Köln. Eigentlich sollte der prachtvolle Hotelbau neben dem Kölner Dom nur saniert werden. Eine Geschichte der Verzögerungen.

Es steht in bester Lage direkt neben dem Weltkulturerbe. Tausende Touristen passieren es jeden Tag. Doch seit 2013 ist das Kölner Dom-Hotel geschlossen und gammelt vor sich hin. Moos setzt an der Fassade an, die Fenster sind milchig geworden. Zuletzt machte der einst prachtvolle Bau aus der Kaiserzeit in der Lokalpresse Schlagzeilen, weil der Leuchtschrift ein "l" abhanden gekommen war: "Dom-Hote".

Seit Jahren soll die ehemalige Luxusherberge umgebaut werden. Der Eröffnungstermin wurde mehrfach verschoben. Die Kölner fragen sich längst, ob dort überhaupt etwas passiert. Ein weiteres Endlos-Bauprojekt in der Stadt wie die Oper?

"Das Problem ist die Bausubstanz", sagt Bauingenieur und Projektmanager Turadj Zarinfar. "Wenn man das ganze Ausmaß früher gekannt hätte, hätten hier keine Gäste mehr absteigen dürfen." Zarinfar spricht von einer "lebensgefährlichen Situation". Schon lange erfülle das Dom-Hotel nicht mehr die Anforderungen an die Statik und den Brandschutz. Doch erst beim Freilegen seien die Probleme Schicht für Schicht ans Licht gekommen.

Im Zweiten Weltkrieg zerstört

Mittlerweile ist sein Planungsbüro sicher: Nur die denkmalgeschützte Fassade sowie eine Marmortreppe bleiben stehen. Der Rest muss abgerissen und wieder aufgebaut werden.

Im März hatte die Bayerische Versorgungskammer, der das Hotel gehört, die Zustimmung für den Abriss aller nicht denkmalgeschützten Bereiche gegeben. "Eine Entkernung ist zwar deutlich teurer, geht aber schneller und generiert mehr Fläche", sagt der Vorstandsvorsitzende Daniel Just. Zu den Kosten möchte sich die Versorgungskammer nicht äußern.

Das Problem liegt im schnellen Wiederaufbau des Gebäudes nach dem Zweiten Weltkrieg. Im März 1945 wurde das 1893 erstmals eröffnete Hotel bei einem Luftangriff fast vollständig zerstört. Um es wieder herzurichten, wurde jeder Baustoff genommen, der in der Nachkriegszeit aufzutreiben war. "So ist eine Art Stückwerk entstanden, das eine einheitliche statische und bauphysikalische Analyse unmöglich macht", sagt Ingenieur Zarinfar.

Rund 3000 Tonnen Schutt haben Bauarbeiter inzwischen fast unbemerkt von Spaziergängern und Touristen über einen Seitenausgang des Hotels hinausgeschafft, davon 890 Tonnen mit kontaminiertem Material.

Bürokratische Hürden sorgen für Verzögerung

Am mittlerweile freigelegten Mauerwerk im Inneren des Hotels ist noch deutlich zu sehen, wo genau die Bomben damals einschlugen und an welchen Stellen wiederaufgebaut wurde: Unterschiedlich dicke Dachbalken und Stahlträger bilden die Deckenkonstruktion. "Für die Träger hat man damals sogar den Stahl der zerstörten Brücken aus dem Rhein gefischt und sie eingebaut", sagt Zarinfar.

Neben der maroden Bausubstanz sorgten jedoch auch bürokratische Hürden für Verzögerungen - unter anderem bei der Neugestaltung des Daches. Denn dort soll die Haustechnik untergebracht werden. Doch kaum war dieser Plan gefasst, gab es Streit zwischen Denkmalschützern, der Stadt und Architekten: Über Jahrzehnte herrschte der Konsens, sämtliche Dächer am Roncalliplatz neben dem Dom flach zu lassen.

Im Februar 2014 hatte ein Düsseldorfer Architekturbüro den Wettbewerb gewonnen. Das Dom-Hotel soll nun um fünf bis sechs Meter aufgestockt werden und einen verglasten Dachaufbau erhalten. Baudezernent Franz-Josef Höing sprach damals von einer "vornehmen und zurückhaltenden Lösung." Eine geplante "Skybar" soll auch für Nicht-Hotelgäste offen sein.

Kritik aus der Politik

"Wir sind froh, wenn das Projekt nun sehr zügig Fahrt aufnimmt", sagt Höing heute. In den vergangenen Jahren musste sich die Stadt mehrfach Kritik aus der Politik gefallen lassen, bei der Sanierung zu wenig Druck auf die Bauherrin ausgeübt zu haben.

Die Bayerische Versorgungskammer, die zwischendurch noch das Planungsbüro wechselte und so selbst für Verzug sorgte, hält einen Eröffnungstermin vor 2020 mittlerweile für "sehr ambitioniert". Auf einen genauen Termin möchte man sich nicht festlegen.

Das ist schlecht für die Hotelgruppe Althoff, die sehnsüchtig darauf wartet, das Dom-Hotel, eines der ältesten Grandhotels Europas, endlich in ihr Portfolio aufzunehmen. Der Sprecher der Gruppe, Martin Stockburger, sieht es inzwischen gelassen: "Es ist eben nicht leicht, eine Immobilie in der Nähe eines Weltkulturerbes zu renovieren." (dpa)