Chamarel. Mit Mauritius verbinden die meisten Urlauber das süße Nichtstun. Doch auch wer sich sportlich betätigen will, kommt voll auf seine Kosten. Besonders geeignet ist dafür der mauritianische Winter. Doch was heißt hier Winter, wenn das Meer nie kälter als 25 Grad wird?

"Come on, come on", brüllt Didier. Auf allen Vieren geht es über den Rasen - nach vorne, nach hinten, zur Seite. Irgendwann geben die Arme nach, die Gruppe liegt erschlagen auf dem Boden. "Come on, come on", ruft Fitnesstrainer Didier wieder. Antreten zu Kniebeugen, dann Liegestützen, dann zu einem Rennen am Strand: "Nicht ganz bis zum Anschlag - nur so bis 70 Prozent", sagt Didier. Das Tempo, das er vorlegt, bringt die Gruppe aber doch bis zur endgültigen Erschöpfung. Der Muskelkater kommt bestimmt.

Ist das Urlaub? Das ist wohl Ansichtssache. "Ultimative Outdoor Gym" nennt sich das Ganze jedenfalls. Aber zumindest die Umgebung lässt einen dann doch an Urlaub denken: Palmen, endloser weißer Sandstrand, Sonne. Zugegeben: Mit Mauritius verbinden die meisten Urlauber entspanntes Nichtstun, vielleicht noch ein bisschen Planschen im Wasser. Aber die Insel im Indischen Ozean bietet auch für Sportler viele Möglichkeiten - allemal im mauritianischen Winter, sprich wenn in Deutschland Hochsommer ist. Die Temperaturen steigen dann zwar selten über 25 Grad, fallen aber auch kaum unter 20. Die Sonne scheint meist genau so kräftig.

Richtig hohe Berge

Die Kinder der Einheimischen bekommen zwar schon einmal Pudelmützen für den Weg zur Schule. Die sportbegeisterten Touristen setzen sich dagegen in kurzen Hosen aufs Mountainbike. Ja, auf Mauritius gibt es Berge. Und zwar richtig hohe. Auf einige führen auch Straßen oder Wege, die für Radfahrer oder Mountainbiker gut geeignet sind. Etwas verdutzt schauen die Kinder am Straßenrand, als die Gruppe von sechs Bikern an ihnen vorbeifährt. Allzu viele Fahrradfahrer sieht man auf Mauritius in der Tat nicht. Aber es gibt mehrere größere Radrennen, an denen auch Sportler aus der ganzen Welt teilnehmen.

Los geht die Tour für die Urlauber an diesem Tag im Chamarel-Gebirge. Die Hauptsehenswürdigkeit dort ist Seven Coloured Earth - die Reste eines Vulkanausbruchs, die heute in sieben verschiedenen Farbtönen schimmern. Hier wie auch beim benachbarten Chamarel-Wasserfall darf ein kurzer Stopp natürlich nicht fehlen.

Danach geht es erst einmal mit knapp 40 Sachen bergab. Eigentlich ganz gemütlich. Doch dann steht der erste Berg an. Immer langsamer wird der Tritt, immer niedriger der Gang, immer mehr Autos überholen. Irgendwann ist die Spitze des Hügels erreicht, und es geht endlich wieder bergab in Richtung Küste. An der Küstenstraße entlang - Achtung auf Mauritius herrscht Linksverkehr - führt der Weg zum Le-Morne-Strand am Fuß des gleichnamigen Berges, der zum Unesco-Welterbe zählt. Der Sonnenuntergang dort entschädigt für die Strapazen.

Berge vulkanischen Ursprungs


Die Berge auf Mauritius haben alle vulkanischen Ursprung. Mehr als 800 Meter ragt der höchste, der Piton de la Petite Rivière Noire, in den Himmel. Der Piton Canot wirkt dagegen mit seinen 526 Metern fast klein. Für einen vorzüglichen Ausblick auf den Südwesten der Insel ist er jedoch optimal geeignet. Rund eine Stunde dauert der Aufstieg durch Büsche, Sträucher und kleine Bäume. An einigen Stellen müssen die Bergsteiger auf allen Vieren klettern. Teilweise ist der steile Weg mit waghalsig montierten Seilen gesichert, bei deren Anblick die Sicherheitsverantwortlichen beim Alpenverein die Hände über dem Kopf zusammenschlagen würden.

Zwei Tage, drei Sportarten, der Muskelkater ist mittlerweile höllisch. Mayeta versucht die müden Glieder am folgenden Morgen wieder flott zu kriegen. Mit Yoga. Im Garten der Stille der Ecolodge "Lakaz Chamarel" hat sie Matten ausgebreitet. Wind streicht durch die Palmen und den Zuckerrohr, die ersten Sonnenstrahlen kriechen über die Spitze des Berges. Die Hände zur Sonne, zum Herz - die ersten Übungen sind entspannend. Beim Hund oder der Cobra fängt es dann doch kräftig an zu ziehen. "Seit zwei Jahren mache ich Yoga", erzählt Mayeta später. "Und 13 Kilo habe ich dabei abgenommen."

