 4 C 53/05).
Besser haben es Reisende, die ein pauschales Urlaubspaket mit Rail & Fly-Ticket der Deutschen Bahn gebucht haben. Hat der Zug auf der Fahrt zum Flughafen Verspätung und verpasst der Passagier deswegen seinen Flug, muss der Veranstalter für den Schaden haften. Frankfurter Richter erklären: Bietet der Reiseveranstalter für die Anreise zum Flughafen Rail & Fly-Tickets an, so gehört dieser Transfer zum Reisevertrag. Erreicht der Kunde wegen einer Zugverspätung nicht rechtzeitig den Check-in und bietet der Veranstalter ihm keinen „zeitnahen” Ersatzflug an, so liege ein „erheblicher Reisemangel” vor. Und dann, so das Gesetz, können betroffene Urlauber nicht nur eine Minderung des Reisepreises fordern, sondern auch die Reise sofort kündigen und Schadensersatz oder Entschädigung für „nutzlos aufgewendete Urlaubszeit” verlangen. Im konkreten Fall galt diese Regelung auch, obwohl die betroffenen Gäste sich ihre Zugverbindung selbst ausgesucht hatten (LG Frankfurt am Main, Az.: 2-24 S 109/09).
Auch wer den Flughafen schon erreicht hat, muss aufpassen. In der Wartelounge des Airports von Dubai schlief der Teilnehmer einer deutschen Reisegruppe ein – und verpasste den Weiterflug in den Jemen. Er musste auf eigene Kosten mit einer späteren Maschine nachkommen. Vor Gericht hatte er noch versucht, die Verantwortung auf die Reiseleiterin abzuwälzen. Die hätte ihn wecken müssen, habe ihre „Betreuungspflicht” nicht erfüllt. Der Mann verlor den Prozess. (AG München, Az.: 183 C 15864/07).
Immer wieder verpassen Passagiere ihren Flug, weil sie am Check-in zu lange warten müssen. Hier sind vor allem die Fluggesellschaften in der Pflicht. Grundsätzlich gilt: Ein Reisender, der frühzeitig am Abfertigungsschalter erscheint, „darf darauf vertrauen, rechtzeitig abgefertigt zu werden und mitfliegen zu können” (AG München, Az.: 113 C 2852/00). Und: Solange die Abfertigung am Check-in-Schalter noch nicht abgeschlossen ist, darf eine Fluggesellschaft „die Annahme auch des verspätet am Abfertigungsschalter erschienenen Fluggastes nicht verweigern”, so Juristen. Mit anderen Worten: Wer zu spät am Flughafen erscheint, der sollte nicht gleich schwarz sehen, sondern erst mal zum Check-in-Schalter eilen. (AG Bad Homburg, Az.: 2 C 2101/98-18).
Wichtig auch: Bei langen Warteschlangen muss die Airline dafür sorgen, dass Passagiere mit nahender Abflugzeit aus der Check-in-Schlange herausgerufen und schnellstmöglich abgefertigt werden (AG Erding, Az.: 4 C 309/06).
Umgekehrt müssen Fluggäste bei Umsteigeverbindungen oder Anschlussflügen die für jeden Airport gültige „minimum connecting time” berücksichtigen. Mit Blick auf die internationale Ankunft und die Zollformalitäten hält Luftrechtler Roland Schmid zum Beispiel eine nur 50-minütige Umsteigezeit für „sehr knapp bemessen”.