Umeå. Umeå wirkt hübsch bürgerlich, aber unter der gepflegten Oberfläche gärt es. Das schwedische Umeå ist aus Tradition links und alternativ. Mit dem Motto der Co-Creation versucht die Kulturhauptstadt 2014, alle Bewohner ins Boot zu holen.

In den edlen weißen Räumen des Kunstmuseums von Umeå hängt eine Karte der nordschwedischen Stadt, auf der die Bewohner ihre Lieblingsplätze markieren können. Den besten Ort zum Nachdenken, den besten Ort zum Küssen. Ein Stockwerk tiefer gibt es einen Raum, in dem Kinder malen dürfen. Die Karte und das Kinderzimmer zeigen, wie Umeå sich als Kulturhauptstadt 2014 präsentieren wird: unelitär und offen für alle zum Mitmachen. "Co-Creation" haben die Planer als Motto des Programms ausgegeben, möglichst viele gesellschaftliche Gruppen sollen einbezogen werden. Eine andere Wahl hatten sie wohl auch nicht.

Die Universitätsstadt mit ihren 36 000 Studenten - insgesamt sind es 117.000 Einwohner - hat eine sehr linke Tradition. Berühmte Punk- und Metalbands kommen aus Umeå, die vegane Szene ist stark. "Hier wird gegen sämtliche Bauprojekte automatisch Einspruch eingelegt", sagt Michael Meuser, der seit 1987 am Gymnasium Deutsch unterrichtet und nebenbei Besucher durch seine neue Heimatstadt führt. Selbst gegen das schicke, neue Bildmuseet am Ufer des Flusses Umeälven habe es starke Proteste gegeben. "Die Leute sagten: "Wir haben doch ein Kunstmuseum, warum brauchen wir ein neues?"", erzählt Meuser.

Die Kritiker haben sich nicht durchgesetzt

Heute sind die Besucher Umeås und wahrscheinlich auch viele Bewohner froh, dass sich die Kritiker nicht durchgesetzt haben. Der minimalistische Holzklotz, entworfen vom Stararchitekt Henning Larsen, ist das Aushängeschild der Kulturhauptstadt 2014.

Der Weg entlang des Flusses führt zu einer Großbaustelle am Rathauspark. Hier wächst das nächste architektonische Schmuckstück, das dem Kunstcampus im kommenden Jahr Konkurrenz machen könnte. Das Kulturväven soll eine Begegnungsstätte für verschiedene Kunstformen werden.

Dass die größte Stadt Nordschwedens sich gegen Lund als Kulturhauptstadt durchsetzte, hat sie auch der samischen Kultur zu verdanken. Das Programm für 2014 basiert auf den acht Jahreszeiten des samischen Kalenders. Im Sommer beispielsweise wird ein Zirkus im Spiegelzelt aufgeführt.

Stadt investiert in Kultur

Umeå ist eine wachsende Stadt. Seit die Universität in den 1960er Jahren gegründet wurde, hat sich die Bevölkerung verdoppelt. Bis 2050 sollen hier 200 000 Menschen leben. Doch das Wachstum hinkt dem Plan hinterher. Deshalb wirbt Umeå in Stockholm mit Plakaten. Und deshalb investiert die Stadt in Kultur, um attraktiv zu sein.

Jedes Jahr werden ein Jazzfestival, das MADE (Music, Art, Dance Etcetera) Festival und der Umeå Open Grand Slam gefeiert, eine Kooperation von drei Musikfestivals. 2014 kommen noch einige Höhepunkte hinzu. Die Norrlandsoperan, Europas nördlichste Oper, wird zu jeder der acht Sami-Jahreszeiten ein Konzert geben und zusammen mit der katalanischen Künstlergruppe La Fura dels Baus eine Freiluft-Version von Richard Strauss' "Elektra" inszenieren. Und der Werber Victor Hillebjörk will mit seinem Projekt "U x U" die gesamte Kulturszene Umeås zusammenbringen. Das Festival soll sich komplett über Crowdfunding finanzieren. Der Gedanke: Je mehr Leute mitzahlen, desto mehr Bands kommen. Ein schöneres Beispiel für Co-Creation könnte es kaum geben. (dpa)