Wenn man dieses Ziel ernsthaft verfolgen würde, müsste man die zahlreichen Hotelresorts der Insel und vor allem deren Restaurants wohl besser meiden. An allen Ecken dieses Feinschmeckerparadieses locken süße, deftige oder alkoholische Verführungen, zum Beispiel in den Rumdestillerien. Während IT und Finanzwesen dem Zuckerrohranbau auf der Insel als wichtigste Wirtschaftszweige längst den Rang abgelaufen haben, ist Rum nach wie vor eines des beliebtesten Souvenirs für Touristen. Neben der klassischen Ausführung gibt es ihn in der Rhumerie Chamarel gleich in mehreren Geschmacksrichtungen - Mandarine, Kaffee oder Kokos sind aber nicht jedermanns Sache. Ein Blick in die riesigen Kessel, in denen der Zuckerrohrsaft zunächst fermentiert und schließlich destilliert wird, lohnt sich aber.

Mit Vollgas durch die Plantagen


Wer zu tief in die diversen Rumgläser geschaut hat, sollte besser nicht im Naturpark Domaine de L'Etoile auf die bereitstehenden Quads steigen. Nach einer Proberunde auf einem matschigen Acker geht es los: Mit Vollgas heizen die Gefährte zunächst durch die Zuckerrohrplantagen. Dann geht es in engen Serpentinen zu einem Aussichtspunkt. Motor aus. Der Blick schweift über grüne, weite Ebenen. Auf dem Rückweg stehen Hirsche und Rehe am Wegesrand.

Deutlich ruhiger geht es, ebenfalls im Domaine de L'Etoile, beim Bogenschießen zu. Nur die Ruhe im Arm fehlt - der Muskelkater lässt grüßen und ein halbwegs genaues Zielen fast nicht zu. Spaß macht es aber trotzdem, mit Pfeil und Bogen über das weitläufige und weitgehend naturbelassene Gelände zu streifen.

Jerome Colson ist ein drahtiger Mann. Kein Gramm Fett auf den Hüften, ein durchtrainierter Körper. Wer mit dem Hotelmanager des "One & Only Le Saint Geran" am frühen Morgen zum Joggen aufbricht, muss sich ranhalten. Colson ist schon unzählige Trailruns gelaufen - Extremrennen über Dutzende Kilometer, meist mit kräftigen Steigungen. "Mauritius ist ein Paradies für Trailrunner", sagt er. 10 bis 15 Stunden trainiert Colson pro Woche. Zum normalen Joggen fehlen dagegen auf Mauritius an vielen Stellen die geeigneten Wege. Doch es gibt sie: zum Beispiel der öffentliche Strand von Long Beach. Eine gute halbe Stunde geht es bei Meeresrauschen und den ersten Sonnenstrahlen des Tages mit Colson voran. Während die Touristen am Ende doch kräftig schwitzen, hat der Hotelmanager keine einzige Schweißperle vergossen.

Skifahren auf dem Wasser


Deutlich entspannter sollte es da doch sein, sich einfach auf zwei Ski zu stellen, an einer Leine festzuhalten und hinter einem Boot herzufahren. Ist es aber nicht, wie die ersten Stehversuche beim Wasserskifahren beweisen. Literweise landet Wasser im Gesicht. "Arme lang, immer durchgedrückt halten", schießen einem noch die Anweisungen des Trainers durch den Kopf, bevor dieser dann endgültig komplett unter Wasser ist. Beim nächsten Versuch geht es immerhin mal so rund 100 Meter weit. Der Aufprall ist dafür dieses Mal umso härter. Immerhin: Das Wasser ist selbst im mauritianischen Winter nie kälter als 25 Grad.

Auch interessant

Einen weiteren großen Vorteil hat der mauritianische Winter: Die Preise in den Hotels sind teils deutlich niedriger. Das "One & Only" zum Beispiel verlangt Hotelmanager Colson zufolge durchschnittlich gerade einmal halb so viel wie in seinem Sommer. Dann ist in Deutschland Winter und die eigentliche Fernreisesaison.

Wen nach den sportlichen Tagen auf Mauritius immer noch der Muskelkater plagt, für den hat ein Hotel einen besonderen Service parat. An allen Strandliegen liegen blaue Fähnchen parat. Einmal kurz winken - schon eilt der Butler herbei und bringt Essen oder Getränke. (dpa)