Duisburg. Das Reiseunternehmen Schauinsland Reisen aus Duisburg ist laut einer Umfrage des Fachmagazins fvw einer der Top-Arbeitgeber in der Reisebranche. Beim Thema Betriebsklima und Work-Life-Balance steht der Veranstalter sogar auf Platz eins. Ein Interview mit Geschäftsführer Gerald Kassner.
Wer ist der Top-Arbeitgeber der Reisebranche? Eine Umfrage des Fachmagazins fvw unter 800 Nachwuchskräften lieferte jetzt überraschende Ergebnisse. Der mittelständische Reiseveranstalter Schauinsland Reisen aus Duisburg belegte im Gesamtranking den sechsten Platz. Bei den Fragen nach dem besten Betriebsklima und der besten Work-Life-Balance landete das Unternehmen gar auf Platz eins. Wir sprachen mit Geschäftsführer und Inhaber Gerald Kassner über den richtigen Umgang mit Mitarbeitern.
Glückwunsch zu dem tollen Ergebnis. Überrascht?
Gerald Kassner: Das Ergebnis freut mich riesig. Völlig überrascht bin ich aber nicht. Denn das Resultat spiegelt absolut unsere Gesamteinstellung als Unternehmen und Familie gegenüber unseren Mitarbeiter wider. Menschlichkeit und die Wertschätzung jeder Person ist bei uns eine Maxime, die über allem steht.
Ihr Unternehmen hat sich im vergangenen Jahrzehnt rasant entwickelt. Sie haben heute über 300 Mitarbeiter, mehr als 1 Million Urlauber verreisen pro Jahr mit Schauinsland. Offensichtlich wurde das Wachstum aber nicht auf Kosten ihrer Mitarbeiter erzielt.
Das Tempo bei uns ist sehr hoch, in Spitzenzeiten kommt es auch zu höheren Belastungen für jeden einzelnen Mitarbeiter. Unsere Branche ist eben wettbewerbsintensiv, zudem kommt es immer wieder zu unvorhergesehenen Ereignissen wie einer Aschewolke oder der Ägypten-Krise. Da müssen dann in wenigen Tagen zehntausende Kunden umgebucht werden. In solchen Situationen packen natürlich alle mit an, anders geht es auch nicht. Dennoch steht der Grundgedanke, dass in unserer Firma kein Mitarbeiter verbrannt werden darf, über allem.
Wie können Sie das konkret sicherstellen?
Kassner: Ich achte penibel darauf, dass Überstunden bezahlt oder, sofern gewünscht, abgefeiert werden. Zudem betreiben wir seit jeher die Politik der offenen Türen. Jeder Mitarbeiter kann mit seinen Anliegen zu mir kommen und wird auch gehört. Aber wir sorgen eben auch für vernünftige Rahmenbedingungen, damit sich die Mitarbeiter bei der Arbeit grundsätzlich wohl fühlen.
In welcher Form?
Kassner: Das fängt mit Kleinigkeiten an. Wenn Mitarbeiter mit zwei Bildschirmen besser arbeiten können, bekommen sie auch einen zweiten Monitor. Zudem gibt es bei uns aus Prinzip keine Großraumbüros. Die Mitarbeiter leiden daher nicht unter unnötigem Lärm und Stress und können ihren Arbeitsplatz so einrichten, wie sie es wünschen. Weiterhin sind alle Büros klimatisiert, es gibt für alle Mitarbeiter kostenlose Parkplätze und immerhin zehn Prozent der Mitarbeiter erhalten einen Dienstwagen. Zudem sind flexible Arbeitszeiten, sofern mit der Abteilung vereinbar, möglich.
Beim Geld hört die Großzügigkeit oft auf. Die Löhne in der Reisebranche gelten als extrem niedrig.
In der Bankenbranche verdient man bestimmt besser. Innerhalb der Reisebranche liegt unsere Bezahlung aber sicher über dem Durchschnitt. Wir zahlen 13 Gehälter plus Urlaubsgeld. Jedes Jahr im April gibt es automatisch eine Gehaltserhöhung, die über der Inflationsrate liegt. Zudem erhalten alle Mitarbeiter, bis hin zu den Reinigungskräften, jedes Jahr eine Erfolgsprämie von rund 3000 Euro. Da wir in diesem Jahr erstmals die Marke von einer Million Gästen geknackt haben, gibt es einen Betriebsausflug außer der Reihe. Für ein Wochenende fliegen wir mit sämtlichen Mitarbeitern in die Türkei. Die Ansagen aus dem Cockpit übernimmt dann meine Mutter.
Wie gehen Sie mit Mitarbeitern um, bei denen die Einstellung zum Job plötzlich nicht mehr stimmt?
Kassner: Diese Fälle, auch wenn sie insgesamt selten sind, gibt es natürlich. Wir versuchen in Einzelgesprächen daran zu erinnern, in welch hartem Wettbewerbsumfeld wir uns befinden und machen deutlich, dass wir nur bestehen können, wenn wirklich jeder Einzelne mitzieht.
Einen Betriebsrat gibt es bei Ihnen nicht. Was, wenn doch?
Kassner: Das würde bei mir Enttäuschung und wirklich großes Unverständnis auslösen.
An welchem Punkt sehen Sie für Ihr Unternehmen dennoch weiteres Optimierungspotenzial?
Kassner: Die Zeiten kurzfristiger Spitzenbelastung müssen wir noch besser im Blick behalten. Außerdem sollten wir mehr Zeit für die Einarbeitung neuer Mitarbeiter einplanen und aufbringen.