Schwerin. Im zweiten Teil unserer Serie über das Reiseland Mecklenburg-Vorpommern geht es um die Festspiele, die Auftritte von internationalen Künstlern im ganzen Land versprechen. Preiseträger in Residence ist in diesem Jahr Igor Levit. Der Pianist darf in dieser Rolle das Programm der Festspiele gestalten.
Igor Levit hat eine Gabe. Er verwandelt Noten in Emotionen, Töne in Geschichten, Musik in Glücksgefühle. Wenn er etwa Tschaikowskys Klavierkonzert Nr.1 zum Besten gibt, kämpft er nicht wie üblich mit donnernden Klavierakkorden gegen pathetische Streicher – er geht die Sache behutsam an, fast lyrisch. Ein Solist, dessen gefühlvolle Interpretationen sich tief im Gedächtnis verankern und an die man sich sehnsuchtsvoll erinnern wird, wenn ein Tastenkobold hypervirtuos, aber ohne Seele über die Klaviatur hetzt.
Dieser von vielen als „Jahrhundertpianist“ gepriesene 27-jährige Deutsch-Russe ist Preisträger in Residence der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern. Als solcher darf er eigene Akzente setzen und Programme gestalten, Musiker seiner Wahl einladen und so ein kleines bisschen Musikgeschichte schreiben – für jeden jungen Künstler eine große Ehre, aber auch eine immense Herausforderung.
Drittgrößtes Klassik-Festival Deutschlands
Immerhin geht es hier um das drittgrößte Klassik-Festival Deutschlands, das in seiner nunmehr 25. Saison musikversessenes Publikum in 127 erstklassig besetzte Konzerte an 86 Spielstätten lockt. Levit darf sich zwischen dem 20. Juni und 21. September nicht nur auf über 20 eigene Auftritte freuen, sondern auch auf außergewöhnliche Spielstätten: Auf das Märchenschloss Ulrichshusen inmitten der Seenplatte, wo auch das Festspiel-Herz schlägt: Seit 1994 Yehudi Menuhin die mächtige Scheune neben der Wasserburg mit einem Konzert weihte, geben sich die Stars die Klinke in die Hand.
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Schlösser und Schlossparks als bildschöne Open-Air-Kulissen. Kirchen und Klöster mit bestechender Akustik. Ställe und Scheunen in ländlicher Idylle. Seebrücken und Seenlandschaften mit maritimem Fluidum – für die Festspiele zieht Mecklenburg-Vorpommern alle Register seiner landestypischen Reize. Und mischt noch Exoten ins Potpourri: eine Bootswerft etwa, einen Bahnhof, ein Lokschuppen, eine Seemannskirche, eine Synagoge. Und ein Gestüt, dessen Reithalle gleich drei Mal zum hochheiligen Musik-Tempel wird: Für die Berliner Philharmoniker, für den gefeierten Pianisten Rudolf Buchbinder sowie für Geigen-Star Julia Fischer mit der Dresdner Philharmonie.
Ganz neue Perspektive der Musik
Die Festspiele werden am 20. Juni in der St.-Georgen-Kirche Wismar eröffnet, sieben Chöre aus Mecklenburg-Vorpommern singen eine eigens komponierten „Festspiel-Ouvertüre“. Zu hören und sehen sein werden Hochkaräter-Solisten wie Daniel Hope (Geige), Daniel Müller-Schott (Cello), Tabea Zimmermann (Bratsche), Sol Gabetta (Cello), Gábor Boldoczki (Trompete), Albrecht Mayer (Oboe) oder Vollblut-Klarinettist Matthias Schorn, der als Preisträger in Residence den Festspielen 2013 eine mehr als charmante österreichische Note verlieh.
Wichtig sind dem neuen Festspiel-Intendanten auch die Begegnung und das Gespräch zwischen Künstlern und Publikum, zwischen Musikern und Musikenthusiasten: „Erleben können Sie unsere Stars auf der ganzen Welt. Aber für den direkten Draht muss man zu uns nach Mecklenburg-Vorpommern kommen“, so Dr. Markus Fein.
Fokus auf Begegnung und Intensität
Dieser Fokus auf Begegnung und Intensität wird im umfangreichen Begleitprogramm deutlich. Bei 17 Konzerten in den neuen Reihen „360° Streichquartett“, „Pavillons der Jahrhunderte“ und „Landpartie Junge Elite“ können sich Besucher auf Hörexperimente einlassen sowie bei Führungen und Künstlergesprächen mehr über die Werke, die Musiker und die Umgebung erfahren, neue Perspektiven gewinnen.