Essen. Für die meisten Urlauber fängt nach einer Kreuzfahrt wieder der Alltag zu Hause an. Nicht für Mario Salcedo. Denn der aus Kuba stammende Amerikaner ging mit 45 Jahren in Rente und lebt seitdem auf Kreuzfahrtschiffen. Seit 14 Jahren ist der heute 62-Jährige schon auf Reisen.
Mario Salcedo ist dort zu Hause, wo andere Urlaub machen. Seit der aus Kuba stammende Amerikaner in Rente ging – mit gerade einmal 45 Jahren – ist er nahezu pausenlos auf Kreuzfahrtschiffen unterwegs. Über 5000 Nächte hat Salcedo in 14 Jahren an Bord verbracht. Das Geld dafür verdient der Finanzberater übers Internet.
Ans Aufhören denkt der heute 62-Jährige nicht. Wir haben ihn auf einer Transatlantik-Reise der Oasis of the Seas getroffen.
Wie ist es dazu gekommen, dass Sie buchstäblich auf Kreuzfahrtschiffen leben?
Mario Salcedo: Ich hatte in meinem Job sehr viel auf den karibischen Inseln zu tun, sah dort immer auch die Kreuzfahrtschiffe und sagte zu mir: Wenn ich in Rente gehe, dann fahre ich auf einem Kreuzfahrtschiff in die Karibik. Ich ging sehr, sehr früh in Rente, im Alter von 45 Jahren und machte ungefähr 150 Kreuzfahrten mit allen Reedereien, die man sich vorstellen kann. Nachdem ich das drei Jahre lang ohne Unterbrechung gemacht hatte, kam im Januar 2000 die Voyager of the Seas als brandneues Schiff nach Miami. Als ich sie sah, sagte ich "wow, ich muss auf dieses Schiff". Ich verliebte mich vollkommen. Von diesem Tag an bin ich komplett zu Royal Caribbean gewechselt und seitdem 14 Jahre lang jede einzelne Woche auf Kreuzfahrt mit Royal Caribbean gewesen.
Ganz genau gerechnet waren Sie in den 14 Jahren bis heute 13,77 Jahre an Bord.
Salcedo: Ja, und das fehlende Drittel Jahr sind die Tage, die ich von einem Schiff zum anderen fliegen musste. Ich bleibe auf einem Schiff für vielleicht drei bis fünf Monate. Ich habe mein Sommer-Schiff und mein Winter-Schiff. Dazwischen vielleicht die Oasis, die Legend, die Brilliance of the Seas für besondere Reisen wie jetzt hier die Transatlantik-Reise. Ich fahre durch den Panama-Kanal, nach Alaska, vielleicht mal nach Hawaii. Aber meine Hauptschiffe sind immer in Miami oder Fort Lauderdale.
Genießen Sie an Bord endlosen Urlaub, oder arbeiten Sie von hier aus auch?
Salcedo: Ich betreibe meine Geschäfte hier vom Schiff aus über meinen Laptop. Ich habe ein sehr kleines Geschäft. Ich bin Finanzberater und manage das Portfolio meiner Kunden. Das funktioniert sehr gut. Ich brauche kein Telefon, nur meine Internet-Verbindung. Meine Kunden sind Langzeit-Investoren. Für Day Trading habe ich auch gar keine Zeit. Ich bin ja hier, um das alles zu genießen.
Wie viel arbeiten Sie pro Tag?
Salcedo: Ich würde sagen, durchschnittlich eine Stunde pro Tag. Vielleicht mal drei Stunden an einem Tag und gar nichts an den folgenden zwei Tagen. Bei einer Transatlantik-Reise versuche ich, so wenig wie möglich zu arbeiten.
Transatlantik ist also eine Ihrer Lieblings-Reisen?
Salcedo: Ich liebe Atlantik-Überquerungen. Ich mache vier davon jedes Jahr, zwei nach Barcelona, zwei zurück nach Miami oder Fort Lauderdale. Außerdem mache ich viermal pro Jahr den Panama-Kanal.
Wie wohnen Sie an Bord?
Salcedo: Ich buche gewöhnlich eine normale Balkon-Kabine. Ich reise ja allein, bin nicht verheiratet, habe keine Frau. In den meisten Fällen bekomme ich ein Upgrade. Aber auch wenn nicht, bin ich mit meiner Balkon-Kabine glücklich. Ich brauche nicht viel Platz.
"Ich esse kleine Portionen, sonst müsste man mich irgendwann über Bord werfen"
Vermutlich sind Sie Royal Caribbeans bester Kunde.
Salcedo: Stellen Sie sich vor – ich war jetzt über 5000 Nächte auf Royal Caribbean-Schiffen. Eine Nacht kostet 100 bis 150 Dollar. Da können Sie in etwa ausrechnen, wie viel Geld ich hier schon gelassen habe.
Wie halten Sie es mit dem Essen? Für die meisten Passagiere ist das ja fast das Wichtigste an Bord.
Salcedo: Ich esse ganz anders als Kreuzfahrtneulinge. Die nehmen sich einen Teller und laden ihn voll. Das mache ich nicht. Ich esse sehr kleine Portionen, sehr gesunde Sachen. Ich lebe auf einem Kreuzfahrtschiff. Ich kann natürlich nicht wie ein Urlauber essen, sonst müssten sie mich irgendwann über Bord werfen, weil ich nicht mehr in die Aufzüge passen würde. Auch mein Alkohol-Konsum ist sehr, sehr niedrig. Die meisten Leute trinken an Bord sehr viel. Ich trinke ein Glas Wein und höchstens mal ein Glas Cognac. Eines gönne ich mir aber: gute Zigarren. Da rauche ich jeden Tag eine, das ist eine wahre Freude für mich hier an Bord.
Gibt es Erlebnisse an Bord, an die Sie sich besonders lange erinnern?
Salcedo: Oh ja, da gibt es so viele seltsame Situationen, witzige Momente. Komischerweise sind fast immer Frauen beteiligt, ich weiß auch nicht warum. Zum Beispiel: Eine Dame kommt zur Rezeption und beschwert sich, sie habe eine Balkon-Kabine, aber keinen Blick aufs Meer. Die Rezeptionistin: Was meine Sie damit – keinen Blick aufs Meer?
Antwort: Der Blick geht auf einen Parkplatz. Wir waren noch in Fort Lauderdale im Hafen und noch gar nicht auf See. Witzig. Ich habe leider aber auch schon viele Unfälle gesehen, Missgeschicke. Zum Beispiel war da eine Dame, die mit sehr hohen Highheels auf einer großen Treppe stolperte. Sie brach sich dabei ich weiß gar nicht wie viele Knochen. Ich habe viel gesehen. Das Einzige, was ich bis jetzt noch nicht erlebt habe, ist die Geburt eines Babys an Bord eines Kreuzfahrtschiffs.